Ich kandidiere ab Platz 17

In Wien stehen wieder Listenwahlen an. Auch ich stehe bei den Kandidatinnen und Kandidaten dabei. Natürlich haben mich viele innerhalb (und noch mehr außerhalb) der Grünen gefragt, was ich beabsichtige, was meine Ziele sind, wohin ich will, etc. Meine Kandidatur und der Text dazu ist HIER nachzulesen.

Nun, ich will Bundesrat bleiben. Das ist mein Ziel.

In den letzten Jahren habe ich eine Veränderung in der politischen Wahrnehmung der Grünen wahrgenommen, die bewegender ist, als die meisten vemutlich glauben. Die Grünen haben durch die Regierungsbeteiligungen in vielen Bundesländern, auch in Wien, an Ansehen gewonnen. Wir werden als seriöse Verhandlungspartner und -partnerinnen wahrgenommen. Im Gegensatz zu früher, als man nahezu ausschließlich oppositionell und medial fordern konnte, Anträge stellen konnte, die dann in einem Ausschuss vertagt wurden um dann irgendwo zu verstauben, sind wir jetzt eben eine Bewegung, mit der man ernsthaft an Lösungen arbeiten kann – bei aller Unterschiedlichkeit, bei allen Auseinandersetzungen, bei allen Verwerfungen, die freilich auch noch da sind.

Im Parlamentsklub habe ich die wunderbare Möglichkeit bekommen, als LGBTIQ- und netzpolitischer Sprecher weit über den Bundesrat hinaus aktiv sein zu können.

Die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen befindet sich in einem Art Endspurt. Dies möchte ich gern noch weiter betreuen und begleiten – und auch lästig dazwischen funken, wenn nötig. Ich würde es nach wie vor für ein fatales Signal halten, wenn das Parlament keine einzige offen dazu stehende Lesbe oder Schwulen hätte. Mit LGBTIs zu verhandeln ist doch etwas anderes, als über sie zu verhandeln.

Im Bereich Netzpolitik sind noch viel mehr Baustellen offen. Ob IT-Strategie in der Verwaltung, Netzneutralität, Datenschutz im digitalen Zeitalter oder Open Data bzw. Open Government: Es gibt noch viel zu tun.

Außerdem hat der Bundesrat, was nur wenige wissen, besonders in der EU-Gesetzgebung seit dem Lissabon-Vertrag viel Macht. Mittels Mitteilungen oder Subsidiariätsrügen kann der Bundesrat aktiv mitwirken. Und tatsächlich war der Bundesrat diesbezüglich die zweitfleißigste Kammer aller Parlamente in Europa.

Kurzum: Ich strebe keinen allzu wählbaren und sicheren Platz für die Gemeinderatswahl an, aber einsetzen werde ich mich schon gern im Bereich der Kampfmandate bzw. Nachrückpositionen. Aber: Ich möchte vor allem die Arbeit auf Bundesebene fortsetzen. Auch  wenn der Bundesrat nicht viele mediale und öffentliche Möglichkeiten bietet (außer man ist etwas verhaltensauffällig), habe ich doch versucht, das meiste rauszuholen, was geht. Das macht mir übrigens auch Spaß (auch kein unwesentlicher Faktor in der Politik: Die Motivation!)

Eine wichtige Motivation weiterzumachen war übrigens auch dieser Text, der im November online an mich adressiert war: http://www.twitlonger.com/show/n_1sibn7i

Ich weiß freilich, dass ich statutenbedingt nur eine 50:50 Chance habe, eine weitere Legislaturperiode im Bundesrat als Entsandter Wiens zu erreichen. Da die Grünen – zurecht, wie ich meine – Frauen in Funktionen fördern wollen, kann ich nur dann als Bundesrat (nach der Wien Wahl) kandidieren, wenn der nächste Rathausklub mehr Frauen als Männer hat. was ich natürlich sehr hoffe.

Meine Rede auf der Landesversammlung der Grünen Wien

Meine Rede auf der Landesversammlung der Grünen Wien. Ich wollte ja ursprünglich wesentlich mehr zur Kulturpolitik sagen, aber die Aktualität rund um das Partnerschaftsgesetz musste natürlich kommentiert werden. Im nächsten Jahr habe ich ja hoffentlich noch viele Gelegenheiten, dazu einiges kundzutun.

Persönliche Nachbetrachtung der Landesversammlung, den Grünen Vorwahlen und der Listenwahl.

Das war sie also: Die Landesversammlung der Grünen Wien mit der Listenwahl für die Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl 2010. Mit den unzähligen Diskussionen im Vorfeld – allem voran den Grünen Vorwahlen – war dies wohl die bemerkenswerteste und am besten organisierte Landesversammlung seit es die Grünen Wien gibt.
Erlaubt mir heute eine persönliche Nachbetrachtung (etwas textreich zugegeben) zu bloggen und dabei fünf Aspekte zu beleuchten. Manches, was da gestern passierte, ist mir noch nicht ganz nachvollziehbar, aber alles in allem – und das sei deutlich gesagt – ist es eine Liste, mit der die Grünen Wien selbstbewusst den Wiener Wahlkampf 2010 angehen können. Ich freue mich jedenfalls sehr darauf!
1. Zu meinem 14. Platz
Ich wollte diesen Punkt zuerst als letzten bloggen, aber natürlich ist mein eigener Platz auch meine egoistische Priorität. Also ehrlicherweise Erstens:
Ich bin enttäuscht, das gebe ich unumwunden zu. Zugleich war ich gestern freilich erleichtert, doch noch einen wählbaren Platz ergattert zu haben – nachdem ich den wohl längsten Tag meines Lebens erlebt habe und einen so genannten „Zittersieg“ errungen habe. Mit dem 14. Listenplatz liege ich auf haargenau denselben Platz wie 2005. Es müsste schon sehr blöd hergehen, dass sich das nicht ausginge.
Ich glaube aber selbstbewusst sagen zu dürfen einen vorderen Platz verdient gehabt zu haben. In den vergangenen vier Jahren konnte ich im Bereich der lesbisch-schwulen-transgender Gleichstellung unzählige Projekte starten (Unheilbar, Stonewall in Wien, homo:hetero um nur das heurige Jahr zu erwähnen), in der Kulturpolitik Themen groß rausbringen (Gewista-Monopol und der öffentliche Raum, Jüdische Friedhöfe um nur zwei zu nennen). Zudem ist es mir gelungen – neben der klassischen Politkommunikation über Massenmedien – Kommunikationsnetzwerke aufzubauen, die kontinuierlich Dialog, Austausch und somit auch Demokratie bedeuten. Ich war schon ein bissl stolz, als ich mich neulich im Datum auf den zweiten Platz der twitternden Web 2.0-Politiker_innen Österreichs fand…
Warum ich trotzdem nicht weiter vorne gereiht bin? Ich kann natürlich das tun, was am leichtesten fällt und die „Schuld“ bei Anderen suchen. Und ehrlich gesagt, liege ich da vermutlich auch nicht ganz falsch. Andererseits muss ich mir natürlich auch Gedanken machen, warum mir das passiert ist und werde meine eigene Arbeit wohl auch genauer analysieren müssen.
Trotzdem: Ich bin großer Anhänger der Parität. Ich weiß, dass das nicht von allen so gesehen wird. Ich halte es aber jetzt und für die nähere Zukunft noch immer für notwendig. Gleichzeitig wurde dies für mich gestern durchaus auch zum Verhängnis. Es gab vermutlich einige Grüne Gruppen, die gestern unbedingt „ihren“ Kandidaten (=Mann) hineinbringen wollten, und daher außer diesen nur Frauen wählten, damit kein anderen Mann Konkurrenz machen kann. Das ist ein Problem und dafür wäre eine Lösung im Wahlmodus erstrebenswert! Das bedeutet nämlich, dass das Pushen eines Kandidaten zulasten von anderen geht und thematische Vielfalt völlig in den Hintergrund gerät und persönliche Freundschaften und Netzwerke wichtiger sind. Was könnte man dagegen tun?
Die Auswirkungen davon waren gestern aber enorm. Ich war bei der Listenwahl der Plätze 5 bis 8 arschknapp dahinter. Bei der Wahl der Plätze 9 bis 12 lag ich im ersten Wahlgang noch klar auf Platz 2, im zweiten Wahlgang habe ich dann um nur 8 Pünktchen Platz 12 verpasst. Zwischen diesen Wahlgängen muss etwas passiert sein, das mir geschadet hat und – so wurde mir zumindest gesagt – ist irgendwo die Parole ausgegeben worden, jetzt bloß nicht „den Marco“ zu wählen. Oder wie es eine grüne Freundin mir per SMS heute mitteilte hatte das „nichts mit dir zu tun hat, Marco, denn deine Arbeit ist so enorm wichtig für die Grünen“. Ich hoffe, das stimmt. Eines stimmt aber sicher – und das sage ich vor allem den Menschen, die gestern nicht zur Landesversammlung kamen: Jede Stimme zählt! Das ist nicht nur so dahergesagt.
Als es dann im nächsten Wahlgang endlich soweit war und ich mit überwältigender Mehrheit auf Platz 14 landete (Platz 13 war ein Frauenplatz und ich freue mich irrsinnig für meine Freundin Jennifer Kickert), war Erleichterung zu spüren – nicht nur bei mir. Der Jubel, der aufbrauste, als ich die Wahl annahm, hat mich echt gerührt. Ich kann es schwer einschätzen, aber ich hatte den Eindruck, es war einer der lautesten Jubel des Abends…
Eine große Stütze (um das stundenlange Zittern, Hoffen und Bangen überhaupt auszuhalten) waren die Grünen Vorwähler und Vorwählerinnen! Dafür ein dickes Dankeschön. Ich meine übrigens nicht nur die Stimmen, die sicher auch aus diesen Reihen kamen, sondern die Tweets und Nachrichten, die ich zwischendurch lesen durfte. Wenn ich auf meinem iPhone jedesmal 20 bis 40 Erwähnungen fand, in denen ich entweder gelobt wurde oder eine Wahlempfehlung lesen durfte (sogar Aufrufe aus Deutschland), fand ich dann doch Bestätigung meiner Arbeit und vor allem: Hoffnung.
2. Trotz allem Erfolg der Grünen Vorwahlen
Die Grünen haben sich in den Diskussionen rund um Grüne Vorwahlen nicht mit Ruhm bekleckert und meine Unterstützung für das Projekt und die Enttäuschung darüber, wie damit seitens der Partei umgegangen wurde, ist hinlänglich bekannt. Daher werde ich das jetzt nicht wiederholen. Das demokratiepolitische Projekt Grüne Vorwahlen darf – ja muss! – trotz all dem als Erfolg verbucht werden. Oder wie Jana Herwig es in einem Tweet ausdrückte:

bin mittlerweile fast 2 Std. länger als gedacht bei #gruenelv – democracy is a virus! http://twitpic.com/pnkjc 
Das Engagement, mit denen die Vorwähler und Vorwählerinnen das Demokratieprojekt auch vor Ort auf der Landesversammlung voran trieben, war grandios. Hier begann erst etwas, das noch lange nicht zu Ende sein kann und sein darf! Wie knapp die Ergebnisse (nicht nur die von mir!) sind, zeigt ja, dass es auf jede Stimme ankommt.

Jetzt gilt es auch inhaltliche Partizipationsmodelle zu entwickeln, die sich öffnende und kommunizierende Demokratie weiter zu entwickeln. Denn diese Entwicklung darf nicht bei den Grünen anfangen und bei den Grünen auch gleich wieder enden, sondern sie kann ein Motor zur Neuentdeckung und -definition der Demokratie überhaupt sein.
Daher mein Appell: Unbedingt weitermachen! Unbedingt weiter Unterstützer_innen und Mitglieder sammeln! Es gibt auch Politik abseits von Listenwahlen. Und auch diese kommen schneller, als man denkt, so zum Beispiel bei der Wiener Liste zur nächsten Nationalratswahl, auch wenn sie jetzt noch zeitlich fern wirken mag.

3. Kulturpolitische Nachbetrachtung
Das Thema Kultur hat gestern keinen Verlust, aber einen Dämpfer erlitten. Es trat ja nicht nur ich mit einer kulturpolitischen Ansage an, sondern auch andere gute Kandidaten und Kandidatinnen. Eine Chance erhielten sie nicht, und so bin ich bin der einzige Kulturpolitiker auf einem wählbaren Platz.
Kultur spielte grünintern schon einmal eine größere Rolle. Ihr diese Rolle wieder zurück zu geben, wird eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre sein. Ich fürchte, die Grünen unterschätzen das Wähler_innen-Potenzial aus der Kultur total! Nicht, dass es ein primär wahlentscheidendes Thema wäre, aber ein Thema, dass enorm mobilisieren kann – und zwar viele Leute!
Wer in Wien unterwegs ist, weiß wie grünaffin die Kulturwelt ist. Dieses riesige Potenzial darf nicht unterschätzt werden.

4. Die Grünen Andersrum
Manche Grünehatten mir in Wahlgängen nicht die volle Punktezahl gegeben, da ich für sie „ohnehin sicher drinnen“ war. Um dann selbst etwas geschockt zu sein, als es bei Platz 12 noch immer nicht so weit war. Das ist ein äußerst verhängnisvoller Gedanke und hat vermutlich auch mit einer Fehleinschätzung der Stärke der Grünen Andersrum zu tun.
Meine „Homebase“ – also das lesbisch-schwule-transgender Netzwerk innerhalb der Grünen – ist nämlich enorm außenorientiert, extrem aktiv, tut ununterbrochen großartige Projekte auf die Beine stellen. Das bedeutet auch etwas weniger Kraft nach Innen. Gleichzeitig sind die Grünen Andersrum zahlenmäßig überschätzt. Viele Grüne glauben immer noch, dass wir Hunderte sind, was nicht stimmt. Auch eine zahlenmäßig kleine Gruppe kann Großes bewirken.
5. Die Liste
Ich bin aber trotzdem froh über die Liste. Sabine Gretner und Sigrid Pilz, haben tolle Listenplätze, die sie auch verdienen! Ich habe mich mit Martina Wurzer ebenso gefreut, wie mit Christoph Chorherr, mit Klaus Werner-Lobo habe ich gejubelt, mit Jennifer Kickert ebenso. Ich kann natürlich nicht alle Namen nennen, aber einen möchte ich zuletzt noch hervorheben: Armin Soyka ist zwar nur auf Platz 24 gelandet, aber ein so talentierter junger Mann schaffte sich auf einen Schlag viel Gehör und wurde „weltberühmt bei den Grünen Wien“! Ich hoffe sehr, dass wir noch viel von ihm hören werden!

Eine gute Zusammenfassung der gestrigen Landesversammlung findet sich zum Nachlesen auf dem Blog von The Sandworm, eine tolle Vorwählerin, die live bloggte! 

Grüne vorgewählt.

Es hat sich ja bereits herumgesprochen. Das Lauffeuer namens Web 2.0 und Der Standard sorgten bereits für eine weite Verbreitung. Die Website www.gruenevorwahlen.at samt zusätzlicher Initiativen auf facebook oder twitter haben bereits viele Unterstützer_innen und wurde von den drei Blogger_innen Helge Fahrnberger, Jana Herwig (Hoi Jana, ik hoop het gaat goed!) und Martin Schimak ins Leben gerufen. Kurz vor dem Start der Initiative hatte ich davon erfahren.
Die Unterstützer_innen der Grünen Vorwahlen wollen genau das machen, was die noch immer einzige basisdemokratische Partei dieses Landes und dieser Stadt ermöglicht: Unterstützer_in zu werden und auf der Landesversammlung der Grünen Wien die Liste für die Wiener Wahl mitzubestimmen. Übrigens: Auch einfach Mitglied werden ist möglich, den jährlichen Betrag kann frei gewählt werden und einem Grünen Projekt zweckgewidmet werden, sei es etwa einer Bezirksgruppe, den Grünen MigrantInnen oder den Grünen Andersrum… Dann tut mensch noch was guteres. 🙂
Aber wieder zur Aktion Grüne Vorwahlen: Ich finde die Initiative enorm spannend, und halte ein Bottom-Up-Engagement prinzipiell für eine riesige Chance und für die Grünen für einen enorm wichtigen Impuls. Denn wo kann sowas schon passieren, außer bei den Grünen? Ich kenne ja nun sowohl viele Menschen, die sich in dieser Plattform vernetzen, ich kenne aber auch meine eigene Partei ganz gut. Und hier sehe ich die größte Arbeit auf uns zukommen, damit diese Initiative wirklich von Erfolg gekrönt wird:

In letzter Zeit wurde ein etwas überzeichnetes Bild dargestellt, als wäre das inhaltliche Verhältnis Grüne Wähler_innen versus Grüne Funktionär_innen derzeit ein Widerspruch, unvereinbar, gegensätzlich. Das ist, mit Verlaub, Quatsch.
Wer oder was sind denn diese so genannten Funktionär_innen? Bezirksrät_innen etwa stecken ungeheuer viel Freizeit in das Grüne Projekt und erhalten dafür höchstens ein Taschengeld. Zahlreiche Aktivist_innen sind in den letzten Jahren zu den Grünen gestoßen – sei es in Bezirksgruppen, Teilorganisationen, bei der AUGE, in der Grünen Wirtschaft usw. – und arbeiten am Grünen Projekt mit. Manche davon sind tatsächlich in die eine oder andere Funktion gewählt worden, sitzen in Gremien, und erhalten dafür meist keinen Cent. Das macht aus sie bei weitem keine monströsen Funktionär_innen.
Wenn die Initiative Grüne Vorwahlen und die derzeit im Grünen Projekt partizipierenden und arbeitenden Menschen offen, neugierig und mit einer gemeinsamen Vision einer anderen grüneren Politik aufeinander zugehen, dann wird das ein Riesenerfolg. Davon bin ich überzeugt.
Und wenn der eine oder die andere aus der Bewegung der Grünen Vorwahlen doch auf den Geschmack kommen soll: Die Grünen können kluge Köpfe brauchen, nicht nur bei den Vorwahlen, sondern auch in den Bezirken und in der inhaltlichen Arbeit. Denn irgendwer muss die Politik dann ja auch machen und umsetzen…
Wer aber jetzt einfach mal mitbestimmen möchte, die Grünen gerne unterstützt, der_die kann ja mal einen Blick auf www.gruenevorwahlen.at riskieren.