Jüdische Friedhöfe Währing und Hamburg-Altona im Bezirksmuseum Währing – Und eine Häupl-Anfrage

Gestern wurde die Ausstellung Orte der Erinnerung – Jüdische Friedhöfe Wien-Währing und Hamburg-Altona im Bezirksmuseum Währing eröffnet. Ich durfte gemeinsam mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Ariel Muzicant die Ausstellung auch mit einem Redebeitrag eröffnen.

Ich habe doch ein bisschen zur Verwirklichung dieser Ausstellung beitragen dürfen. Anfang dieses Jahres sammelte ich eine kleine Delegation – mit Historikerin Tina Walzer und dem Standard-Redakteur Peter Mayr – und wir flogen zu einem Lokalaugenschein nach Hamburg. DIE ZEIT hatte zuvor über die gelungene Renovierung des historischen jüdischen Friedhofs Altona in der Königsstraße berichtet. Wir wollten wissen, wie sie das in Hamburg gemacht und finanziert haben, da wir in Wien für den Erhalt und die Sanierung des Währinger Friedhof kämpfen. Außerdem wurde das Hamburger Areal auch für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und bekam ein BesucherInnen-Zentrum – etwas das wir uns für Währing auch wünschen würden.

In Hamburg trafen wir mit Irina von Jagow der Stiftung Denkmalpflege Hamburg sowie den faszinierenden Wissenschafter in vielen Wissenschaften – mit unglaubliche spannendem Lebenslauf – Michael Studemund-Halévy. Diese hatten bereits in Hamburg eine Ausstellung zum Altonaer Friedhof gestaltet. Nun konnten diese Objekte nach Wien gebracht werden und wurden mit ähnlichen Teppichen (so sind die „Tafel“ konzipiert) zum Währinger Friedhof kombiniert. Daraus entwickelt sich eine spannende Gegenüberstellung zweier einzigartiger Orte.

Unbedingt anschauen!
Orte der Erinnerung – Jüdische Friedhöfe Wien-Währing und Hamburg Altona
Bezirkmuseum Währing
Währinger Straße 124
MO 9:30 – 11:30 h
DO 18:00 – 20:00 h
SO 10:00 – 12:00 h
Eintritt: Freie Spende! 

 

Bei dieser gelegenheit möchte ich mich beim Museumleiter des BM Währing herzlich bedanken. Paul Katt setzt sich seit Jahren für den Währinger Friedhof ein und ist maßgeblich daran beteiligt, dass der Friedhof auch ins öffentliche Bewusstsein rücken konnte.

Die gestrige MÜNDLICHE ANFRAGE
Und noch etwas zum Jüdischen Friedhof Währing. Gestern habe ich im Landtag eine Mündliche Anfrage an Lhptm. Michael Häupl zum Beitrag Wiens zur Sanierung der Jüdischen Friedhöfe gestellt und anschließend eine Aussendung gemacht. Viele Menschen meinten nachher, ich sei möglicherweise etwas zu scharf gewesen und würde etwaige Verhandlungen erschweren.

Ich möchte hier festhalten, dass es überhaupt nicht meine Absicht war, scharf zu sein, aber angesichts der Antworten des Landeshauptmanns blieb mir bedauerlicherweise nichts anderes übrig, denn Antworten im Landtag SIND öffentlich.
Daher veröffentliche ich hier das vorläufige – noch nicht offizielle und korrigierte – Protokoll:

NOV 27 – 9.00 Uhr
…Wir kommen damit zur Fragestunde. Die 1. Frage wurde von Abg Marco Schreuder gestellt und ist den Herrn Landeshauptmann gerichtet. Bitte, Herr Landeshauptmann. 
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich verstehe Ihre Ungeduld, ich teile sie, ich habe sie auch. Es ist nur wahrscheinlich der Zeitpunkt, wenige Tage vor der Angelobung der neuen österreichischen Bundesregierung, einer, der mich zwingt dazu, Ihre Frage mit wirklich jener Klarheit auch zu beantworten, die Sie und ich auch erwarten würden. Nachdem ja meine Gespräche mit dem, jetzt kann ich die nächste Woche schon sagen, früheren Finanzminister, auch früheren Bundeskanzler, habe ich wiederholt hier berichtet, den die stellen Sie ja nicht zum ersten Mal diese Frage, Sie kennen auch das Ergebnis, das ich zutiefst bedaure, denn für mich ist Fakt, dass wenn man einen Vertrag unterschrieben hat, hat man ihn auch einzuhalten. Und das ist auch geklärt, das ist keine Rechtsfrage. Denn ich glaube, vor dem Hintergrund dessen, dass etwa bei der Frage der Restitution der Hakoah ganz dezidiert festgestellt wurde, dafür ist Wien verantwortlich und wir dies auch übererfüllt haben diesen Vertragsteil des Washington-Vertrages, ist es auch völlig klar, dass mit der Restaurierung und Erhaltung der jüdischen Friedhöfe auch klar die Republik Österreich gemeint ist und nicht die Gesamtheit aller Gebietskörperschaften. Ich werde daher unmittelbar nach der Angelobung der neuen Bundesregierung mit dem neuen Bundeskanzler und dem neuen Finanzminister Gespräche führen, dass diese leidige Nichtvertragserfüllung endlich erledigt wird, weil ich halte das für so unerträglich, wahrscheinlich wie Sie, die Republik ist hier in der Schuld und das ist zu begleichen.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die erste Zusatzfrage wird gestellt von Herrn Abg Schreuder. Bitte.
Abg Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Auch von mir einerseits einen guten Morgen! Wir haben ja mittlerweile das Regierungsübereinkommen gelesen und da steht ja auch drinnen, dass es eine gemeinsame Anstrengung mit Ländern und Gemeinden geben soll, um die jüdischen Friedhöfe zu retten. Meine Frage ist, man ist ja nicht ganz unvorbereitet und auch Sie haben schon einmal bei einer Anfrage, weil ich sehr beharrlich bin bei diesem Thema, gesagt, dass wenn der Bund tätig werden soll, dass auch das Land Wien tätig werden würde. Meine Frage ist: Mit welchen konkreten Maßnahmen oder mit welchem Anteil kann das Land Wien mitmachen.
Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter! Mit gar nichts. Denn erstens ist dies vertraglich völlig klar geregelt, hier ist die Republik Österreich in der Verpflichtung durch diesen Washington-Vertrag. Zum Zweiten darf ich Sie schon darauf hinweisen, dass jährlich die Kultusgemeinde über 370 000 EUR von der Stadt Wien bekommt zur Erhaltung der Friedhöfe. Und darf zum Dritten materielle Vorleistungen, wie etwa Baumschnitt, Friedhofspflege und ähnliches von der Stadt Wien geleistet wurde, zusätzlich zu dem Geld, das die Kultusgemeinde zur Erhaltung der Friedhöfe auch bekommen hat. Ich halte es, persönlich gesehen, wirklich für unerträglich, dass man sich versucht, aus dieser Verantwortung des Washington-Vertrages in diesem Detail davon zu stehlen. Ich verstehe es auch nicht, denn die Bundesländer haben sich gerade in der ganzen Frage der Restitution des Fonds der Zwangsarbeiter und den Kriegsgefangenen und natürlich auch in dem Gesamtfonds der Republik äußerst großzügig gezeigt. Ich habe selber Verhandlungen mit dem damaligen Bundeskanzler geführt und als er mich gebeten hat mitzuwirken, dass um 10 Millionen EUR dieser Fonds aufgestockt wird. Keine Sekunde eines Zögerns, jawohl haben wir hier auch mitgemacht. Ich kann und will nicht akzeptieren, dass wenn jemand beharrlich einen Vertrag nicht einhält, dann auch belohnt werden soll dafür. Das akzeptiere ich nicht.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Die zweite Zusatzfrage wurde gestellt von Abg Dr Wolf. Abg Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Landeshauptmann! Wir sind alle einer Meinung, dass die Situation unerträglich und dringend zu ändern ist. Sie haben soeben gesagt, Sie können und wollen nicht akzeptieren, dass der Bund hartnäckig nichts tut.  Was werden Sie tun, um Konsequenzen aus Ihrer Ansage, „ich kann und will das nicht akzeptieren“, zu ziehen.
Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter! Das habe ich vorhin schon gesagt, ja selbstverständlich werde ich unmittelbar nach der Angelobung der neuen Bundesregierung bei den ersten Gesprächsterminen sowohl mit dem neuen Bundeskanzler als auch mit dem neuen Finanzminister diese Thematik auf meiner Agenda habe des Gesprächs. Ich glaube, dass es auch vor allem für die Republik Österreich eher schandbar ist, dies so offen zu lassen und daher werde ich dies auch entsprechend einmahnen. Also ich kann das tun, was, denn ich hoffe, dass es jeder andere, der so denkt wie ich, in den Gesprächen auch tut.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Die vierte Zusatzfrage wird gestellt von Herrn Abg Schreuder. Ich ersuche darum.
Abg Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Es gibt ja sehr wohl auch eine Verantwortung der Stadt Wien in dem Zusammenhang, dass man auch in den fünfziger Jahren der Arthur-Schnitzler-Hof in Döbling auf dem Gelände des jüdischen Friedhofs errichtet worden ist seitens der Stadt Wien, obwohl die Historikerinnen und Historiker mir versichern, dass damals ausgemacht war, es würde Grünland bleiben. Und nach dem jüdischen Glauben ist ja auch das Errichten eines Bauwerkes auf einem Friedhof nicht wirklich das, was man Pietät nennen würde. Meine Frage: Können Sie sich vorstellen, dass die Mieteinnahmen des Arthur-Schnitzer-Hofes in die Restaurierung des jüdischen Friedhofes Währing gehen. Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Herr Landeshauptmann. Lhptm Dr Michael Häupl: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Und ich sage das noch einmal, auch durch die Hintertür oder sonst irgendwo. Es ist unnütz uns von irgendwelchen historischen Fehlern, auch wenn sie in der Nachkriegszeit passiert sind, freisprechen zu wollen. Aber es ist mit diesem Vertrag ganz glasklar festgelegt, wer was zu tun hat. Und wir haben die Verantwortung, die wir übernommen haben, wir haben das, dem wir zugestimmt haben auch bei diesem Vertrag, übererfüllt, übererfüllt, sowohl in der Einspeisung des Fonds als auch in der Mithilfe bei der Restitution und natürlich auch das, was wir übernommen haben im Zusammenhang mit der Hakoah und übererfüllt mit den Schulen, des Alterheimes des jüdischen und vieles andere, das wir dort mitfinanziert haben. Übererfüllt. Ich erwarte mir von Vertragspartnern, dass sie den Vertrag einhalten. Und daher gehe ich davon aus, dass die Republik Österreich diesen Teil, den sie übernommen hat und die Unterschrift des Bundskanzlers und des Finanzministers trägt, auch entsprechend erfüllt. Und auch durch die Hintertür werde ich hier nicht nachgeben. Es kann nicht sein, dass jemand, nur wenn er lange genug einen Vertrag nicht erfüllt, dann auch noch belohnt wird. Es tut mir Leid. Das halte ich nicht für möglich und das werden wir auch entsprechend einfordern. Es ist eine rechtliche und eine moralische Verpflichtung der Republik, das zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Es ist keine Absicht und auch kein Versuch der Änderung des Zahlensystems und Ziffernsystems zu ändern, wir kommen zurück zur dritten Zusatzfrage, Herr Abg Lasar, ich ersuche darum.
Abg David Lasar (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, Herr Präsident. Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Jetzt haben wir sehr viel natürlich schon zu diesem leidigen Thema gehört, dass bis heute noch nicht erfüllt ist, aber ich habe eine konkrete Frage: Sie als Landeshauptmann, welche Lösung wird es seitens des Landes Wien geben, dass der jüdische Währinger Friedhof, dieser Teil, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, ohne dieser jetzigen Hürden, die noch sind, wo man eine Erklärung unterschreiben muss, eine Haftungserklärung unterschreiben muss?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann!
Landeshauptmann Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter! Wir müssen schon auch ein gewisses Verständnis aufbringen für die Beamten der Stadt Wien, die natürlich haftbar gemacht wurden, wenn dort etwas passiert, ein Unfall. Und daher wird sich die … ändern, wenn dieser Friedhof entsprechend saniert ist und entsprechend hergerichtet ist, finanziert von der Republik Österreich. Wenn dies erfolgt ist, wenn daher die Gefahr nicht besteht, dass dort irgendetwas passieren kann, dann wird das selbstverständlich ebenso allgemein zugänglich sein, wie etwa der jüdische Friedhof in Prag. Wir werden kein Eintrittsgeld verlangen, wie beim jüdischen Friedhof in Prag, das sage ich auch gleich vorab dazu, … mit unterschiedlichen Eintrittsgeldern für Tschechen und für Nichttschechen, was ich auch für bemerkenswert halte. Aber wie dem auch immer sei. …. ganz ursächlicher Zusammenhang. Sanieren des Friedhofes, wenn er hergerichtet ist, dann kann man ihn auch ohne … betreten.
Präsident Prof Harry Kopietz: Bedanke mich.
Anmerkung dazu noch meinerseits: Es ist erstaunlich das Lhptm Häupl weiß, wie Eintritte oder Nicht-Eintritte zu organisieren wären. Außerdem ist es erstaunlich, dass er meint, Beamte der Stadt Wien wären eventuell haftbar. Das Grundstück befindet sich nämlich im Besitz der IKG Wien und nicht der Stadt Wien.
Foto: Ausstellungeröffnung im Bezirksmuseum Währing. Am Foto: Alexandra Pekarek (Währinger Grüne); Paul Katt (Museumsleiter Bezirksmuseum Währing), Tina Walzer (Historikerin), Christian Hlavac (Klubobmann der Grünen Döbling), Marco Schreuder (Gemeinderat), Robert Zöchling (Grüne Währing)