Ein Plädoyer für Helmut Graupner – Oder: Wie NGOs angepatzt werden sollen.

Es ist schon längst an der Zeit, dass ich mich hier vor einem Mann verneige. Zusätzlich ist es leider auch nötig, dass ich hier die Arbeit eines Mannes verteidigen muss. Es geht um den Präsidenten einer lesbisch-schwulen-transgender NGO, dem Rechtskomitee Lambda (RKL), Helmut Graupner. Aus mir völlig unbegreiflichen Gründen wird seine Arbeit in den letzten Wochen heftig attackiert. Und das vollkommen zu Unrecht.
Wie alles begann
Es war noch die Zeit der damals nicht ganz stillgestandenen Großen Koalition, als das (rote) Justizministerium und das (schwarze) Familienministerium zu einer Arbeitsgruppe einluden um ein Lebenspartnerschaftsgesetz für gleichgeschlechtliche Paare zu entwickeln. Ich war auch in dieser Arbeitsgruppe. Mitten im Prozess legte Justizministerin Maria Berger einen Entwurf vor, den die NGOs sowie parteinahe Gruppierungen (wir von den Grünen Andersrum, die SoHo oder der VP-Familienbund) zu begutachten hatten. Von einer in der Arbeitsgruppe entwickeltem Gesetz konnte nicht mehr die Rede sein.
Bergers Entwurf und die Folgen
Das viel diskutierte PartnerInnenschaftsgesetz (aka „Berger-Entwurf“) wurde von allen – fast allen! – NGOs aus der lesbisch-schwulen Bewegung und von den Grünen Andersrum abgelehnt, darunter HUG (Homosexualität und Glaube), HOSI Tirol, HOMED (Homosexuelle Mediziner), HOSI Salzburg, Beratungsstelle Courage, HOSI Linz, Rosa Lila PantherInnen Graz und der agpro (Austrian Gay Professionals).
Die Gründe dieser Ablehnung: Das Gesetz beinhaltete ausschließlich Rechtsbereiche aus dem Justizressort und damit ausschließlich Pflichten. Alle notwendigen Rechte in den anderen Ressorts (wie Steuer-, Fremden-, Krankenversicherungs-, Arbeitsrecht u.v.m.) wurde völlig ausgelassen. Die NGOs gingen daher am 13.6.2008 vor die Presse und begründeten ihre Kritik in der Pressekonferenz „Das schlechteste Partnerschaftsgesetz der Welt?“ (mehr Info hier).
Die zwei Verfechter
Es gab nur zwei Organisationen, die den Berger-Entwurf als großartigen Fortschritt feierten: Die sozialdemokratische SoHo und die – mittlerweile ja offensichtlich – sozialdemokratisch dominierte HOSI Wien, dessen Obmann Christian Högl gleichzeitig Obmann einer NGO und Nationalrats-Kandidat der SPÖ ist.
Frontalangriff auf Graupner
Der mittlerweile zurückgetretene frühere SoHo-Chef Günter Tolar meldete sich daraufhin wieder zurück und warf in seinem Blog und in der Tageszeitung Die Presse unter dem Titel „Ein Kleinverein macht Wind“ Stimmung gegen Helmut Graupner und dem RKL:

 

„EIN KLEINVEREIN MACHT WIND, ich meine hier das RKL (Rechtskomitee Lambda), das offensichtlich nur noch aus seinem rührigen (rührenden?) Vorsitzenden Graupner besteht, der es nicht lassen kann, auf dem Rücken seines Kleinvereines seinen Frust in Form von lieblichen Amokläufen (vor allem gegen die SPÖ) abzulassen. Er wurde bei der Entstehung des „Lebenspartnerschaftsgesetzes“ nicht eingebunden – das ist für ihn als den selbst ernannten Papst natürlich ungut, hat er doch dadurch erfahren, welchen Stellenwert man ihm wirklich gibt und welchen Stellenwert er und sein Kleinverein auch tatsächlich haben. HGs Äußerungen schaden zwar dem Gesetzwerdungsprozess nicht wirklich. Ärgerlich und lästig (etwa vergleichbar mit einer immer wiederkehrenden Gelse) ist es trotzdem, dass justament von uns Homosexuellen selber – wenn auch aus einer so gut wie bedeutungslosen Ecke – so kontraproduktive Töne kommen. Alle zuständigen Stellen sind aber längst über die wahre Bedeutungslosigkeit dieses Kleinvereins informiert.“

 
Der letzte Satz hat es in sich! Günter Tolar sagt tatsächlich, dass er die zuständigen Stellen – und damit meint er wohl sozialdemokratisch geführte Ministerien und PolitikerInnen – informiert hätte, eine NGO und Helmut Graupner komme als Kooperationspartner nicht mehr in Frage, weil diese NGO doch tatsächlich die Frechheit besitzt „unsere“ SPÖ zu kritisieren. Mit anderen Worten: Nur wer brav die SPÖ nicht kritisiert wird belohnt. Und da kommt die HOSI Wien ins Spiel.
Die HOSI Wien – eine von mir wirklich geschätzte Organisation mit langer Tradition – hat sich auf die SP-Seite geschlagen – seinen Status als NGO in Frage gestellt – und verteidigt den Berger-Entwurf ebenfalls. In Kolumnen des Obmanns wird verteidigt und gejubelt, da der Berger-Entwurf ja immerhin ein ganz großartiger Fortschritt sei. In der aktuellen Ausgabe der HOSI Wien-Zeitung Lambda Nachrichten aber der neue Höhepunkt. Auch hier wird in einem Artikel des sonst so unbestechlichen Kurt Krickler Helmut Graupner als „Szene-Anwalt und Präsident eines Kleinstvereins“ bezeichnet und im weiteren Text nicht nur kritisiert, sondern gedemütigt („beleidigte Leberwurst“, „wirr“, „narzisstisch“).
Ein Lob für Graupner und den NGOs
Ich hoffe die wirklich kränkenden Töne von Tolar und der HOSI Wien beeinflussen nicht die Arbeit und das Engagement all dieser Vereine, insbesondere die wertvolle Arbeit von Helmut Graupner.
Ich halte hier daher fest:

Als Politiker brauche ich – und brauchen wir alle – wirklich unabhängige NGOs und Menschen, die dafür arbeiten. Zwar meinte Tolar auch, Graupner sei auf einer Achse mit den Grünen; hier möchte ich aber daran erinnern, dass Graupner auch Grüne Politik bereits kritisiert hat. Und das ist gut so, denn zu den wesentlichen demokratischen Säulen gehören neben den Parteien (Legislative), Regierungen (Exekutive) und Justiz auch unabhängige Presse und unabhängige NGOs als Kontrolle.
Es darf in einem modernen, liberalen und aufgeklärten Land doch nicht wahr sein, dass Kritik an einer machthabenden Partei mit sofortiger Diffamierung bestraft wird. Wer das tut hat Demokratie nicht begriffen und Menschlichkeit nicht erlernt.
Die Kritik richtet sich vor allem an Helmut Graupner. Aber ist diesen Kritikern bewusst, dass sie damit auch die Arbeit aller anderen oben genannten NGOs mit kritisieren?

Ich verneige mich jedenfalls vor der Arbeit des Helmut Graupner, des Rechtskomitee Lambdas und all den anderen NGOs.

12 Gedanken zu „Ein Plädoyer für Helmut Graupner – Oder: Wie NGOs angepatzt werden sollen.“

  1. Danke für diese klaren Worte. Und ein Dankeschön für diesen Blog, wo auch negative Kommentare stehen gelassen werden und sie nicht auf die Lobhudeleien reduziert werden wie beim Blog des Hosi-Obmanns.
    Hier wird Dialog gesucht und nicht nur ehrfürchtige Bewunderung erwartet. Für so viel Mut auch mal etwas (wenn auch wenig ehrfürchtige) Bewunderung. 😉

  2. Danke für diese klaren Worte. Und ein Dankeschön für diesen Blog, wo auch negative Kommentare stehen gelassen werden und sie nicht auf die Lobhudeleien reduziert werden wie beim Blog des Hosi-Obmanns.
    Hier wird Dialog gesucht und nicht nur ehrfürchtige Bewunderung erwartet. Für so viel Mut auch mal etwas (wenn auch wenig ehrfürchtige) Bewunderung. 😉

  3. Danke und: Keine Angst. Um Ehrfurcht zu erhalten bin ich nicht in die Politik gegangen

    (Obwohl: Anbetung wär aber vielleicht schon was für einen Agnostiker wie mich… ;-))

  4. Danke und: Keine Angst. Um Ehrfurcht zu erhalten bin ich nicht in die Politik gegangen

    (Obwohl: Anbetung wär aber vielleicht schon was für einen Agnostiker wie mich… ;-))

  5. Hier mein Leserbrief an die PRESSE, der auch -gekürzt- am 26.8. 2008 veröffentlich wurde

    Kollege RA Dr. Helmut Graupner ist fast seit zweiJahrzehnten in der Szene und für die Szene (für Schwulen, -Lesben- und Transgenderrechte ) aktiv, also keineswegs so unbedeutend, wie dies die beiden Leserbriefschreiber Glauben machen wollen.

    Faktum ist, dass der Entwurf des Lebenspartnerschaftsgesetzes unisono von allen relevanten Schwulen -und Lesbenorganisationen (ausgenommen der HOSI Wien ) in einer gemeinsamen Stellungnahme am 13.6.2008 abgelehnt wurde, da im wesentlichen nur Pflichten, aber keine Rechte bzw Gleichstellung enthalten sind.

    Dass die SPÖ in ihrer Wahlwerbung, auf Parteitagen, Resolutionen usw., viel an und von Gleichstellung (ver)spricht und dann in der Praxis wenig bis nichts hält, ist ebenfalls ein Faktum. Sich nur auf die ÖVP auszureden, zieht schon lange nicht mehr. Die bekennenden Sozialdemokraten Tolar und Krickler wissen das nur allzu gut. Es wundert nicht, dass sich der Ex-SOHO-Vorsitzende, Tolar, solidarisch vor seine Parteigenossin Berger stellt. Krickler ist sowieso immer dafür, wenn andere dagegen sind und umgekehrt.

    Von den beiden persönlich angegriffen zu werden, ist für Graupner ja fast schon eine Auszeichnung.

    Federführend im Kampf gegen die Abschaffung des § 209 StGB(alt) und bei der Durchsetzung vieler Rechte bzw Bekämpfung von Rechtsverletzungen und Ungleichheiten etc. waren und ist das von den beiden Sozialdemokraten als „Pimperlverein“ verunglimpfte Rechtskomitee Lambda (RKL) und dessen Vorsitzender. Graupner. Noch 2006 war Tolar im SOHO-Newsletter 06/01 voll des Lobes für das RKL und RA Dr. Graupner.

    „Der RA Dr. Helmut Graupner ist mit seinen diversen ‚Klagsoffensiven‘ höchst erfolgreich unterwegs. Der ‚Transgender-Erlass‘ wird auf Anordnung des VFGH überprüft, die § 209er-Eintragungen im Strafregister müssen gelöscht werden. Wir stellen neidlos fest, dass das ‚Rechtskomitee Lambda‘ mit Helmut Graupner derzeit in unserer Sache eindeutig die wichtigsten und nachhaltigsten Erfolge einfährt. Das ist genau die Art von sachbezogener, kompetenter Arbeit, wie wir sie uns (auch bei uns) nur wünschen können. Wir gratulieren sehr herzlich! Und wir bedanken uns auch für den unermüdlichen Einsatz.“

    Frei nach Robert Hochner: „Das Archiv ist die Rache der Leser an den Aktivisten !“

    RA Dr. Wolfgang Rainer

  6. Hier mein Leserbrief an die PRESSE, der auch -gekürzt- am 26.8. 2008 veröffentlich wurde

    Kollege RA Dr. Helmut Graupner ist fast seit zweiJahrzehnten in der Szene und für die Szene (für Schwulen, -Lesben- und Transgenderrechte ) aktiv, also keineswegs so unbedeutend, wie dies die beiden Leserbriefschreiber Glauben machen wollen.

    Faktum ist, dass der Entwurf des Lebenspartnerschaftsgesetzes unisono von allen relevanten Schwulen -und Lesbenorganisationen (ausgenommen der HOSI Wien ) in einer gemeinsamen Stellungnahme am 13.6.2008 abgelehnt wurde, da im wesentlichen nur Pflichten, aber keine Rechte bzw Gleichstellung enthalten sind.

    Dass die SPÖ in ihrer Wahlwerbung, auf Parteitagen, Resolutionen usw., viel an und von Gleichstellung (ver)spricht und dann in der Praxis wenig bis nichts hält, ist ebenfalls ein Faktum. Sich nur auf die ÖVP auszureden, zieht schon lange nicht mehr. Die bekennenden Sozialdemokraten Tolar und Krickler wissen das nur allzu gut. Es wundert nicht, dass sich der Ex-SOHO-Vorsitzende, Tolar, solidarisch vor seine Parteigenossin Berger stellt. Krickler ist sowieso immer dafür, wenn andere dagegen sind und umgekehrt.

    Von den beiden persönlich angegriffen zu werden, ist für Graupner ja fast schon eine Auszeichnung.

    Federführend im Kampf gegen die Abschaffung des § 209 StGB(alt) und bei der Durchsetzung vieler Rechte bzw Bekämpfung von Rechtsverletzungen und Ungleichheiten etc. waren und ist das von den beiden Sozialdemokraten als „Pimperlverein“ verunglimpfte Rechtskomitee Lambda (RKL) und dessen Vorsitzender. Graupner. Noch 2006 war Tolar im SOHO-Newsletter 06/01 voll des Lobes für das RKL und RA Dr. Graupner.

    „Der RA Dr. Helmut Graupner ist mit seinen diversen ‚Klagsoffensiven‘ höchst erfolgreich unterwegs. Der ‚Transgender-Erlass‘ wird auf Anordnung des VFGH überprüft, die § 209er-Eintragungen im Strafregister müssen gelöscht werden. Wir stellen neidlos fest, dass das ‚Rechtskomitee Lambda‘ mit Helmut Graupner derzeit in unserer Sache eindeutig die wichtigsten und nachhaltigsten Erfolge einfährt. Das ist genau die Art von sachbezogener, kompetenter Arbeit, wie wir sie uns (auch bei uns) nur wünschen können. Wir gratulieren sehr herzlich! Und wir bedanken uns auch für den unermüdlichen Einsatz.“

    Frei nach Robert Hochner: „Das Archiv ist die Rache der Leser an den Aktivisten !“

    RA Dr. Wolfgang Rainer

  7. lieber wolfgang,

    danke, dass du den leserbrief auch hier online gestellt hast. ich kannte ihn und finde ihn sehr gut.

    liebe grüße,
    marco

  8. lieber wolfgang,

    danke, dass du den leserbrief auch hier online gestellt hast. ich kannte ihn und finde ihn sehr gut.

    liebe grüße,
    marco

  9. Wie die SPÖ und deren Vereine zum Thema Partnerschaftsrecht stehen, haben wir ja im Plenum des Nationalrates am Freitag gesehen. Sie sind mit ÖVP, FPÖ, … komform gegangen und haben den Antrag der Frau Abgeordneten Maga. Lunacek abgeschmettert.

    Ich habe vergangenes Jahr bei der Gründungsversammlung der „GayCopsAustria“ Dr. Graupner kennen und auch schätzen gelernt. Ich habe mich inzwischen auch mit der Arbeit des RKL studiert und bin aus Ãœberzeugung diesem Verein beigetreten.
    Ich werde den Verein und Dr. Graupner in seiner Arbeit unterstützen so gut es mir möglich ist.

  10. Wie die SPÖ und deren Vereine zum Thema Partnerschaftsrecht stehen, haben wir ja im Plenum des Nationalrates am Freitag gesehen. Sie sind mit ÖVP, FPÖ, … komform gegangen und haben den Antrag der Frau Abgeordneten Maga. Lunacek abgeschmettert.

    Ich habe vergangenes Jahr bei der Gründungsversammlung der „GayCopsAustria“ Dr. Graupner kennen und auch schätzen gelernt. Ich habe mich inzwischen auch mit der Arbeit des RKL studiert und bin aus Überzeugung diesem Verein beigetreten.
    Ich werde den Verein und Dr. Graupner in seiner Arbeit unterstützen so gut es mir möglich ist.

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