Wenn ein Außenminister österreichische Aktivist_innen bedroht.

Ende Februar gab der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi der Wiener Zeitung ein Interview (hier nachzulesen).

Thomas Seifert und Arian Faal stellten unter anderem diese Frage (auf Seite 2 zu finden):
Manche Gruppen kritisieren die österreichische Regierung dafür, dass sie iranische Regierungsvertreter empfängt. Sie sollten, so die Forderung, Teheran boykottieren. Was halten Sie von solchen Gruppen?
Und so antwortete der iranische Außenminister:
Sehen Sie, jede Gruppe hat das Recht, ihre eigenen Vorstellungen und Positionen zu haben. Was ich hier aber betonen möchte, ist, dass man bei seinen Entscheidungen immer Vorsicht und Weisheit walten lassen sollte. Sonst gerät man in Problemsituationen. Diejenigen, die nach Konflikten trachten, die werden zu keinem positiven Ergebnis kommen.
Mein Rat an diese Gruppen ist: Ihr mögt Eure Differenzen mit uns haben, Ihr mögt Eure Anschauungen haben, aber gleichzeitig raten wir Euch, etwas rationaler und vorsichtiger zu sein.
Sonst gerät man in Problemsituationen? Leider fragten die beiden Journalist_innen nicht weiter nach. Was für Problemsituationen denn?

Man mag zu den Sanktionsbefürworter_innen stehen wie man will (Ich tue es), aber auch diejenigen, die Sanktionen gegen den Iran keine gute Lösung finden, müssten hier doch aufschreien! Fakt: Ein Außenminister eines Staates bedroht politische Aktivist_innen eines anderen Landes, das er besucht. Und der österreichische Außenminister? Der begrüßt den Kollegen aus dem Iran und verliert kein Wort zu obigen Äußerungen.

Überhaupt hat sich kein österreichischer Politiker bis jetzt dazu geäußert. Damit dies nicht so bleibt, blogge ich diese Geschichte hier, denn ich will zumindest ein Politiker sein, der laut und deutlich sagt: Das geht nicht!

Man kann keinen Außenminister empfangen ohne obige Bedrohungen anzusprechen oder ernst zu nehmen. Wir reden ja auch nicht von einem gewöhnlichen Staatsbesuch eines gewöhnlichen Außenministers, sondern von einem Staat mit einem Regime, das Oppositionelle brutal verfolgt, Anhänger_innen der Bahai-Religion systematisch verfolgt, Homosexuelle umbringt, Frauenrechte ignoriert, Demonstrationen brutal niederknüppeln lässt – und wir reden von einem atomar aufrüstenden Regime, gegen das die EU Sanktionen beschlossen hat. Außerdem bedroht  Salehi keine Oppositionellen zuhause (schlimm genug), sondern bedroht Aktivist_innen des Landes, das er besucht. Wie diese Aktivist_innen von Stop The Bomb das Interview wahrnehmen, kann man in Simone Dinahs Hartmanns Reaktion nachlesen.

Sowas geht einfach nicht. Das kann man nicht ignorieren, Herr Spindelegger. Tun Sie was!

50 Jahre OPEC: Ausstieg aus Öl ist nicht nur ökologisch sinnvoll.

Im März dieses Jahres öffnete die neue OPEC-Zentrale in der Wiener Wipplingerstraße ihre Pforten. Im Jahr also, in der der 50. Geburtstag gefeiert wird. Vom 10. bis 14.9.1960 wurde die OPEC in Bagdad gegründet. Seit nunmehr 45 Jahren sitzt die OPEC in Wien, die Mietkosten von € 1,8 Mio. teilen sich übrigens die Stadt Wien und die Republik Österreich. Allerdings bringt die OPEC eine hohe Wertschöpfung für die Stadt. Würde es allerdings ein internationales Kartellrecht geben, dürfte die OPEC gar nicht existieren. Aber da es diesbezüglich kein Abkommen gibt, dürfen die Staaten, die etwa 77,5{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} der weltweiten Ölreserven kontrollieren, alles absprechen, was es abzusprechen gibt.Die OPEC ist allerdings mittlerweile kaum noch politisch, sondern nahezu ausschließlich ölpolitisch aktiv. Das politische Misstrauen der Mitgliedsstaaten untereinander ist groß. Die Geschehnisse nach dem Jom Kippur-Krieg 1973 gingen ebenfalls nicht spurlos an die OPEC vorbei. Bekanntlich boykottierten die OPEC-Länder westliche Länder und bestraften sie damit für die Unterstützung Israels. Daraufhin wurden Erdölfelder etwa in Alaska oder in der Nordsee erschlossen, die Macht der OPEC reduzierte sich. Politisch (abseits des Öls) ist sie seither selten geworden.Allerdings werden die Erdölreserven in den neu erschlossenen gebieten, aber auch in Russland, eher zu Ende gehen, als in den OPEC-Ländern, wie internationale Expert_innen immer wieder betonen. Die Bedeutung der OPEC wird also wieder zunehmen, so lange immer noch über 90{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} des weltweiten Transports ölgetrieben ist.Gleichzeitig erhöht sich der Ölbedarf in China um enorme Mengen. China versucht bereits bilaterale Abkommen mit erdölproduzierende Staaten abzuschließen, um die Ölversorgung zu gewährleisten. Im Visier dabei unter anderem Venezuela und der Iran. Nur zum Vergleich: 2000 importiere China Öl im Wert von 18,9 Mrd Dollar. 2007 waren es 99,2 Mrd Dollar, China ist bereits der größte Auto-Absatzmarkt. Energieagenturen schätzen, dass China die USA bereits abgelöst hätte und auf Platz 1 der Energieverbraucher aufgestiegen sei. In Indien sind ähnliche Entwicklungen in den nächsten 10 bis 15 Jahre zu erwarten.Der weltweite Ölhunger wird sich also steigern, während die Ölreserven zurück gehen werden.Es lohnt einen Blick auf die politischen Ereignisse der Mitgliedsländer, als auch der Kriege in denen sie verwickelt waren, zu werfen. Diese aufzuzählen würde hier allerdings den Rahmen sprengen. Der Nahe Osten ist aber oft genug in den Medien, es kann sich jede_r selbst ein Bild machen, auch wie und durch wen diese Staaten regiert werden, wie die Bevölkerung (nicht) profitiert, wie Menschenrechte behandelt werden, usw.Mitgliedsländer der OPEC sind:AlgerienAngolaLibyenNigeriaIrakIranKatarKuwaitSaudi-ArabienVereinigte Arabische EmirateEcuadorVenezuelaBesonders über Staaten wie den Iran, die Kriege im Irak oder das diplomatisch pro-westlich agierende Saudi-Arabien, das gleichzeitig ein immer strenger werdendes wahabitisches Schreckensregime geschaffen hat, ist immer wieder zu hören und zu lesen. Erdöl finanziert repressive Regime.Der Ausstieg aus Öl (und Gas) wird meistens ökologisch begründet. Und das durchaus zurecht. Aber eigentlich ist es ein Gebot der Stunde, außen- und wirtschaftspolitisch unabhängig von Öl zu werden.Ob man nun gegen Ahmadinejad demonstriert oder Saudi-Arabiens Kurs kritisiert, ob man die Irak-Kriege verurteilt oder ob die Öko-Katastrophe in Nigeria betroffen macht: Im Hintergrund ist es immer das Öl das regiert und diese Staaten auch bestimmt. Mehr Demokratie, Rechtsstaatlichkeit oder Aufklärung ist dabei keine Priorität dieser erdölproduzierenden Staaten. Nicht wenige Menschenrechtsorganisationen in den jeweiligen Ländern sehen das Übel im Öl. Leider wird das sehr oft vergessen. Wenn etwa gegen den Iran zurecht demonstriert wird, konzentriert man sich gerne auf das Schreckensregime, dem Diktator, der Protestbewegung, der Bedrohung Israels (Übrigens: Mich würde es nicht wundern, wenn die neuesten technologischen Entwicklungen aus Israel kommen werden, ist es wohl das Land, das – zumindest politisch – am meisten von einer ölunabhängigen Welt profitieren würde), oder anderen Facetten. Aber über all dem steht das Öl (und Gas). Und unsere Abhängigkeit von diesem Produkt.Aber was soll ein Wiener Kommunalpolitiker da schon anrichten?Nun, in Wien kann man ebenso beginnen, wie in vielen anderen Metropolen. Think global, act local ist nicht nur ein einfach so daher gesagter Satz, sondern tatsächlich mögliche und angewandte Politik. Wien kann in die Forschung investieren und erneuerbare Energien fördern, kann seine Neubauten anders bauen (Passivhäuser) und bei Sanierungen auf einen wesentlich geringeren Energieverbrauch wert legen, kann Ölheizungen in den Mistkübel der fossilen Geschichte werfen. Das rettet zwar vorerst weder eine brutal unterdrückte Frau im Iran, noch wird es den Klimawandel aufhalten. Aber irgendwo muss ja begonnen werden, nur nicht aufgeben! Ich würde gerne in einer Stadt leben, die international vorzeigt, wie es gehen kann. Und dafür arbeiten.Man könnte sich übrigens auch mal fragen, on man die 1,8 Mio. € Miete für die reichsten Öl-Staaten der Welt tatsächlich aus der Tasche des Wiener und österreichischen Steuerzahlers begleichen möchte. Aber ob diese Debatte jemals kommt?Zur weitergehenden Lektüre empfehle ich auf Christoph Chorherrs Blog zu stöbern, der viele Beiträge zum Thema verfasste, zum Beispiel hier.

Warum ich bei der Demonstration "Stoppt Ahmadinejad!" teilnehme.

Heute Nachmittag um 17 Uhr wird vor der Oper eine Demonstration unter dem Titel Stoppt Ahmadinejad stattfinden. Sie findet nicht nur in Wien, sondern zeitgleich auch in Paris, London und New York statt; dann wenn Ahmadinejad vor der UNO sprechen wird. Organisiert wird die Demo von Stop the Bomb. Die Grünen Andersrum Wien haben sich in einer Diskussion (die übrigens auf höchstem Niveau geführt wurde und in der sehr spannende und unterschiedliche Argumente fielen) schlussendlich dafür entschieden, die Demo zu unterstützen und mit aufzurufen. Das geschah übrigens nicht einstimmig. Ich werde daher heute um 17 Uhr auch einen Redebeitrag halten, in dem es – aufgrund meiner Rolle und aufgrund der Inhalte der Grünen Andersrum Wien – vor allem, aber nicht nur, um die schweren Menschenrechtsverletzungen im Iran geht und als Protest gegen die Holocaustleugnung des Wahlbetrügers Ahmadinejad. Lesben und Schwule werden im Iran nach wie vor verfolgt, gefoltert, gefangen und staatlich ermordet. Als vor einigen Jahren Bilder um die Welt gingen, die zwei zum Tode Verurteilte junge schwule Männer kurz vor der Exekution zeigten, wachte zumindest ein Teil der Weltgemeinschaft auf. Das Schrecken wurde sinnlich erfassbar. Das terroristische Mullah-Regime im Iran hat mittlerweile die Politik so umgestellt, dass Lesben und Schwule „diskret“ verfolgt werden, damit der „böse Westen“ nicht mitbekommt, welche schrecklichen Verfolgungen im Iran passieren. Hauptsache keine Bilder, die um die Welt gehen. Getötet wird hinter verschlossenen Türen (was absurderweise der Scharia widerspricht, da eine Öffentlichkeit bei Exekutionen als Abschreckung für Scharia-Fundis notwendig ist).
Wegen oben genanntes machen die Grünen Andersrum Wien – und auch ich – bei dieser Demonstration mit!
Wenn Stop the Bomb (dessen Petition ich unterschrieben habe) eine Demonstration, eine Kundgebung, eine Diskussionsveranstaltung oder dergleichen organisiert, stoße ich immer wieder auf Kritik und Widerstand von den unterschiedlichsten Seiten. Die Kritik richtet sich allerdings zumeist nicht auf die Petitionen oder die Inhalte der Veranstaltungen, sondern um Haltungen, Meinungen und Inhalte „die dahinter stehen“, wie es meistens heißt.

Da es offensichtlich notwendig ist, hier eine Haltung klarzustellen: Nein, ich halte nichts von einer Siedlungspolitik, die eine Friedenslösung gefährdet. Nein, ich glaube nicht, dass ein Präventivschlag – geschweige denn ein atomarer Schlag – gegen den Iran für Frieden sorgen wird. Im Gegenteil. Sollten heute Abend einige Menschen oder Organisationen diese Meinungen vertreten, so sind das nicht meine oder die der Grünen Andersrum Wien.
Aber:
Wenn in Österreich über den Iran geredet wird, kommt unweigerlich und schnell das Gespräch auch auf Israel. Das ist in vielen Ländern so. Das weiß auch Ahmadinejad. Auch deshalb leugnet der den Holocaust auf perfideste Weise und bedroht den Staat Israel. Er missbraucht UNO-Veranstaltungen, wie etwa eine so genannten Anti-Rassismus-Konferenz, um seine antisemitischen Tiraden in die Weltöffentlichkeit zu verbreiten. Deshalb ist die heutige Demo eine gegen diese grauenhafte Politik gerichtete. Natürlich muss hinzugefügt werden, dass Verfolgungen und Ermordungen von Lesben und Schwulen auch in anderen Ländern stattfinden, das sollte nie vergessen werden! Todesstrafen auf Homosexualität gibt es nicht nur im Iran, sondern auch in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Mauretanien, Jemen, Nord-Sudan und Nord-Nigeria. Von anderen Menschenrechtsverletzungen in vielen Staaten ganz zu schweigen, die hier den Rahmen sprengen würden.

In Israel hingegen – einem Staat, in dem Opposition, Redefreiheit, NGOs, Pluralismus und demokratische Standards gewährleistet sind (und auch nicht perfekt sind, wie in keinem Staat der Erde) – können sich Lesben und Schwule auf ein Antidiskriminierungsgesetz berufen oder werden im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen anerkannt. Das ist noch nicht das, was man sich als Aktivist für Menschenrechte wünschen würde, aber die Diskussion über die Gleichstellung von lesbischen und schwulen Partner_innenschaften geschieht auch in vielen Staaten der westlichen Welt erst jetzt. Man denke nur an Österreich, wo die rechtliche Gleichstellung noch hinter Israel liegt und (dank ÖVP, FPÖ und Katholizismus) äußerst mühsam verläuft.

Zum Teil liegt so manche Kritik gegen Veranstaltungen wie die heutige Demo aber auch am immer noch weit verbreiteten Antisemitismus, an einer in Österreich immer noch weit verbreiteten Ansicht, die Israel (meist unter vorgehaltener Hand) das Existenzrecht absprechen möchte. Österreich hat gegenüber Israel immer eine ambivalente Haltung eingenommen. Das ist das Kernproblem. Ein Bekenntnis zum jüdischen Staat, eine Solidarität mit dem Staat, der von unzähligen Flüchtlingen mit gegründet wurde, die Österreich und dem Nazi-Terror entfliehen mussten und unzählige Angehörige im Holocaust verloren haben, wäre dringend notwendig. Denn ein Bekenntnis zu Israel (und damit auch zur eigenen historischen Verantwortung) würden konstruktive Gespräche – und ja: auch Kritik über manche Handlungen Israels – erst ermöglichen. Was passiert aber in Österreich? Wenn es im Nahen Osten kracht, wird meist zuallererst und groß Israel erwähnt. Die Raketen und Menschenrechtsverletzungen der Hamas werden höchstens in einem Nebensatz erwähnt, wenn überhaupt. Leider eine häufige journalistische Vorgehensweise in Österreich. Israel ist eine Demokratie, und Demokratie muss sich immer wieder neu definieren und braucht Diskussion, Debatte, Kritik, Presse, Meinungsfreiheit und Wahlen. In Israel ist das auch möglich, innerhalb der Hamas nicht. Im Iran muss die Opposition unter großer Gefahr auf die Straße gehen, weil sie keine andere Möglichkeit mehr sieht für einen freien Iran zu kämpfen.

Wie man schlussendlich außenpolitisch mit den Regimen umgeht, die Lesben und Schwule verfolgen und ermorden, ist und bleibt eine Dilemma-Frage. So werden viele darauf pochen, dass Dialog nicht abgebrochen werden darf, um zumindest noch den Hauch einer Chance auf Veränderung zu gewährleisten und Zusammenarbeit auch dazu beitragen soll, die Beseitigung von Missständen zu ermöglichen. Andere wiederum werden behaupten, nur eine harte Isolationspolitik und ein klarer diplomatischer und politischer Bruch mit Diktatoren und Fundamentalist_innen führt zum Erfolg. Die einen werden als „Weicheier“ oder „Appeasement-Politiker“ dargestellt, während die anderen als „Hardliner“ und „Fanatiker“ bezeichnet werden. Hier muss eine ernsthafte und ergebnisorientierte Diskussion überhaupt erst beginnen – vor allem auch innerhalb der globalen Lesben- und Schwulencommunity. Derweil werde ich Ahamdinejad auch auf der Straße mitteilen, dass seine menschenfeindliche Politik inakzeptabel ist. Denn darum und um nichts anderes geht es heute. Um 17 Uhr vor der Oper.

LINK:
Alexander van der Bellen, außenpolitischer Sprecher der Grünen, zu Ahmadinejad und der deutigen Demo.

Ahmadinejad: We don't have homosexuals in Iran

60 Jahre Menschenrechte – Teil 6:Der Iran gehört zu den Ländern die Homosexuelle am schlimmsten verfolgt, tötet und diskriminiert. Die Bilder erhängter Jugendlicher sind immer noch im Bewusstsein einer weltweiten Community und schockten viele Menschen.Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinejad war vor kurzem in den USA und sprach in Columbia auch über Lesben und Schwule. Seine Schlussfolgerung: Im Iran gibt es keine Homosexuellen! Ein Schlag in die Magengrube von Menschen, die iranischen Lesben, Schwulen und TransGenders geholfen haben, Asyl zu erhalten. So auch ich…