Ein schwuler Pfarrgemeinderat und die Politik.

Ich stecke in einem Dilemma. Die Tatsache, dass ein in Eingetragener Partnerschaft lebender junger Mann trotz 80{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} Unterstützung in einem kleinen Dorf (ist ja eigentlich eh sensationell!) nicht Pfarrgemeinderat werden darf, emotionalisiert mich genauso wie Tausende andere auch. Ich finde die Argumente der römisch-katholischen Kirche schlichtweg zum Speiben.

Also fragen mich viele in meinem Umfeld – Lesben, Schwule, Grüne, Freund_innen – warum ich nichts dazu sagen würde? Immerhin wäre ich ja der einzige Vertreter lesbisch-schwuler Interessen im Parlament. Das stimmt natürlich.

Nur bin ich für eine strikte Trennung von Kirche und religiöse Institutionen auf der einen, und von Politik und Gesetzeswerdung auf der anderen Seite. Nahezu jedes mal, wenn ich irgendwo in eine Talkshow oder in eine Podiumsdiskussion hineinging, saß dort ein Kirchenvertreter, egal wer einlud. Eine Praxis, die mir immer schon auf die Nerven ging. Offensichtlich ist für viele gelernte Österreicher_innen die Ehe immer noch ein Sakrament, auch die am Standesamt. Was natürlich Blödsinn ist. Aber es steckt tief in den Köpfen drin.

Auf oben genannten Veranstaltungen habe ich immer dasselbe gesagt, etwa sinngemäß so:
„Danke Herr Bischof [oder wer auch immer da war], Ihre Meinung überrascht mich nicht. Es ist aber eine Meinung die ausschließlich Ihre kirchliche Ehe betrifft und nicht die staatliche Ehe, nichts mit der zivilrechtlichen Ehe zu tun hat. Der Staat muss ja Ehe-Möglichkeiten für alle schaffen. Für Katholik_innen, Muslim_innen, Jüd_innen, Atheist_innen, und die dürfen auch quer heiraten. Das ist eine Errungenschaft. Früher durfte nicht interkonfessionell geheiratet werden, manche Berufsgruppen hatten auch ein Eheverbot. Und ich arbeite gegen das letzte Eheverbot: Das der gleichgeschlechtlichen Ehe. Ihre Meinung ist daher für den Staat völlig irrelevant.“
Der junge Mann, der sich ehrenamtlich für seine Pfarre einsetzen will, hat meine volle Solidarität. Trotzdem – und das ist jetzt eine persönliche Meinung – überrascht mich, dass jetzt alle so überrascht sind, weil er nicht Pfarrgemeinderat werden kann, wie es derzeit zumindest aussieht. Die Haltung der katholischen Kirche zum Thema Homosexualität ist doch längst bekannt. Da nützen auch die beschwichtigenden Äußerungen nicht, die seit langem kommen: Man darf Homosexuelle nicht prinzipiell diskriminieren, auch für sie muss Platz in der Kirche sein, etc. Wenn ein Mann mit einem anderen Mann freiwillig Sex hat (Analsex, Oralsex und lauter so Sachen!) dann ist Schluss mit lustig für Kircheninstitutionen. Das wissen wir doch längst!

(Nur mit unfreiwilligen Sex und Missbrauch sowie Pädophilie scheint die Kirche jahrzehntelang weniger Probleme gehabt zu haben, aber dieses Thema würde jetzt den Blogbeitrag sprengen. Erwähnt werden musste das aber, weil die Sexualmoral der Kirche nie mit der Realität und der menschlichen Natur zusammen passte!)

Ausgelebte Homosexualität ist immer noch eine Sünde, so meines Wissens nach immer noch die offizielle Haltung der Kirche. Liberale Kräfte innerhalb der Kirche arbeiten dagegen und wollen eine weltoffenere Haltung, die real existierende Beziehungen und Lebensentwürfe – nicht nur Homosexualität, sondern auch Scheidungen und Wiederverheiratungen, uneheliche Kinder, Patchworkfamilien etc. – stärker berücksichtigen wollen. Quasi „entsündigen“ wollen. Soweit so gut. Nur das muss die Kirche bitte mit sich selbst ausmachen. Meine Unterstützung haben die liberalen Kräfte freilich, weil es auch auf die Gesellschaft an sich ausstrahlt.

Ich werde weiter für die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare eintreten. Und zwar der standesamtlichen! Ob die Kirche das auch mal mit ihrer Ehe machen wird, muss sie selbst entscheiden und sich mit ihren eigenen lesbischen und schwulen Schäfchen ausmachen. Aber das ist nicht Aufgabe der Politik. So sehe ich das jedenfalls.

Pfarrgemeinderat werden wollen ist eine ehrenamtliche Sache. Ich kann da als Politiker nichts machen. Die internen Wahlordnungen der Kirche muss sich die Kirche selbst ausmachen. Die öffentliche Debatte offenbart die Haltungen ohnehin eindrucksvoll. Und spricht für sich. Viele werden dem Pfarrgemeinderat, der keiner werden darf, vielleicht auch den Kirchenaustritt nahelegen. Und nicht die Kirche auffordern, ihn zu akzeptieren.

Was anderes wäre es allerdings, wenn es sich um einen Angestellten der Kirche handeln würde, etwa einem Sekretär, einem Hausmeister oder einem Dombau-Ingenieur, der aufgrund von Homosexualität seinen Job verliert. Dann würde meiner Meinung nach das Antidiskriminierungsgesetz zur Anwendung kommen müssen, die genau davor schützen soll. Kirchen sind aber mitunter davon ausgenommen. Hier wäre die Politik also dann sehr wohl gefragt – je nach dem zu welchem Urteil ein Gericht kommen würde. Noch gab es keine solche Verfahren.

Am Ende hat mich aber dann doch etwas – politisch! – beeindruckt: Dass in einer kleinen ländlichen Gemeinde namens Stützenhofen ein offen schwuler Mann 80{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} Unterstützung erhält wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. DAS freut mich auf jeden Fall und zeigt, dass wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel erreicht haben!

6 Gedanken zu „Ein schwuler Pfarrgemeinderat und die Politik.“

  1. Am besten an Deinem sinngemäßen Zitat gefällt mir das „Ihre Meinung ist daher für den Staat völlig irrelevant“. Es stimmt. Es ist völlig irrelevant, was die Kirche über staatliche Angelegenheiten denkt und ob es ihnen gefällt oder nicht. Das Problem ist leider nur, dass die Politik sich sehr wohl immer noch an der Kirche orientiert, wenn es um bestimmte Dinge geht. Und das sollte endlich aufhören!

  2. Am besten an Deinem sinngemäßen Zitat gefällt mir das „Ihre Meinung ist daher für den Staat völlig irrelevant“. Es stimmt. Es ist völlig irrelevant, was die Kirche über staatliche Angelegenheiten denkt und ob es ihnen gefällt oder nicht. Das Problem ist leider nur, dass die Politik sich sehr wohl immer noch an der Kirche orientiert, wenn es um bestimmte Dinge geht. Und das sollte endlich aufhören!

  3. Spannende Debatte. Ich seh das etwas anders. Trennung von Kirche und Staat heißt organisatorische Entflechtung, keine Kirchenprivilegien, Gleichberechtigung der Religionen. Nicht aber der Verzicht wechselseitiger gesellschaftspolitischer Auseinandersetzung. Trennung von Kirche und Staat heißt, dass man der Kirche staatlich nicht vorgibt, dass Schwule Pfarrgemeinderäte werden können müssen, aber nicht, dass man zu Diskriminierung schweigt. In einer Demokratie wird man Religionsgemeinschaften nicht verbieten können sich auch zu nichtreligiösen Themen (zB Flüchtlinge, aber auch Familie) zu äußern. Die Position darf nur nicht privilegiert behandelt werden. In letzter Konsequenz heißt ein Verzicht die Diskriminierung zu benennen, dass man einseitig auf die gesellschaftspoltische Auseindersetzung mit der Kirche verzichtet. In einer Demokratie ist das zu viel verlangt …

  4. Spannende Debatte. Ich seh das etwas anders. Trennung von Kirche und Staat heißt organisatorische Entflechtung, keine Kirchenprivilegien, Gleichberechtigung der Religionen. Nicht aber der Verzicht wechselseitiger gesellschaftspolitischer Auseinandersetzung. Trennung von Kirche und Staat heißt, dass man der Kirche staatlich nicht vorgibt, dass Schwule Pfarrgemeinderäte werden können müssen, aber nicht, dass man zu Diskriminierung schweigt. In einer Demokratie wird man Religionsgemeinschaften nicht verbieten können sich auch zu nichtreligiösen Themen (zB Flüchtlinge, aber auch Familie) zu äußern. Die Position darf nur nicht privilegiert behandelt werden. In letzter Konsequenz heißt ein Verzicht die Diskriminierung zu benennen, dass man einseitig auf die gesellschaftspoltische Auseindersetzung mit der Kirche verzichtet. In einer Demokratie ist das zu viel verlangt …

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