Lesbische und schwule Pflegeeltern im Bundesländervergleich. Eine Recherche.

Derzeit läuft eine rege Diskussion über  die so genannte Fremdkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare. Die Stiefkindadoption ist ja seit einem Jahr aufgrund einer Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erlaubt, die medizinisch unterstützte Fortpflanzung für lesbische Paare demnächst aufgrund eines Urteils des VfGHs. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter will homosexuellen Paaren die Adoption erlauben und verzweifelt versucht die ÖVP die Debatte abzuwürgen.

Was es in Österreich – vor allem in Wien – schon länger gibt, sind gleichgeschlechtliche Paare, die ein Pflegekind betreuen. Gesellschaftspolitisch gesehen eine sehr wertvolle Aufgabe, da Pflegekinder ja aus guten Gründen Pflegeeltern brauchen. Dahinter verbergen sich zumeist traurige Schicksale.

Wie sieht das in Österreich nun mit Pflegeeltern aus? Grundsätzlich sei festgehalten, dass es in den meisten Bundesländern ein dringenden Bedarf an Pflegeeltern gibt. Es gibt mehr Kinder, die Eltern brauchen, als Eltern, die ein Pflegekind aufnehmen wollen. Da der Bereich Kinderpflege (auch) Landesrecht ist, hier ein Vergleich:

Wien

Wien war das erste Bundesland, das gleichgeschlechtlichen Paare als Pflegeeltern akzeptiert. Die Vorreiterrolle war damals höchst umstritten. ÖVP und FPÖ wetterten dagegen. Die Erfahrungen sind aber gut. Viele Paare leben übrigens mittlerweile in anderen Bundesländern, manche – vor allem niederösterreichische Paare in Wien-Umgebung haben Wiener Pflegekinder.

Salzburg

In Salzburg sind derzeit zwischen drei und fünf Paare in Ausbildung. Vermutlich werden sie Pflegekinder erhalten. Es ist somit möglich für gleichgeschlechtliche Paare um ein Pflegekind anzusuchen. Gerade in Salzburg herrscht derzeit ein großer Mangel an Pflegeeltern.

Tirol

In Tirol ist es für lesbische und schwule Paare möglich eine Ausbildung zu machen und ein Pflegekind zu betreuen. Derzeit hat dies nur ein Frauenpaar getan, zusätzliche Erhebungen sind geplant.

Oberösterreich

In Oberösterreich betreuen derzeit acht weibliche Paare und ein männliches Paar ein Pflegekind. Es ist also möglich.

Steiermark

In der Steiermark wird in der Statistik gar nicht berücksichtigt ob ein Paar verschieden- oder gleichgeschlechtlich ist, daher gibt es auch keine Zahlen. Unseren Informationen zufolge ist es grundsätzlich möglich.

Burgenland

Im Burgenland sind gleichgeschlechtliche Paare als Pflegeeltern erlaubt, ein Männer-Paar befindet sich derzeit in Ausbildung.

Kärnten

In Kärnten ist es zumindest theoretisch möglich, es gibt aber zur Zeit noch keine homosexuellen Paare, die diese Verantwortung übernehmen wollen.

Vorarlberg

Ein Männer-Paar befindet sich derzeit in Ausbildung. Es ist also möglich.

Niederösterreich

In Niederösterreich ist es – als letztes Bundesland Österreichs – nicht möglich als gleichgeschlechtliches Paar ein Pflegekind aufzunehmen und zu betreuen, aber es gibt Paare mit Pflegekindern, die aus Wien nach Niederösterreich gezogen sind, bzw. die von Beginn an Wiener Pflegekinder beantragten.
Mit Dank an Mariella Müller, Referentin für LGBT-Politik im Grünen Klub im Parlament.

I.D.A.H.O.: Lesben-, Schwulen- und Transgenderrechte in der Welt.

Heute, am 17. Mai, ist I.D.A.H.O. – der Internationale Tag gegen Homophobie und Transphobie. Die ILGA (International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association) aktualisierte die globalen Rechte. Detaillierte Informationen sowie Weltkarten zum Download gibt es hier.
Hier eine Zusammenfassung einiger interessanter Listen (Quelle: ILGA).
1. Homosexualität ist illegal in 76 Staaten:
Afrika: Algerien, Angola, Botswana, Burundi, Kamerun, Komoren, Ägypten, Eritrea, Äthiopien, Gambia, Ghana, Guinea, Kenia, Lesotho, Liberia, Libyien, Malawi, Mauretaniwn (Todesstrafe), Mauritius, Marokko, Mozambique, Namibia, Nigeria (Todesstrafe in einigen Staaten), São Tomé & Principe, Senegal, Seychellen, Sierra Leone, Somalia, Sudan (Todesstrafe), Swaziland, Tansania, Togo, Tunisia, Uganda, Zambia, Zimbabwe.

Asien: Afghanistan, Bangladesch, Bhutan, Brunei, Burma, Iran (Todesstrafe), Kuwait, Libanon, Malaysien, Malediven, Oman, Pakistan, Katar, Saudi Arabien (Todesstrafe), Singapur, Sri Lanka, Syrien, Turkmenistan, Vereinigte Arabische Emirate, Usbekistan, Jemen (Todesstrafe) und Gaza-Streifen unter palästinensischer Autonomiebehörde

Europa: Türkische Republik Nord-Zypern (nicht anerkannt)

Lateinamerika: Antigua & Barbuda, Barbados, Belize, Dominica, Grenada, Guyana, Jamaika, St. Kitts & Nevis, St. Lucia, St. Vincent & the Grenadines, Trinidad und Tobago

Ozeanien: Kiribati, Nauru, Palau, Papua Neu Guinea, Samoa, Solomon Inseln, Tonga, Tuvalu, Cook Inseln (unabhängig, in freier Assoziierung mit Neuseeland)

2. Homosexualität wird mit der Todesstrafe bedroht:

Afrika: Mauretaniien, Sudan sowie 12 nördliche Bundesstaaten in Nigeria sowie südliche Provinzen in Somalia

Asien: Iran, Saudi Arabien, Jemen

3. Homosexualität ist legal in (seit wann in Klammern, falls bekannt):

Afrika: Benin, Burkina Faso, Kap Verde (2004), Zentralafrikanische Republik, Tschad, Kongo- Brazzaville, Elfenbeinküste, Democratische Republik Kongo, Äquatorial Guinea (1931), Gabun, Guinea-Bissau (1993), Madagaskar, Mali, Niger, Ruanda, Süd Afrika (1998)

Asien: Kambodscha, China (1997), Ost Timor (1975), Indien (2009), Indonesien, Israel (1988), Japan (1882), Jordanien (1951), Kazachstan (1998), Kirgistan (1998), Laos, Mongolei (1987), Nepal (2007), Nord Korea, Philippinen, Süd Korea, Taiwan (1896), Tadschikistan (1998), Thailand (1957), Türkei (1858), Vietnam, West Bank (1951) unter palästinensischer Autorität

Europa: Albanien (1995), Andorra, Armenien (2003), Österreich (1971), Aserbaidschan (2000), Belgien (1795), Bosnien und Herzegovina (1998), Bulgarien (1968), Kroatien (1977), Zypern (1998), Tschchische Republik (1962), Dänemark (1933), Estland (1992), Finnland (1971), Frankreich (1791), Georgien (2000), Deutschland (1968-69), Griechenland (1951), Ungarn (1962), Island (1940), Irland (1993), Italien (1890), Kosovo (1994), Lettland (1992), Liechtenstein (1989), Litauen (1993), Luxemburg (1795), Mazedonien (1996), Malta (1973), Moldau (1995), Monaco (1793), Montenegro (1977), Niederlande (1811), Norwegen (1972), Polen (1932), Portugal (1983), Rumänien (1996), Russland (1993), San Marino (1865), Serbien (1994), Slowakei (1962), Slowenien (1977), Spanien (1979), Schweden (1944), Schweiz (1942), Ukraine (1991), Großbritannien, Vatikanstadt

Lateinamerika: Argentinien (1887), Bahamas (1991), Bolivien, Brasilien (1831), Costa Rica (1971), Chile (1999), Kolumbien (1981), Kuba (1979), Dominikanische Republik, Ecuador (1997), El Salvador, Guatemala, Haiti, Honduras (1899), Mexiko (1872), Nicaragua (2008), Panama (2008), Paraguay (1880), Peru (1836-37), Surinam (1869), Uruguay (1934), Venezuela sowie die niederländischen Überseegebiete Aruba und Niederländische Antillen

Nordamerika: Kanada (1969) and USA (2003 – unterschiedliche Regelungen in Bundesstaaten)

Ozeanien: Australien, Fiji (2010), Marshall Inseln (2005), Mikronesien, Neuseeland (1986), Vanuatu sowie die zu Neuseeland assoziierten Inseln Niue (2007) und Tokelau (2007).

4. Staaten mit unklarem Status

Afrika: Dschibuti

Asien: Bahrain, Irak

5. Staaten mit Ehe für homosexuelle Paare:

Afrika: Südafrika

Europa: Belgien (2003), Niederlande (2001), Norwegen (2009), Spanien (2005), Schweden (2009)

Lateinamerika: Federal District in Mexiko (2010)

Nordamerika: Kanada sowie einige Bundesstaaten in den USA

6. Staaten mit Rechtsinstituten für gleichgeschlechtliche Paare, nahezu mit gleichen Rechten mit der Ehe (aber nicht allen):

Asien: Israel (1994)

Europa: Österreich (2010), Dänemark (1989), Finnland (2002), Deutschland (2001), Ungarn (2009), Island (1996), Schweiz (2007), Großbritannien (2005)

Lateinamerika: Kolumbien (2007-2009)

Nordamerika: Einige Bundesstaaten der USA

Ozeanien: Neuseeland (2005), einige Staaten in Australien

7. Staaten mit eingeschränkten Rechte für homosexuelle Paare:

Europa: Andorra (2005), Kroatien (2003), Tschechische Republik (2006), Frankreich (1999), Luxemburg (2004), Portugal (2001), Slowenien (2006)

Lateinamerika: Ecuador (2009), Uruguay (2008), Regionen Buenos Aires (2003), Rio Negro (2003) und Villa Carlos Paz (2007) in Argentinien, Region Rio Grande do Sul (2004) in Brasilien sowie der Mexikanische Bundesstaat Coahuila (2007)

Nordamerika: Einige wenige Bundesstaaten und Städte in den USA

Ozeanien: Austalien

8. Staaten mit Adoptionsrecht für Homosexuelle:

Afrika: Südafrika (2002)

Asien: Israel (2008)

Europa: Andorra (2005), Belgien (2006), Dänemark (2010), Island (2006), Niederlande (2001), Norway (2009), Spain (2005), Sweden (2003), United Kingdom (2005)
Lateinamerika: Einige Staaten in Brasilien und Federal District in Mexiko (2010)
Nordamerika: Fast alle Bundesstaaten in Kanada, einige Staaten in den USA
Ozeanien: Capital Territory (2004) und Western Australia (2002) in Australien

Mehr Listen, Aufzeichnungen, Details (unter anderem über die Verfolgung von Hate Crimes, Antidiskriminierungsgesetze, usw. gibt es im ILGA-Bericht State-Sponsored Homophobia, hier als PDF) (Fotominiatur: ILGA) 

Die SPÖ, die SoHo und das Adoptionsrecht.

Peinlich, peinlich…. Die traditionell vor Wahlen initiierte Website wahlkabine.at fragt UserInnen viele Fragen und am Ende kommt dann eine Partei raus, der man – zumindest den gestellten Fragen betreffend – am nächsten steht. Ich habe das auch soeben ausprobiert und war einigermaßen erleichtert, dass ich tatsächlich Die Grünen empfohlen bekam. Danach folgten das LiF und mit riesigem Abstand die SPÖ. Interessant mal so eine Selbsteinschätzung zu sehen, obwohl ich davon ausgehe, dass viele relevante Fragen nicht gestellt werden.
Die 25. Frage lautet, ob man/frau für oder gegen das Adoptionsrecht von gleichgeschlechtlichen Paaren ist. Das ist freilich eine spannende Frage, wenn es noch nicht einmal eine rechtliche Absicherung der Paare selbst gibt, aber immerhin: es ist eine sehr, sehr gute Frage. Die SoHo, ihres Zeichens sozialdemokratische Organisation von Schwulen und TransGenders (und angeblich auch Lesben), stellt auf ihrer Website klar: Wir sind eh für die Adoption und korrigiert gewissermaßen wahlkabine.at.

Nur: Die Leute von wahlkabine.at haben sowas von Recht! Justizministerin Maria Berger wurde etwa im Standard zitiert (hier im kostenpflichtigen Der Standard-Archiv nachzulesen): „Auch wenn sich Pröll erst noch in der ÖVP durchsetzen müsse, sei seineFestlegung auf eine vor dem Standesamt zu schließende Partnerschaft „immerhin schon ein Fortschritt“, sagte Berger gegenüber der APA. Ein Adoptionsrecht für solche Paare strebt auch sie nicht an.
Die SPÖ wird schon gewusst haben, warum sie den Leuten von wahlkabine.at mitgeteilt hat gegen die Adoption zu sein. Auch im ursprünglichen Entwurf der „Eingetragenen Partnerschaft“ (der Entwurf, der auch von der SoHo erarbeitet worden war, damit im letzten Wahlkampf warb und von der bei Maria Bergers Entwurf kaum noch was übrig blieb) war die Fremdkindadoption nicht dabei!
Am 28. September kann niemand die SoHo wählen, sondern nur die SPÖ. Soweit mir bekannt, hat die SoHo auch keine KandidatInnen an wählbarer Stelle. wahlkabine.at hat also leider Recht…