Der neue Heinz Heger-Park. Oder wie Homosexuelle weiter versteckt werden.

Heute hatte ich die Freude, bei der Eröffnung des neuen Heinz Heger-Parks am Zimmermannplatz im Alsergrund, dabei gewesen zu sein. Entstanden ist diese Sache so: Am Zimmerplatz 1 befindet sich die Ordination von Dr. Horst Schalk, eine Arztpraxis, die sich gezielt an schwule Männer richtet. Mit Dr. Schalk besuchte ich 2005 die Ausstellung geheimsache:leben. Als wir uns die Dokumente von und über Heinz Heger ansahen, sagte ich zu ihm: „Schau mal, der wohnte an deiner Adresse!“
Daraufhin wurde Dr. Schalk sehr aktiv, schaltete die Wiener Antidiskriminierungssstelle ein, dessen Mitarbeiter Wolfgang Wilhelm auch die SP-„Sektion Andersrum“ im 6. Bezirk betreut. In diesem Rahmen kontaktierten die Beiden die Bezirkspolitiker_innen im 9. Bezirk. Nach längerem Hin und Her wurde eine Umbenennung des Zimmermannplatzes zwar nicht erreicht (das macht die Stadt Wien nur sehr selten, da alle Anrainer_innen sonst von Visitenkarten bis Kreditkarten alles ändern müssten), aber eine neu gestaltete Grünfläche wurde – eben heute – nach Heinz Heger benannt. Die Bezirksvorsteherin Martina Malyar enthüllte heute dazu die Tafel mit Wolfgang Wilhelm und Dr. Horst Schalk. Zur Tafel später mehr…
Wer war Heinz Heger?
Heinz Heger überlebte sechs Jahre Konzentrationslager und trug den Rosa Winkel, das Zeichen schwuler Opfer. Seine Erinnerungen sind in seinem Buch „Der Mann mit dem rosa Winkel“ veröffentlicht. Nach dem Krieg versuchte er seine Haftzeiten als Pension anrechnen zu lassen (was ihm schlussendlich gelang) und wollte die Aufnahme des Haftgrunds Homosexualität ins Opferfürsorgegesetz, was ihm zeitlebens verwehrt wurde.
Die Familie von Heinz Heger wollte nie, das sein Name bekannt wurde. Zu sehr scheinen sie sich auch im 21. Jahrhundert noch zu schämen ein schwules NS-Opfer in der Familie zu haben. Deswegen wird auch heute noch das Pseudonym Heinz Heger benutzt, obwohl sein richtiger Name schon längst – von New York Times bis zu diesem Wikipedia-Eintrag – bekannt ist.
Eine tragische Anekdote aus dem Leben des Heinz Heger, war der Umgang mit seinem Rosa Winkel, den letzten der noch weltweit existiert! Kein österreichisches Museum, kein Archiv, niemand hierzulande wollte ihn haben. Deswegen liegt das letzte Exemplar im Holocaust-Museum in Washington. Auch ein Sittenbild Österreichs…
Die Tafel im Heinz Heger-Park
Die Tafel, die heute im Heinz Heger-Park enthüllt wurde, löste bei den Teilnehmer_innen Schock bis Irritationen aus. Mit KEINEM Wort wird auf der Tafel erwähnt, warum Heinz Heger verfolgt wurde, welches Buch er geschrieben hat, rein gar nichts. Die Bezirksvorsteherin merkte die Irritationen dann sehr bald und versprach, dies in den nächsten drei Wochen zu korrigieren.
Wollen wir’s hoffen! Ich werde das jedenfalls genau beobachten. Dass auf der Tafel unten Hundeverbote und andere Verbotshinweise angebracht sind, scheint mir auch mehr als unpassend. Erinnern ist ja offensichtlich keine Stärke der Stadt. Wenn’s um Homosexuelle geht, gilt das erst recht. Die werden auch in der Erinnerung wieder versteckt. Falscher geht’s nicht mehr.

 

Die Zukunft kann in Güssing besichtigt werden.

Vergangenes Wochenende hielten die Grünen Andersrum aller Bundesländer (und demnächst auch im 9. Bundesland Burgenland) ihre Klausur in Güssing im Südburgenland ab. Der Ort war nicht zufällig gewählt. Neben Diskussionen über eigene Strukturen und Umgang mit dem schlechten Partnerschaftsgesetz wollten die Grünen Andersrum auch wissen:
Wie macht das Güssing? Energieunabhängig? Zu 100 {6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7}? Wie geht das?
Der Ausflug machte sehr viel Sinn. Viele Grüne Aktivist_innen, die aus Gründen der Menschenrechte bei den Grünen angedockt sind, thematisieren Grüne Themen in ihre Netzwerke. Wenn die Grünen eine autarke Energiepolitik fordern, winken viele ab: Das sind doch alles nur grüne Spinnereien! Ihr seid sowas von weltfremd! Güssing zu sehen, zu erleben und auch zu erriechen (Holzschnitzelgeruch ist was Herrliches!), weist in eine andere Richtung: Es geht! Und wie!
Der Energieverbrauch von Privathaushalten im Raum Güssing werden bereits zu 100{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} mit erneuerbaren Energien versorgt. Rechnet man die Industrie dazu sind es immer noch stolze 56{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7}. Das geht so:
Biomasse – also etwa Holzschnitzeln – sind chemisch mit fossilen Energieträgern verwandt. Das bedeutet, dass aus dem selben – aber in diesem Fall erneuerbaren – Material ebenso Energie zu gewinnen ist; und zwar Strom, Wärme, ja sogar Gas und Benzin.
Der Wald rund um Güssing wächst. Hinzu kommt das ohnehin notwendige Durchforsten bestehender Wälder. Von dem Waldbestand, der jedes Jahr wächst, brauchen die Güssinger Biomasse-Kraftwerke nur 50{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7}, um die Region mit Energie zu versorgen. In manchen Siedlungen wurden kleine dezentrale Kraftwerke gebaut (Nahwärme) um kleinere Siedlungen zu versorgen, sowie größere Kraftwerke für Fernwärme, Fernkühlung und Energiegewinnung.
Technisch funktioniert das (sehr, sehr vereinfacht) so: Holzschnitzeln werden mittels Wasserdampf vergast, die daraus gewonnene Energie kann sowohl für Gewinnung von Strom als auch Fernwärme genützt werden. Durch Methanisierung bzw. über die so genannte Fischer-Tropsch-Methode kann sogar Gas und Öl gewonnen werden.
Hinzu kommen Photovoltaik-Anlagen sowie Solaranlagen, die unsere unbegrenzt zur Verfügung stehende Energiequelle nutzen: Die Sonne. Gras, Mais und Klee können ebenso in Energie umgewandelt werden.
Dann passiert zum Beispiel folgendes: Eine Parkettfirma hat beim Erzeugen ihres Produkt viel Holzabfall. Dieser wird zum Biomasse-Kraftwerk in der Nähe transportiert, dort vergast und versorgt die Parkettfabrik wiederum mit Wärme und Strom. So entsteht ein Kreislauf, der vor Ort bleibt und keine langen Transportwege benötigt.

Auf den Ort hatte dieses Aussteigen aus fossiler Energie (der Ausstieg begann in den Anfang 90er Jahren) auch eine starke Wirkung: Hatte Güssing damals mit starker Abwanderung zu kämpfen, gibt es mittlerweile durch diese Art der Energiegewinnung über 1000 Arbeitsplätze – direkt oder indirekt. Ja, das sind diese Green Jobs, von denen wir immer reden. Es gibt sie!
Neben Ansiedlungen neuer Betriebe, fand auch die Wissenschaft Platz in Güssing: Wissenschafter_innen und Energiepolitiker_innen aus der ganzen Welt kommen nach Güssing. Ein Hotel musste gebaut werden, um all diese Menschen ein Dach über dem Kopf zu geben, Schulen und Technologiezentren wurden errichtet, nächstes Jahr soll eine Ausbildungsstätte für Photovoltaik eröffnet werden. Die Einnahmen der Güssinger Kommunalsteuer stiegen erheblich. Und das, obwohl Güssing weder über Bahnanschluss (die dort verkehrende Bahn existierte 1899 bis zum 2. Weltkrieg) noch über eine Autobahnabfahrt verfügt.
Grüne Politik wurde also in einem Ort umgesetzt und man kann es besichtigen. Natürlich passieren auch dort Fehler, gibt es Probleme und Unregelmäßigkeiten, seien es in der Anhörung von Anrainer_innen oder fehlende Lärmgutachten. Aber genau das zeigt ja, dass ein Modell wie Güssing nicht ein reines Traumgebilde ist, sondern visionäre, aber auch realistische Politik.
Von Güssing lernen! Natürlich sind die dort umgesetzten Projekte für die Region konzipiert und muss jede Region seinen eigenen Weg finden. Erstellen können Gemeinden und Regionen neue Energiekonzepte aber beispielsweise in Güssing! Die bieten das an. Trauriges Detail am Rande: Deutsche Kommunen, die sich in Güssing ein Energiekonzept erstellen lassen, bekommen dieses zu 75{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} vom Bund gefördert. In Österreich gibt es das nicht…
Mehr Information gibt es hier.
Christoph Chorherr bloggt über Güssing hier.

Meine Rede auf der Landesversammlung der Grünen Wien

Meine Rede auf der Landesversammlung der Grünen Wien. Ich wollte ja ursprünglich wesentlich mehr zur Kulturpolitik sagen, aber die Aktualität rund um das Partnerschaftsgesetz musste natürlich kommentiert werden. Im nächsten Jahr habe ich ja hoffentlich noch viele Gelegenheiten, dazu einiges kundzutun.

Ehrenrühriges eines Grazer Gerichts zu Jörg Haiders Sexualität.

Ein junger Mann ging vor einigen Wochen zu einem deutschen Boulevard-Medium, um seine persönliche Geschichte mit dem ehemaligen Landeshauptmann von Kärnten zu erzählen, der vor 14 Monaten alkoholisiert und mit überhöhter Geschwindigkeit bei einem Autounfall ums Leben kam. „Die Anzahl der trauernden Witwen steigt auf 3“ meinten dazu Stermann & Grissemann. Bereits vor diesem Going-public* des jungen René war die Sexualität Haiders ständiges Thema, auch in einem Kommentar der Anderen für den Standard, den ich verfasste (hier zu lesen), und in einem Blogbeitrag hier.Die mediale und politische Diskussion nach Renés Going-public drehte sich vor allem um die Frage, was privat und was öffentlich ist. Darf ein Medium das Privatleben (z.B.) eines Politikers darstellen? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um darüber berichten zu dürfen? Hat Haider nicht selbst sein Privatleben öffentlich gemacht und muss sich also – auch posthum – gefallen lassen, dass sein vermeintlich verheimlichtes Privatleben ebenfalls öffentlich wird?NEWS meinte in dieser Debatte etwa, veröffentlichen sei okay, Armin Thurnher vom Falter meinte wiederum, sogar das Privatleben Jörg Haiders müsse geschützt bleiben.Ein Aspekt wurde allerdings in diesen Diskussionen überhaupt nicht berücksichtigt: Die abgrundtiefe und widerliche Doppelmoral Kärntens; die Tatsache, dass in Kärnten alle Meldungen über Haiders angebliche Bi- oder Homosexualität als etwas ganz Schreckliches dargestellt wurde und eine Rufschädigung bedeuten würden. Das wäre nämlich tatsächlich eine Geschichte wert gewesen: Wie abgrundtief ein Bundesland mit Homosexualität an sich umgeht. Man hätte nämlich auch ganz gelassen mit einem „Na und?“ reagieren können. Tat man aber nicht. Auch nicht die einzige offizielle Witwe Haiders: Claudia.Diese klagte nämlich die Zeitung BILD vor einem Gericht. Und dieses Grazer Gericht hat gestern ein Urteil gesprochen, wie ein anderes Boulevardblättchen (hier) berichtet: Jörg Haider darf nicht mehr homosexuell oder schwul genannt werden!Ein wirklicher Skandal ist die Begründung des Gerichts: Die Darstellung von Haider in der BILD-Zeitung wäre „ehrenrührig“ gewesen, würden Haider ein „unehrenhaftes und gegen die guten Sitten verstoßendes Verhalten“ vorwerfen und ihn in der „Öffentlichkeit verächtlich machen und herabsetzen“.Das Urteil des Richters Herbert Painsi ist ein Skandal und lässt eher vermuten, der Richter hat ein etwas gestörtes Verhältnis zu Homosexualität und bräuchte dringend etwas wissenschaftliche und sexualkundliche Aufklärung. Ich hätte verstanden, wenn das Gericht BILD verurteilt hätte, weil die Zeitung die Privatsphäre missachtet hat. Aber Homosexualität ist was Unehrenhaftes? Etwas Sittenwidriges? Etwas, das verächtlich macht? Hallo? Wir haben das Jahr 2009 und eine moderne Sexualwissenschaft!Glauben Sie, ein österreichisches Gericht hätte so geurteilt, wenn es sich um eine Affäre mit einer Frau gehandelt hätte? Wohl kaum. Das Urteil ist also zutiefst homophob, denn (zum Glück) steht in keinem österreichischen Gesetz mehr irgendetwas davon, dass Homosexualität unsittlich oder unehrenhaft sei. Das dürfte eher ein Problem des Richters sein – stellvertretend für ein ganzes Land allerdings.Wir könnten es ja mal versuchen: Outen Sie mich doch irgendwo als heterosexuell. Lassen Sie mich das dann einklagen und Sie werden sehen: Kein Gericht dieses Landes würde eine öffentlich kolportierte Affäre eines Mannes mit einer Frau als etwas Ehrenrühriges wahrnehmen. Daher ist dieses Urteil so falsch und wirft jede Aufklärung um Jahre zurück!* Going-public ist kein Coming-out und kein Outing, was leider immer verwechselt wird: Going public ist der Schritt in die Öffentlichkeit, Coming-out bedeutet, seine Homosexualität seinem persönlichen Umfeld zu erzählen und dazu zu stehen. Von Outing ist dann die Rede, wenn eine andere Person die sexuelle Orientierung aufdeckt, meist unfreiwillig und gegen den Wunsch des Betroffenen.

Da haben wir den Salat: ÖVP verteidigt Partnerschaftsgesetz und beruft sich auf HOSI Wien.

Soeben konnte ich meinen Ohren nicht so recht trauen. Ich schaue mir die Zeit im Bild 2 an und es kommt ein Beitrag zum Partnerschaftsgesetz für Lesben und Schwule. Leider haben die Medien noch immer nicht begriffen, dass die HOSI Wien kaum mehr die lesbisch-schwule Community vertritt. Das beweisen die Kommentare auf ihrer Website und die Demonstration Erstklassige Rechte am vergangenen Freitag. Denn gegen die Diskriminierungen riefen über 90 (!) lesbisch-schwule-transgender Vereine, Initiativen, Medien, Lokale, Clubs, engagierte Einzelpersonen, Blogger, etc. auf.Christian Högl (Obmann der HOSI Wien und SP-Kandidat bei der vergangenen Nationalratswahl) behauptet in der ZiB2 ernsthaft, das Partnerschaftsgesetz sei zum Feiern und man hätte endlich das erreicht, wofür auch die Vereine in den Bundesländern kämpften. Komischerweise sind diese aber allesamt anderer Meinung und riefen auch zur Demonstration auf. Das beweist sich auch in diesem gemeinsamen Positionspapier (PDF).Und dann wird ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf im Studio interviewt, verteidigt das Partnerschaftsgesetz und beruft sich worauf? Genau, auf den Jubel der HOSI Wien.Wie gut und wichtig, dass alle Organisationen – auch die Grünen, die Grünen Andersrum, Ulrike Lunacek, Albert Steinhauser und ich – laut wurden. Die HOSI Wien hat sich mit ihrer Performance der letzten Wochen leider völlig disqualifiziert und ist zum Presseorgan der Bundesregierung geworden: Schönreden eines Gesetzes, das weiter diskriminiert und keine Gleichstellung bedeutet. Da hat sogar die SPÖ klüger gehandelt und nicht gleich gejubelt.Wie gut, dass Helmut Graupner (Rechtskomitee Lambda) in der ZiB 24 zu sehen sein wird… Zumindest einer, der unabhängige NGO-Arbeit noch ernst nimmt und ein wirklicher Vertreter wurde.

Persönliche Nachbetrachtung der Landesversammlung, den Grünen Vorwahlen und der Listenwahl.

Das war sie also: Die Landesversammlung der Grünen Wien mit der Listenwahl für die Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl 2010. Mit den unzähligen Diskussionen im Vorfeld – allem voran den Grünen Vorwahlen – war dies wohl die bemerkenswerteste und am besten organisierte Landesversammlung seit es die Grünen Wien gibt.
Erlaubt mir heute eine persönliche Nachbetrachtung (etwas textreich zugegeben) zu bloggen und dabei fünf Aspekte zu beleuchten. Manches, was da gestern passierte, ist mir noch nicht ganz nachvollziehbar, aber alles in allem – und das sei deutlich gesagt – ist es eine Liste, mit der die Grünen Wien selbstbewusst den Wiener Wahlkampf 2010 angehen können. Ich freue mich jedenfalls sehr darauf!
1. Zu meinem 14. Platz
Ich wollte diesen Punkt zuerst als letzten bloggen, aber natürlich ist mein eigener Platz auch meine egoistische Priorität. Also ehrlicherweise Erstens:
Ich bin enttäuscht, das gebe ich unumwunden zu. Zugleich war ich gestern freilich erleichtert, doch noch einen wählbaren Platz ergattert zu haben – nachdem ich den wohl längsten Tag meines Lebens erlebt habe und einen so genannten „Zittersieg“ errungen habe. Mit dem 14. Listenplatz liege ich auf haargenau denselben Platz wie 2005. Es müsste schon sehr blöd hergehen, dass sich das nicht ausginge.
Ich glaube aber selbstbewusst sagen zu dürfen einen vorderen Platz verdient gehabt zu haben. In den vergangenen vier Jahren konnte ich im Bereich der lesbisch-schwulen-transgender Gleichstellung unzählige Projekte starten (Unheilbar, Stonewall in Wien, homo:hetero um nur das heurige Jahr zu erwähnen), in der Kulturpolitik Themen groß rausbringen (Gewista-Monopol und der öffentliche Raum, Jüdische Friedhöfe um nur zwei zu nennen). Zudem ist es mir gelungen – neben der klassischen Politkommunikation über Massenmedien – Kommunikationsnetzwerke aufzubauen, die kontinuierlich Dialog, Austausch und somit auch Demokratie bedeuten. Ich war schon ein bissl stolz, als ich mich neulich im Datum auf den zweiten Platz der twitternden Web 2.0-Politiker_innen Österreichs fand…
Warum ich trotzdem nicht weiter vorne gereiht bin? Ich kann natürlich das tun, was am leichtesten fällt und die „Schuld“ bei Anderen suchen. Und ehrlich gesagt, liege ich da vermutlich auch nicht ganz falsch. Andererseits muss ich mir natürlich auch Gedanken machen, warum mir das passiert ist und werde meine eigene Arbeit wohl auch genauer analysieren müssen.
Trotzdem: Ich bin großer Anhänger der Parität. Ich weiß, dass das nicht von allen so gesehen wird. Ich halte es aber jetzt und für die nähere Zukunft noch immer für notwendig. Gleichzeitig wurde dies für mich gestern durchaus auch zum Verhängnis. Es gab vermutlich einige Grüne Gruppen, die gestern unbedingt „ihren“ Kandidaten (=Mann) hineinbringen wollten, und daher außer diesen nur Frauen wählten, damit kein anderen Mann Konkurrenz machen kann. Das ist ein Problem und dafür wäre eine Lösung im Wahlmodus erstrebenswert! Das bedeutet nämlich, dass das Pushen eines Kandidaten zulasten von anderen geht und thematische Vielfalt völlig in den Hintergrund gerät und persönliche Freundschaften und Netzwerke wichtiger sind. Was könnte man dagegen tun?
Die Auswirkungen davon waren gestern aber enorm. Ich war bei der Listenwahl der Plätze 5 bis 8 arschknapp dahinter. Bei der Wahl der Plätze 9 bis 12 lag ich im ersten Wahlgang noch klar auf Platz 2, im zweiten Wahlgang habe ich dann um nur 8 Pünktchen Platz 12 verpasst. Zwischen diesen Wahlgängen muss etwas passiert sein, das mir geschadet hat und – so wurde mir zumindest gesagt – ist irgendwo die Parole ausgegeben worden, jetzt bloß nicht „den Marco“ zu wählen. Oder wie es eine grüne Freundin mir per SMS heute mitteilte hatte das „nichts mit dir zu tun hat, Marco, denn deine Arbeit ist so enorm wichtig für die Grünen“. Ich hoffe, das stimmt. Eines stimmt aber sicher – und das sage ich vor allem den Menschen, die gestern nicht zur Landesversammlung kamen: Jede Stimme zählt! Das ist nicht nur so dahergesagt.
Als es dann im nächsten Wahlgang endlich soweit war und ich mit überwältigender Mehrheit auf Platz 14 landete (Platz 13 war ein Frauenplatz und ich freue mich irrsinnig für meine Freundin Jennifer Kickert), war Erleichterung zu spüren – nicht nur bei mir. Der Jubel, der aufbrauste, als ich die Wahl annahm, hat mich echt gerührt. Ich kann es schwer einschätzen, aber ich hatte den Eindruck, es war einer der lautesten Jubel des Abends…
Eine große Stütze (um das stundenlange Zittern, Hoffen und Bangen überhaupt auszuhalten) waren die Grünen Vorwähler und Vorwählerinnen! Dafür ein dickes Dankeschön. Ich meine übrigens nicht nur die Stimmen, die sicher auch aus diesen Reihen kamen, sondern die Tweets und Nachrichten, die ich zwischendurch lesen durfte. Wenn ich auf meinem iPhone jedesmal 20 bis 40 Erwähnungen fand, in denen ich entweder gelobt wurde oder eine Wahlempfehlung lesen durfte (sogar Aufrufe aus Deutschland), fand ich dann doch Bestätigung meiner Arbeit und vor allem: Hoffnung.
2. Trotz allem Erfolg der Grünen Vorwahlen
Die Grünen haben sich in den Diskussionen rund um Grüne Vorwahlen nicht mit Ruhm bekleckert und meine Unterstützung für das Projekt und die Enttäuschung darüber, wie damit seitens der Partei umgegangen wurde, ist hinlänglich bekannt. Daher werde ich das jetzt nicht wiederholen. Das demokratiepolitische Projekt Grüne Vorwahlen darf – ja muss! – trotz all dem als Erfolg verbucht werden. Oder wie Jana Herwig es in einem Tweet ausdrückte:

bin mittlerweile fast 2 Std. länger als gedacht bei #gruenelv – democracy is a virus! http://twitpic.com/pnkjc 
Das Engagement, mit denen die Vorwähler und Vorwählerinnen das Demokratieprojekt auch vor Ort auf der Landesversammlung voran trieben, war grandios. Hier begann erst etwas, das noch lange nicht zu Ende sein kann und sein darf! Wie knapp die Ergebnisse (nicht nur die von mir!) sind, zeigt ja, dass es auf jede Stimme ankommt.

Jetzt gilt es auch inhaltliche Partizipationsmodelle zu entwickeln, die sich öffnende und kommunizierende Demokratie weiter zu entwickeln. Denn diese Entwicklung darf nicht bei den Grünen anfangen und bei den Grünen auch gleich wieder enden, sondern sie kann ein Motor zur Neuentdeckung und -definition der Demokratie überhaupt sein.
Daher mein Appell: Unbedingt weitermachen! Unbedingt weiter Unterstützer_innen und Mitglieder sammeln! Es gibt auch Politik abseits von Listenwahlen. Und auch diese kommen schneller, als man denkt, so zum Beispiel bei der Wiener Liste zur nächsten Nationalratswahl, auch wenn sie jetzt noch zeitlich fern wirken mag.

3. Kulturpolitische Nachbetrachtung
Das Thema Kultur hat gestern keinen Verlust, aber einen Dämpfer erlitten. Es trat ja nicht nur ich mit einer kulturpolitischen Ansage an, sondern auch andere gute Kandidaten und Kandidatinnen. Eine Chance erhielten sie nicht, und so bin ich bin der einzige Kulturpolitiker auf einem wählbaren Platz.
Kultur spielte grünintern schon einmal eine größere Rolle. Ihr diese Rolle wieder zurück zu geben, wird eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre sein. Ich fürchte, die Grünen unterschätzen das Wähler_innen-Potenzial aus der Kultur total! Nicht, dass es ein primär wahlentscheidendes Thema wäre, aber ein Thema, dass enorm mobilisieren kann – und zwar viele Leute!
Wer in Wien unterwegs ist, weiß wie grünaffin die Kulturwelt ist. Dieses riesige Potenzial darf nicht unterschätzt werden.

4. Die Grünen Andersrum
Manche Grünehatten mir in Wahlgängen nicht die volle Punktezahl gegeben, da ich für sie „ohnehin sicher drinnen“ war. Um dann selbst etwas geschockt zu sein, als es bei Platz 12 noch immer nicht so weit war. Das ist ein äußerst verhängnisvoller Gedanke und hat vermutlich auch mit einer Fehleinschätzung der Stärke der Grünen Andersrum zu tun.
Meine „Homebase“ – also das lesbisch-schwule-transgender Netzwerk innerhalb der Grünen – ist nämlich enorm außenorientiert, extrem aktiv, tut ununterbrochen großartige Projekte auf die Beine stellen. Das bedeutet auch etwas weniger Kraft nach Innen. Gleichzeitig sind die Grünen Andersrum zahlenmäßig überschätzt. Viele Grüne glauben immer noch, dass wir Hunderte sind, was nicht stimmt. Auch eine zahlenmäßig kleine Gruppe kann Großes bewirken.
5. Die Liste
Ich bin aber trotzdem froh über die Liste. Sabine Gretner und Sigrid Pilz, haben tolle Listenplätze, die sie auch verdienen! Ich habe mich mit Martina Wurzer ebenso gefreut, wie mit Christoph Chorherr, mit Klaus Werner-Lobo habe ich gejubelt, mit Jennifer Kickert ebenso. Ich kann natürlich nicht alle Namen nennen, aber einen möchte ich zuletzt noch hervorheben: Armin Soyka ist zwar nur auf Platz 24 gelandet, aber ein so talentierter junger Mann schaffte sich auf einen Schlag viel Gehör und wurde „weltberühmt bei den Grünen Wien“! Ich hoffe sehr, dass wir noch viel von ihm hören werden!

Eine gute Zusammenfassung der gestrigen Landesversammlung findet sich zum Nachlesen auf dem Blog von The Sandworm, eine tolle Vorwählerin, die live bloggte! 

Der Song zur Demo "Erstklassige Rechte"

Mario Mrazek schrieb mit seinem Mann Lars van Roosendaal einen Song für die Demo, die morgen ab 15 Uhr vor dem Parlament beginnen wird. Mehr Info zur Demo für eine völlige Gleichstellung von Lesben und Schwulen gibt es auf der Website Erstklassige Rechte.Und hier das wirklich gelungene Lied zur Demo:Freiheit hinter Gitterstäben (Gesetze um sie schön zu reden)

Wie funktionieren die Grünen Vorwahlen? So!

Am kommenden Sonntag, den 15.11., wählen die Grünen Wien in ihren Vorwahlen die Liste zur Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl 2010. Zahlreiche Kandidat_innen (darunter auch wieder ich) präsentierten sich auf der Website ichkandidiere.at, auf YouTube sind die Videos aus den Hearings zu sehen.Doch wie funktioniert das alles am Sonntag? Welcher Wahlmodus wird wann benützt? Was muss ich auf meinem Stimmzettel genau machen? Peter Kraus setzte sich eine schicke Brille auf, setzte sich vor die Kamera und erklärt es uns allen:So funktioniert die Wahl von Platz 1 bis 4:So funktioniert die Wahl ab Platz 5:

Warum Widerstand gegen Demütigung jetzt so wichtig ist. Die Demo am 13.11. und eine Entgegnung an die HOSI Wien.

Am Freitag, den 13. November, um 15 Uhr vor dem Parlament, werden über 50 lesbisch-schwule-transgender Initiativen, Vereine, Lokale und engagierte Privatpersonen zur Demo aufrufen, um für eine völlige Gleichstellung ihrer Partner_innenschaften zu demonstrieren und um deutlich zu unterstreichen, dass sie sich nicht demütigen und als Menschen zweiter Klasse diskriminieren lassen möchten. Dies geschieht in der aktuellen und heißen Diskussion rund um die Eingetragene PartnerInnenschaft (EP). Eine Website mit allen Unterstützer_innen gibt es hier.
Hintergrund: Die Bundesregierung wird wohl bald eine EP beschließen, die in vielen Bereichen eine deutliche Abweichung des für Heterosexuellen gültigen Eherechts beinhaltet und eine Eintragung vorsieht, die nicht das Standesamt sein wird, sondern das Magistratische Bezirksamt bzw. die Bezirkshauptmannschaft (siehe diesen Blogbeitrag). Zudem gibt es sogar erhebliche Rückschritte, etwa den ausdrücklichen Verbot der Stiefkindadoption und explizit Verbote im Fortpflanzungs-Medizinrecht. Gestern habe ich für die Grünen Andersrum daher gemeinsam mit Justizsprecher Albert Steinhauser und Helmut Graupner vom Rechtskomitee Lambda eine Pressekonferenz abgehalten, in denen wir die diskriminierenden Punkte herausstrichen (siehe hier).
Welche weiteren Rechtsbereiche außerhalb des Justizbereichs gleichgestellt werden (vom Fremdenrecht bis zur Mitversicherung, vom Steuerrecht bis zur Witwer/Witmen-Pension, usw.), wissen wir alle noch nicht (außer offensichtlich die HOSI Wien, die hier bereits über Entwürfe verfügen dürfte, die erstaunlicherweise anderen NGOs, die noch vor Monaten in einer interministeriellen Arbeitsgruppe mit arbeiteten, vorenthalten wird. Offensichtlich braucht man das richtige Parteibüchl, um Infos zu bekommen. Wer unbequem und unabhängig agiert bekommt gar nichts). Trotzdem: Hier darf man noch hoffen, dass es zu umfassender Gleichstellung kommt. Die Hoffnung stirbt bekanntlich immer zuletzt.
Eine lesbisch-schwule NGO ist der Meinung, dass demonstrieren jetzt keinen Sinn macht und meint, man soll zufrieden sein, dass es überhaupt etwas gibt. Ja, es könne sogar ein ganz gutes Partnerschaftsgesetz werden: Die HOSI Wien wird nicht mit aufrufen.
Ich teile folgende Meinung mit der HOSI Wien: Ja, wir dürfen hoffen, dass es zu umfassenden Gleichstellungen in allen Materiengesetzen kommt. Ja, es könnte ein Fortschritt sein, vielleicht sogar mehr als erwartet.
Allerdings unterscheidet sich meine Ansicht in einem Bereich ganz erheblich: Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Lesben, Schwule und Transgender sich JETZT zu Wort melden müssen! Ich finde es sehr entscheidend, JETZT klar zu signalisieren: Wir wollen kein eigenes Sondergesetz, sondern die völlige Gleichstellung. Wir wollen keinen Kompromiss, sondern die völlige staatliche Akzeptanz. Wir wollen nicht etwas Anderes, sondern das Gleiche. Es ist an der Zeit, vollwertig in der Gesellschaft angekommen zu sein, und nicht ein Sonderfall mit Sondergesetz.
Warum?
Wer jetzt zufrieden ist, wird sich nachher nicht gegen rechtliche Diskriminierungen, gesetzlich festgeschriebene Verbote oder Eintragung in einem Besenkammerl wehren können. Wenn wir jetzt signalisieren, dass wir eh froh sind, dass etwas kommt, können wir nachher nicht das, einfordern, um was es aber hauptsächlich geht: Völlige Gleichbehandlung und diskriminierungsfreie Gesetze.
Daher ist es so wichtig, dass sich Lesben, Schwule und Transgender JETZT zu Wort melden. Würden wir alle so agieren, wie die HOSI Wien, könnten wir nachher schwer weiter einfordern, was für eine völlige Gleichstellung notwendig ist. Denn dann wird’s heißen: „Wieso? Ihr wart ja eh zufrieden mit dem Gesetz. Seid dankbar. Jetzt gebt’s endlich eine Ruhe!“
Die VP-Bürgermeister und die letzten Mohikaner der Schüssel-Ära, die immer noch im Nationalrat sitzen und für die heiratende Lesben und Schwule offensichtlich das Schlimmste ist, was es gibt, müssen einfach wissen und zu hören bekommen, dass, wenn sie jetzt das Standesamt nicht öffnen und gegen eine kompromisslose Gleichstellung sind, sie keine Ruhe vor uns haben werden, dass wir weiter laut und deutlich unsere Forderungen einfordern und – wenn möglich – auch einklagen werden! Und Richtung Regierungspartei SPÖ muss an deren jahrelangen Versprechungen erinnert werden.
Daher: JETZT demonstrieren, JETZT artikulieren, worum es geht, BEVOR die Gesetze beschlossen werden. Am 13.11. um 15 Uhr vor dem Parlament!
Was am Ende rauskommt, werden wir ja sehen. Wie am Ende dieses Prozesses die Grünen im Nationalrat abstimmen sollten, kann übrigens derzeit in einer spannenden Debatte auf Albert Steinhausers Blog hier diskutiert werden.
Im übrigen bin ich der Meinung, dass gleiche Rechte für alle bedeuten soll: Ein modernes und neues Rechtsinstitut neben der Ehe für alle (etwa den Zip) und die Ehe ebenfalls für alle.

Alle Infos zur Demo Erstklassige Rechte statt letztklassiges Gesetz – für völlige Gleichstellung jeztz hier: www.erstklassigerechte.at