Vor einigen Tagen meinte Kurt Krickler in einer Aussendung der HOSI Wien zum Thema Jörg Haider:
„Gerade das Beispiel Jörg Haider zeigt anschaulich, dass es nicht relevant ist, ob ein/e Politiker/in offen homosexuell ist oder die eigene sexuelle Orientierung diskret lebt, sondern viel wichtiger ist, wofür er oder sie politisch steht und eintritt.“
Des weiteren wird in der Aussendung darauf hingewiesen, dass offen lesbisch-schwule Kandidat_innen keine Rolle spielen würden, käme es doch auf die Politik selbst drauf an.
Das ist nicht ganz falsch. Nur ist es auch nicht ganz richtig. Ich glaube nämlich nicht nur an die politische Repräsentanz der Bevölkerung in seinen Volksvertretungen, ich halte sie für sehr notwendig! Würde man diesen Gedanken nämlich weiterspinnen, müsste man annehmen, dass auch ein zu 100{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} mit Männern besetztes Parlament effektive Frauenpolitik machen könnte, oder Migrant_innen keine politische Vertretung brauche. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, dass viele Menschen in den demokratischen Gremien vertreten sind, die die Vielfalt einer Bevölkerung auch widerspiegeln und dem entsprechende Lebenserfahrungen mitnehmen: Frauen und Männer, Arbeitnehmer_innen und Arbeitgeber_innen und eben auch Heterosexuelle und Homosexuelle.
Ich stelle den Aussagen der HOSI Wien einen Satz gegenüber, den mir ein SPÖ-Kollege im Wiener Gemeinderat vor einigen Monaten mal sagte:
„Seit du im Gemeinderat sitzt, hat sich die Anzahl homophober Äußerungen deutlich reduziert.“
Seit die offen lesbisch lebende Grün-Politikerin Ulrike Lunacek 1999 in den Nationalrat eingezogen ist, hat sich in Österreich einiges geändert. Die 90-er Jahre waren ja so etwas wie der Durchbruch lesbisch-schwuler Politik in den Themen-Mainstream. So fand etwa die erste Regenbogenparade 1996 statt. In der Politik dauert das zwar alles furchtbar lange (so ist vor allem die ÖVP heute noch nicht mal in den 90-er Jahren des 20. Jahrhunderts angelangt) aber man kann zurecht sagen: Es hat sich was getan.
Lesbischsein oder Schwulsein reiche nicht für die Politik, meint die HOSI Wien unter anderem, ebenfalls in besagter Aussendung. Das stimmt. Als ich 2005 erstmals für den Wiener Gemeinderat kandidierte, sagte ich im Falter: Schwulsein ist nicht abendfüllend! Der Satz stimmt heute auch noch. Natürlich reicht es nicht, ob man schwul oder lesbisch ist, um gute Politik zu machen. Es reicht nicht einmal um gute queere Politik zu machen. Aber es ist sehr hilfreich, wenn man Politik leidenschaftlich macht! Und für notwendig halte ich es auch. Man braucht einfach gute Politiker_innen. Und wenn davon einige offen lesbisch oder schwul sind: Umso besser!
Zwei Beispiele aus dem politischen Alltag:
Als sich mehrere Lokalwirte und -wirtinnen aus der lesbisch-schwulen Community bei mir meldeten, dass sie immer wieder Schwierigkeiten mit der Polizei hätten, kontaktierte ich sofort den Landeskommandanten General Karl Mahrer. Daraufhin saßen wir in mehreren Runden zusammen und die Polizei überprüfte einige fragwürdige Vorgänge. Danach entwickelten wir – in Kooperation mit den Gay Cops Austria – Maßnahmen. Als ersten Schritt, gibt es jetzt überall Flyer und Plakate in allen Wachstuben und in der lesbisch-schwulen Community. Diese Sensibilisierungs-Maßnahme geschah, weil es jemanden im Gemeinderat gab, den die Wirt_innen kannten und der die Lokale auch gut kennt.
Als im Laufe dieses Jahres Eingetragene Partner und Partnerinnen im Wiener Landesgesetz gleichgestellt werden sollten, kontaktierte mich die SPÖ bzw. das Büro von Stadträtin Sandra Frauenberger. Ihnen war es wichtig, dass wir mitgehen. So konnten wir viele wichtige Aspekte wie den „Familienbegriff“ und übersehene Gesetze hineinverhandeln (siehe diesen Blogbeitrag). Die Kooperation mit der Stadtregierung und dem Büro Frauenberger verlief hervorragend. Es ist halt auch für eine regierende Partei nicht besonders gut, wenn sie im lesbisch-schwulen Bereich etwas beschließen möchte, und der einzige Schwule im Gemeinderat wäre dagegen. Meine Zustimmung ist da schon was wert.
Ich – als offen schwuler Politiker – kann also auch aus der Oppositionsrolle heraus viel erreichen. Wobei: Regieren wäre mir natürlich noch lieber.
Im Wahlkampf ist es natürlich ganz lustig zu erzählen, dass man der einziger offen schwul lebende Politiker im Wiener Gemeinderat und Landtag ist. Aber ganz ehrlich: Ich wünschte mir für die Alltagsarbeit innerhalb der Legislaturperioden, dass das nicht so wäre. Bedauerlicherweise hat die SPÖ wieder keine Lesben und Schwule auf wählbaren bzw. chancenreichen Stellen. Das würde viel erleichtern, weil wenn man die lesbische oder schwule Perspektive aus dem Alltag kennt, lässt sich’s einfacher politisieren und ich hätte einen Partner. Denn lesbisch-schwule Politiker_innen erkennen Notwendigkeiten anders und aus eigener Erfahrung und nicht „vom Hörensagen“.
Aber immerhin darf ich mich freuen, dass die Grünen mich nicht alleine aufstellen, und Jennifer Kickert mit mir kandidiert.
Vielleicht sollen sich manche Menschen, die Kricklers Meinung sind, und NGO-Vertreter_innen einfach noch einmal den Film Milk anschauen. In diesem Film geht es um das Wirken von Harvey Milk. Ein Vorbild – ganz bestimmt!
hey,
bin da definitiv ned deiner meinung, wenn politik funktionieren würde bräucht ma keine frauen, keine schwulen, keine lesben, keine farbigen, keine migranten __und Innen in der Politik. Aber das wär hald auch die offene gesellschaft und so… und naja, glaub mittlerweile weißt eh dass ich utopist bin 😀
bis zur utopie thumbs up für dich und alle anderen minderheiten dass es "bergauf" geht und wir alle schön langsam ins 30.jh kommen 🙂
lga
hey,
bin da definitiv ned deiner meinung, wenn politik funktionieren würde bräucht ma keine frauen, keine schwulen, keine lesben, keine farbigen, keine migranten __und Innen in der Politik. Aber das wär hald auch die offene gesellschaft und so… und naja, glaub mittlerweile weißt eh dass ich utopist bin 😀
bis zur utopie thumbs up für dich und alle anderen minderheiten dass es "bergauf" geht und wir alle schön langsam ins 30.jh kommen 🙂
lga
Du hast einmal irgendwo gesagt, Wir kämpfen für die eigene Abschaffung. Sio lange ist es noch notwendig und du und die Lunacek macht das sehr gut.
Du hast einmal irgendwo gesagt, Wir kämpfen für die eigene Abschaffung. Sio lange ist es noch notwendig und du und die Lunacek macht das sehr gut.
Ich finde, dass gerade das Ausgangsbeispiel Jörg Haider einige Ãœberlegungen zum Thema "offen schwuler Politiker" zulässt:
Es ist durchaus denkbar, dass seine Politik nach einem ernsthaften coming-out Prozess anders gewesen wäre.
Es ist auch denkbar, nein – sicher, dass seine Umwelt anders auf ihn reagiert hätte (was dann wieder andere Reaktionen von ihm hervorgerufen hätte).
Und: wenn man die FPÖ zur Zeit als Haider Parteiobmann war, mit der jetztigen FPÖ vergleicht, war sie damals nicht so offen homophob wie jetzt. (Sie hatte und hat andere Fehler, aber diesen einen damals eben nicht.)
Ich finde, dass gerade das Ausgangsbeispiel Jörg Haider einige Überlegungen zum Thema "offen schwuler Politiker" zulässt:
Es ist durchaus denkbar, dass seine Politik nach einem ernsthaften coming-out Prozess anders gewesen wäre.
Es ist auch denkbar, nein – sicher, dass seine Umwelt anders auf ihn reagiert hätte (was dann wieder andere Reaktionen von ihm hervorgerufen hätte).
Und: wenn man die FPÖ zur Zeit als Haider Parteiobmann war, mit der jetztigen FPÖ vergleicht, war sie damals nicht so offen homophob wie jetzt. (Sie hatte und hat andere Fehler, aber diesen einen damals eben nicht.)
Ich ärgere mich gerade maßlos! Ich bin so richtig zornig! Und zwar auf die Hosi. Wer lief 2008 durch die Szene und wollte unbedingt der erste offen schwule Nationalratsabgeordneter Österreichs werden? Wer schrieb das groß auf seinen Karten? Der Herr Hosi-Obmann Christian Högl, obwohl er eh total chancenlos platziert war, weil die SPÖ ihn für nix laufen ließ. Und jetzt hat er's nicht geschafft und plötzlich ist das alles gaaaaaanz unwichtig. Zufällig vor einer Wienwahl, bei der wieder mal nur die Grünen sichtbare und gut platzierte Kandidaten aufstellt. Diese Hosi Wien ist echt zum sch….
Ich ärgere mich gerade maßlos! Ich bin so richtig zornig! Und zwar auf die Hosi. Wer lief 2008 durch die Szene und wollte unbedingt der erste offen schwule Nationalratsabgeordneter Österreichs werden? Wer schrieb das groß auf seinen Karten? Der Herr Hosi-Obmann Christian Högl, obwohl er eh total chancenlos platziert war, weil die SPÖ ihn für nix laufen ließ. Und jetzt hat er's nicht geschafft und plötzlich ist das alles gaaaaaanz unwichtig. Zufällig vor einer Wienwahl, bei der wieder mal nur die Grünen sichtbare und gut platzierte Kandidaten aufstellt. Diese Hosi Wien ist echt zum sch….
PSL: Die sollen endlich ehrlich sein, und sich in SPÖsi Wien umbenennen!
PSL: Die sollen endlich ehrlich sein, und sich in SPÖsi Wien umbenennen!