Volksbefragung der SPÖ Wien: Demokratie à la DDR

Volksbefragungen sind ein wunderbares direkt-demokratisches Instrument, vor dem man Respekt und Hochachtung haben muss. Als leidenschaftlicher Demokrat war ich von der Idee einer Volksbefragung zu mehreren Themen und mit mehreren Fragestellungen anfangs begeistert – obwohl mir klar war, dass die Wiener Volksbefragung der SPÖ Wien, die vor kurzem angekündigt wurde, so knapp vor dem Wahltermin am 10.10.2010 ein Wahlkampfmittel ist, und wohl weniger ein ernsthafter demokratischer Prozess. Meine Befürchtungen haben sich heute in dramatischer Weise bewahrheitet. Die Unverschämtheit der SPÖ ist nicht zu fassen (und kostet so nebenbei fast 7 Millionen EURO). Im Grunde fehlt nur noch, dass die Wiener SPÖ bei ihrer großspurig angekündigten Volksbefragung ein riesengroßes Kästchen für das von ihr gewünschten Ergebnis gestaltet und ein dementsprechendes kleineres Kästchen daneben.
Aber da die Leser_innen meines Blogs sich am besten selbst ein Bild machen kann, hier die heute im Gemeinderat als Antrag eingebrachten Fragen, über die die Wiener Bevölkerung abstimmen soll:
1. Im Jahr 2000 wurde durch den Bundesgesetzgeber die Möglichkeit abgeschafft, Hausbesorger anzustellen. Eine bundesgesetzliche Neuregelung ist seither nicht zustande gekommen.
Sind Sie dafür, dass in Wien die Möglichkeit geschaffen wird, neue HausbesorgerInnen (mit modernem Berufsbild) einzustellen?
JA NEIN  

 

2. Internationale Studien zeigen, dass die Ganztagsschule der entscheidende Erfolgsfaktor für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie darstellt sowie das Bildungsniveau der Bevölkerung deutlich hebt.
Sind Sie für ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen in Wien ?
JA NEIN  

 

3. Einige Großstädte (z. B. London, Stockholm) haben zur Bewältigung des innerstädtischen Verkehrs eine Einfahrtsgebühr für das Stadtzentrum eingeführt (Citymaut). In Wien konnte durch die Verkehrspolitik (Ausbau öffentlicher Verkehr, Parkraumbewirtschaftung, Wohnsammelgaragen, Ausbau Radwegenetz) in den letzten Jahren der Autoverkehr in der Stadt deutlich reduziert werden.
Soll in Wien eine Citymaut eingeführt werden ?
JA NEIN  

 

4. In Wien fahren täglich Nachtbusse von 0.30 bis 5.00 Uhr. Ein 24-Stunden-U-Bahn-Betrieb am Wochenende (Freitag und Samstag) kostet pro Jahr 5 Millionen Euro und bewirkt veränderte Fahrtrouten der Nachtbusse an Wochenenden.
Sind sie dafür, dass die U-Bahn am Wochenende auch in der Nacht fährt ?
JA NEIN 

 

5. Seit 2006 wird in Wien ein freiwilliger Hundeführschein angeboten. Der Hundeführschein ist eine fundierte Ausbildung für Hundehalter/innen, bei welcher der richtige Umgang mit Hunden erlernt wird. Bei der Prüfung müssen die Hundehalter/innen zeigen, dass sie den Hund auch in schwierigen Situationen im Griff haben.
Sind Sie dafür, dass es in Wien für sogenannte „Kampfhunde“ einen verpflichtenden Hundeführschein geben soll ?
JA NEIN

Die Suggestiv-Formulierungen, die den Fragen voran gestellt werden, machen diese Volksbefragung zur demokratiepolitischen Farce. In einem Stil, den man eigentlich nur aus DDR-Zeiten kennt, werden Behauptungen aufgestellt, die mehr oder weniger die Abstimmung vorab klar machen – fast schon als Befehl. Dabei wird auch noch die Unwahrheit behauptet, etwa wenn gesagt wird, dass die Stadt ja so erfolgreich beim reduzieren des Auroverkehrs in der Innenstadt wäre. Stimmt einfach nicht! Oder wenn bei der Gesamtschule (ich bin dafür!) schon vorab gesagt wird: So ist’s gescheit, wie Studien sagen! Das ist Suggestion pur.
Es fehlen Pro und Kontras, Fragen und Behauptungen vorab werden nicht neutral formuliert.

So funktioniert Demokratie nicht, Wiener SPÖ! Mit diesen Formulierungen hat die SPÖ ihren Respekt vor der Direkt-Demokratie bewiesen: Sie hat nämlich keinen! SO funktioniert Demokratie im 21. Jahrhundert nicht mehr. Partizipation schaut anders aus.

12 Gedanken zu „Volksbefragung der SPÖ Wien: Demokratie à la DDR“

  1. Zum Beitrag über Hausbesorger:
    Fakt ist, das Hausbesorgergesetz hätte per 01.07.200 nicht aufgehoben werden dürfen, sondern reformiert gehört. Das heißt, dass die damaligen Verantwortlichen Regierenden nicht wussten auf was sie sich da eingelassen haben. Diese leichtsinnige Entscheidung hatte zur Folge, dass die Hausbetreuungskosten ins unermessliche gestiegen sind. Abgesehen von der winterlichen Betreuung fehlt ein Ansprechpartner der wichtige Aufgaben im Haus zu übernehmen hat. Ein wichtiges Bindeglied ist, zwischen Mieter und Verwaltung uvm. Folgeschäden sind die Folge, die oft unentdeckt bleiben und enorme Kosten für die Mieter nach sich ziehen.

    Das Hausbesorgergesetz umfasste 3 wichtige Säulen, RWB-Reinigung, Wartung und Beaufsichtigung. Es war und ist der größte Fehler zu glauben, Miethäuser nur mit einer Säule des HBG betreuen zu können, nämlich mit der Reinigung.
    Firmen finden sich in den Häusern nicht zu recht, Fehlreparaturen sind die Folge, oftmalige Anfahrten durch Ident-Adressen und vieles mehr führt zu Kostenexplosionen. Durch die Aufsplitterung verschiedenster Aufgabengebiete, wie sie im Hausbesorgergesetz vereint waren, ist es den Mietern nicht mehr möglich einen Kostenvergleich herzustellen. Waschküchen, Aufzüge Grünflächenbetreuungen uvm sind ausgegliedert und werden von anderen Kostenstellen aufgewendet, die letztendlich der Mieter zu berappen hat.

    Zusammengefasst, ja zum Hausbesorger, aber auch ja zur Aufklärung der Bevölkerung.
    Denn eines darf nicht passieren, dass die Bevölkerung glaubt wieder einen Hausbesorger zu bekommen, aber dieser nichts mit dem jener Hausbesorger zu tun hat, den es vor der Abschaffung des HBG gegeben hatte. Der neue Hausbesorger unterliegt dem Arbeitszeitgesetz und kann nur durch einen Kollektivvertrag geregelt werden. Er wird 40 Stunden in der Woche anwesend sein und darüber hinaus werden „Notdienste“ beschäftigt werden, wobei die winterliche Betreuung noch offen ist.

    Im Gemeindebau-Bereichen wird die Wiener Wohnen GmbH. weiterhin bestehen bleiben und die „neuen HB“, wenn es zu diesen kommt, aus dem Verwaltungsbereich ausgegliedert und der GmbH. als Dienstgeber unterstellt werden.

    „ein guter Hausbesorger kann durch nichts ersetzt werden“

  2. Zum Beitrag über Hausbesorger:
    Fakt ist, das Hausbesorgergesetz hätte per 01.07.200 nicht aufgehoben werden dürfen, sondern reformiert gehört. Das heißt, dass die damaligen Verantwortlichen Regierenden nicht wussten auf was sie sich da eingelassen haben. Diese leichtsinnige Entscheidung hatte zur Folge, dass die Hausbetreuungskosten ins unermessliche gestiegen sind. Abgesehen von der winterlichen Betreuung fehlt ein Ansprechpartner der wichtige Aufgaben im Haus zu übernehmen hat. Ein wichtiges Bindeglied ist, zwischen Mieter und Verwaltung uvm. Folgeschäden sind die Folge, die oft unentdeckt bleiben und enorme Kosten für die Mieter nach sich ziehen.

    Das Hausbesorgergesetz umfasste 3 wichtige Säulen, RWB-Reinigung, Wartung und Beaufsichtigung. Es war und ist der größte Fehler zu glauben, Miethäuser nur mit einer Säule des HBG betreuen zu können, nämlich mit der Reinigung.
    Firmen finden sich in den Häusern nicht zu recht, Fehlreparaturen sind die Folge, oftmalige Anfahrten durch Ident-Adressen und vieles mehr führt zu Kostenexplosionen. Durch die Aufsplitterung verschiedenster Aufgabengebiete, wie sie im Hausbesorgergesetz vereint waren, ist es den Mietern nicht mehr möglich einen Kostenvergleich herzustellen. Waschküchen, Aufzüge Grünflächenbetreuungen uvm sind ausgegliedert und werden von anderen Kostenstellen aufgewendet, die letztendlich der Mieter zu berappen hat.

    Zusammengefasst, ja zum Hausbesorger, aber auch ja zur Aufklärung der Bevölkerung.
    Denn eines darf nicht passieren, dass die Bevölkerung glaubt wieder einen Hausbesorger zu bekommen, aber dieser nichts mit dem jener Hausbesorger zu tun hat, den es vor der Abschaffung des HBG gegeben hatte. Der neue Hausbesorger unterliegt dem Arbeitszeitgesetz und kann nur durch einen Kollektivvertrag geregelt werden. Er wird 40 Stunden in der Woche anwesend sein und darüber hinaus werden „Notdienste“ beschäftigt werden, wobei die winterliche Betreuung noch offen ist.

    Im Gemeindebau-Bereichen wird die Wiener Wohnen GmbH. weiterhin bestehen bleiben und die „neuen HB“, wenn es zu diesen kommt, aus dem Verwaltungsbereich ausgegliedert und der GmbH. als Dienstgeber unterstellt werden.

    „ein guter Hausbesorger kann durch nichts ersetzt werden“

  3. Es reizt einen direkt gegen die eigene Ãœberzeugung grundsätzlich gegen die suggerierte Meinung zu stimmen. Unglaublich! Aber es ist auch sehr entlarvend, was die SPÖ von den Wählen hält.

    Andererseits: wenn ich mir anschau, wie viele die FPÖ wählen, muss ich mich auch zusammenreissen, deren Wähler ernst zu nehmen…

  4. Es reizt einen direkt gegen die eigene Überzeugung grundsätzlich gegen die suggerierte Meinung zu stimmen. Unglaublich! Aber es ist auch sehr entlarvend, was die SPÖ von den Wählen hält.

    Andererseits: wenn ich mir anschau, wie viele die FPÖ wählen, muss ich mich auch zusammenreissen, deren Wähler ernst zu nehmen…

  5. Ich wusst nicht viel über die Befragung – bis Post kam.
    "Ärgerlich" ist eine Untertreibung, die Suggestivformulierungen sind eine Frechheit!
    Wie schaut das moderne Berufsbild eines Hausbesorgers bei der SPÖ aus? Ganztagsschule ja, aber so gefragt ist das Ergebnis uninteressant!
    Citymaut – klar, die bisherigen Maßnahmen sind bestenfalls ein Anfang – was will die SPÖ mit der Frage?
    5 Mio für die Nacht-U klingt nach viel – aber wieviel ist das im Vergleich zum regulären Betrieb – und wie soll der Nachtbetrieb aussehen, um diesen Betrag?
    Wie definiert die SPÖ "Kampfhunde"? Schon alleine die Verwendung dieses negativ konnotierten Begriffes zu einem stark emotionalisierten Thema gießt nur Öl ins Feuer und ist nicht kontruktiv.

  6. Ich wusst nicht viel über die Befragung – bis Post kam.
    "Ärgerlich" ist eine Untertreibung, die Suggestivformulierungen sind eine Frechheit!
    Wie schaut das moderne Berufsbild eines Hausbesorgers bei der SPÖ aus? Ganztagsschule ja, aber so gefragt ist das Ergebnis uninteressant!
    Citymaut – klar, die bisherigen Maßnahmen sind bestenfalls ein Anfang – was will die SPÖ mit der Frage?
    5 Mio für die Nacht-U klingt nach viel – aber wieviel ist das im Vergleich zum regulären Betrieb – und wie soll der Nachtbetrieb aussehen, um diesen Betrag?
    Wie definiert die SPÖ "Kampfhunde"? Schon alleine die Verwendung dieses negativ konnotierten Begriffes zu einem stark emotionalisierten Thema gießt nur Öl ins Feuer und ist nicht kontruktiv.

  7. PPS: Detail am Rande: Ich war sehr müde als ich den Brief mit dem Stimmzettel öffnete. Mein erster Gedanke zum Wahlvorgang selbst: Ist das wirklich so kompliziert wie es sich darstellt? Muss das so sein?
    Aber vielleicht gehts nur mir so …

  8. PPS: Detail am Rande: Ich war sehr müde als ich den Brief mit dem Stimmzettel öffnete. Mein erster Gedanke zum Wahlvorgang selbst: Ist das wirklich so kompliziert wie es sich darstellt? Muss das so sein?
    Aber vielleicht gehts nur mir so …

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