Botschaften der Parteien im Wiener Wahlkampf

Bei diversen Workshops zur politischen Kommunikation werde ich oft gefragt, welche Botschaften welche Parteien denn nun haben. Ich finde das erstaunlich, weil sie ja klar und deutlich auf den Plakaten stehen oder in Videos wahrzunehmen sind. Ebenso in den TV-Debatten sind sie durch die dauernde Wiederholung wahrzunehmen. Aber aus irgendeinem Grund nehmen erstaunlich viele Leute die Hauptbotschaften nur unbewusst wahr. Wie so oft in der Werbung.

Diese Hauptbotschaften werden in Zeiten entwickelt, wo die langfristige Erzählung eingebaut wird. Aktuelle Ereignisse sind in Wahlkampagnen nur sehr schwer einzubauen. Diese entscheiden aber das „Momentum“, also die dominierenden Themen und Ereignisse in den letzten Wochen. Die dramatischer als erwarteten Zunahmen der COVID-19.Infektionen spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Aber schauen wir uns diese Botschaften und das Momentum mal an.

SPÖ

Botschaft: Bei uns bist du in sicheren Händen.

Erzählung und Momentum: War die SPÖ noch im Sommer eine sehr aufgeregte Oppositionspartei, die sich gerne empörte, ist sie seit dem Spätsommer gerne wieder die ruhige Kraft, die weiß was man zu tun hat. Denn seit dem gehört die Bühne Michael Ludwig. Hacker durfte noch die Drecksarbeit erledigen. Aber nun steht der Bürgermeister am Steuer. Der weiß wohin er will und bewahrt die Ruhe. Bei zunehmender Angst vor Verlust von Jobs, schlechten Wirtschaftszahlen und steigenden Infektionen, dürfte diese Botschaft gut funktionieren.

FPÖ

Botschaft: Coronamaßnahmen und Islam sind Wahnsinn

Erzählung und Momentum: Der Islam als Bedrohungsbild, vor der man Angst und Rassismus schürt, hat nicht ausgedient. Im Gegenteil, es ist das stabilisierende Element, dass die FPÖ braucht um überhaupt noch immer enger werdende enge Potenzial, also die Stammwähler*innen, zur Urne zu bringen. Man kann also nicht drauf verzichten. Spannender wird die aber das Bild beim widerstand gegen den so genannte „Corona-Wahnsinn“, Damit wollen sie Stimmen aus dem Eck der Coronaleugnung und Verschwörungsidelogie abholen. Das will jedoch ein gewisser Heinz-Christian Strache aus. Der Frust könnte aber mehr Zuspruch erwirken, als erwartet.

DIE GRÜNEN

Botschaft: Klimawahl ist jetzt und kann nicht auf morgen warten

Erzählung und Momentum: Die Klimakrise ist trotz Coronakrise medial präsent und eine Umfrage hat neulich gezeigt, dass sie besonders bei der Jugend Thema Nummer eins blieb. Die Grünen brauchen das Klimathema naturgemäß als „ihr“ Thema. In einem urbanen Wahlkampf kann man dieses Thema gut mit Straßengestaltung, öffentlicher Raum und grünen Oasen verknüpfen. Und dies geschieht auch – etwa durch zahlreiche Renderings. Bei zunehmender Krisenstimmung neigen Wechselwähler*innen aber oft gerne zum Landesvater. Daher ist die Mobilisierung bei den jungen Wähler*innen sehr entscheidend. Vorteil: Diese wollen den Klimaschutz umgesetzt sehen, und dafür braucht es Regierung und nicht rotgrün. Folgerichtig wird das rotschwarze Betonieren als Bedrohung erzählt.

ÖVP

Botschaft: Wien funktioniert nicht gut.

Erzählung und Momentum: Wien als Schreckgespenst. Kann das funktionieren, wenn man ebendort kandidiert? Die Idee kam wohl vom Bund, die das „rotgrüne Wien“ gerne als Gegenentwurf zu den blühenden schwarzen Bundesländern darstellen möchte, und diese Erzählung läuft schon so lange, dass man sie im Wien-Wahlkampf quasi nicht mehr aufgeben konnte. Doch irgendwie will man die Stadt „nach vorne“ bringen. Aber wohin? Die Erzählung der ÖVP, die in den letzten Jahren durch ihre durchgestylten und durcherzählten klaren Wahlkampfstrategien auftrumpfte, scheint nicht sagen zu können wohin sie genau will. Man gewinnt wohl durch die Strahlkraft des immer noch beliebten Bundeskanzlers, aber aus Kommunikationssicht war das kein besonders gelungener Wahlkampf.

NEOS

Botschaft: Weil’s nicht wurscht ist

Erzählung und Momentum: Vermutlich erhofften die Neos einen Wahlkampf, in der Kontrolle und Machtmissbrauch eine Rolle spielen. Das Problem: Das spielt keine Rolle. Also werden sehr viele Texte und sehr viele Botschaften mit dem Slogan verknüpft. Einige Menschen werden sich wohl angesprochen fühlen, aber es ist sehr viel Text und sehr viel Botschaft. Neos-Wähler*innen sind eher Anhänger*innen eines konstruktiven Haltung. Es wird spannend zu sein, ob diese Riesenmengen an Botschaften ankommen. Die einfachen „Enkelfit“-Sager findet man nicht mehr.

TEAM HEINZ-CHRISTIAN STRACHE

Botschaft: Ich bin der, den andere nicht wollen

Erzählung und Momentum: Da wollte er die Republik an dubiose Russinnen verscherbeln, österreichische Firmen wie die Strabag vernichten und er musste zurücktreten, aber alles egal. Die Partei ist eine One-Man-Show, Strache wird als Popstar inszeniert, den es geht nur um ihn. Täter-Opferumkehr. Es wird manchen gefallen. Ob ausreichend viele, wird man sehen. Thematisch bleibt die FPÖ dominanter.

Schreibe einen Kommentar