25 Jahre Grüne. Eine ganz persönliche Erinnerung.

Als die Grünen 1983 dann doch nicht ins Parlament kamen, war ich enttäuscht. Obwohl ich damals erst 3 Tage vor meinem 14. Geburtstag war. Politik begann mich zu interessieren und zufällig sprach ich mit dem Lehrer meines Vertrauens darüber. Das war in der Hauptschule Bad Ischl. Dieser war nämlich enttäuscht, dass die Grünen (er wählte vermutlich die VGÖ, es kandidierte auch eine zweite Grüne Liste namens ALÖ) den Einzug nicht schafften. Ich mochte diesen Lehrer immer sehr und vertraute ihn. Meine erste Sympathie für die Grünen in meinem Leben! Ich erinnere mich auch, dass meine Eltern nach dem Umzug nach Österreich immer sehr entsetzt waren, wie stark die neue Wahlheimat von Proporz durchzogen war. Dass die Entscheidung zu welchem Sportverein, zu welchem Automobilclub, zu welcher Rettungsorganisation usw. man auch immer ging, es auch eine Entscheidung war, ob man zu einer roten oder schwarzen Organisation ging. Für niederländische Zuwanderer schlicht unfassbar.

Über ein Jahr später prägten die Ereignisse in Hainburg auch mich. Ich sog die Berichterstattung förmlich auf. Mir gefiel, was die Besetzer und Besetzerinnen der Au da machten. Ich war noch zu jung um selber hinzufahren, meine Eltern hätten das wohl auch kaum gestattet – zumal ich in einer Religion aufwuchs, die etwa die Teilnahme an Wahlen ablehnte.

Noch prägender war dann aber das Jahr 1986 – ein Schlüsseljahr meiner politischen Biografie – , ein Jahr, das sich in 2 Wörter zusammen fassen lässt: Waldheim und Tschernobyl. NS-Geschichte war zwangsläufig in meiner Familie ein großes Thema. Mein Geburtsort wurde von den Nazis nahezu vernichtet und zahlreiche Männer aus dem Dorf kamen in KZs um. Die andere Hälfte der Familie kam aus dem von den Nazis völlig zerstörtem Rotterdam. Zeugen Jehovas, die Religion in der ich aufwuchs, wurde von den Nazis verfolgt. So etwas prägt. Wie dann rund um Waldheims Kandidatur hierzulande mit Österreichs NS-Geschichte umgegangen wurde, entsetzte uns alle. Die Atomkatastrophe von Tschernobyl traf das Salzkammergut besonders hart. Ich bekam klare Anweisungen was ich tun durfte und was ich nicht tun durfte. Ich sah nur eine Kraft, die in beiden Fällen das aussprach, was ich mir dachte. Und das waren die Grünen. Und die kamen ins Parlament. Und ich freute mich riesig.

Wahlberechtigt war ich aber auch die kommenden Jahre nicht, als ich dann bereits über 18 Jahre alt war. Ich blieb Niederländer, denn ich wartete verzweifelt darauf, dass auch Österreich endlich eine Doppelstaatsbürgerschaft einführt. Ich sah überhaupt nicht ein, dass ein Staat vorschreibt, welche Identität man hat und negiert, dass man auch mehrere Identitäten gleichzeitig haben kann in einer mobil gewordenen Welt. Und wieder waren es nur die Grünen, die dieses Problem thematisierten. Sie hatten meine volle Unterstützung, wenn auch nicht mittels Kreuzchen bei Wahlen. Und dann war noch die Sache mit der Homosexualität. Und es war eine Politikerin- ihr name: Terezija Stoisits – die ich diesbezüglich vertraute und die in meinem Sinne Gleichberechtigung forderte. Und freilich Heide Schmidt vom Liberalen Forum, was ich hier keineswegs verheimlichen möchte. Nebenbei wuchs 1986 Ausländerfeindlichkeit und Haiders FPÖ. Und natürlich war ich 1993 beim Lichtermeer dabei.

Dass ich dann – Jahre später – den Festakt „25 Jahre Grüne im Parlament“ einmal moderieren würde, konnte ich damals weder ahnen und auch nicht erträumen. Wie es dazu kam ist eh bekannt: 2001 bekam ich eine Email von Maria Vassilakou und den Grünen Andersrum (es leben die Newsletter!) mit der Frage: „Wer traut sich für mich zu arbeiten?“, ich bewarb mich, wurde Vassilakous Mitarbeiter, kandidierte 2005 für den Landtag und so weiter…

Nun wäre natürlich der Moment, in der ich über die kommenden 25 Jahre reden müsste, über die großen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft, über die Demokratiekrise und all die Krisen überhaupt. Über die Rolle, die Chancen und die Gefahren für die Grünen. Aber belassen wir es in diesem Blogbeitrag einmal beim Blick zurück.

Nur noch dies:

Immer wenn ich in Wahlkämpfen unterwegs war, und mich Menschen ansprachen, was ihnen an den Grünen denn so alles nicht passen würde um dann 1, 2 und manchmal 3 Punkte beispielhaft erwähnten, antwortet ich oft: „Ich bin Mandatar der Grünen. Glauben Sie, dass ich deshalb automatisch mit 100{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} der Grünen Positionen übereinstimme? Nein! Aber wenn mir die Herausforderungen der Zukunft wichtig sind – etwa in Klimafragen oder in der Bildungspolitik, wenn Menschenrechte für mich unteilbar sind, wen ich Europa als Friedens- und Demokratieprojekt begreife, was habe ich denn für eine andere Wahl? Eine Partei, die zu 100{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} meine persönlichen Positionen widerspiegelt, kann und wird es nie geben!“

Wofür ich den Grünen dankbar bin? Das, was mir wichtig ist und wofür ich mich einsetze, könnte ich nirgendwo anders tun. So einfach ist das.

Und Frust über die Grünen? Ja klar, habe ich auch immer wieder. Aber 25 Jahre ist ja im Grunde ja verdammt jung…