Der beste Satz in diesem Wahlkampf.

„Teil der politischen Unkultur in Österreich ist es, dass Regierungsarbeit im Vorfeld von Wahlkämpfen ausgesetzt wird. Da wird jeder Pimperlschas von Politikberatern und Kommentatoren auf seine Wahlauswirkungen zerlegt und niemand traut sich mehr, sich auch noch einen Millimeter zu bewegen. Bei diesem Zirkus mache ich nicht mit.“

Maria Vassilakou (hier)

Das ATV-Spektakel: Sowohl-als-auch-Politik

Mein lieber Kollege Christoph Chorherr schreibt in seinem Blog (hier) mehrere Gründe, warum er die gestrige Sendung Meine Wahl auf ATV für gefährlich hält.Ich bin einmal (selten genug :-)) anderer Meinung als Christoph Chorherr. In Zeiten, in denen Politik – insbesondere die Kommunalpolitik! – froh sein kann, wenn sie 6 bis 9 Sekunden O-Ton in den Nachrichten bekommt, in Zeiten, in denen Politik weniger diskursiv als emotional bewertet wird, in Zeiten in denen die Politikverdrossenheit zunimmt, halte ich ein Hauptabendformat, wie ATV ihn gestern präsentierte, für legitim.Im täglichen Straßenwahlkampf begegne ich viele – allzu viele Menschen – die sich darüber beklagen, dass sie die Inhalte und Positionen der Parteien nicht kennen oder erkennen. Und sie lesen täglich auf Plakaten, die ja eigentlich das Hauptthema der jeweiligen Parteien kommunizieren sollten, nur Plattitüden wie „Frischer Wind“, „Es geht auch anders“, „Er glaubt an euch“, „Kraft der Mitte“ oder „Jetzt geht’s um Wien“. Das sind keine politischen Programme, und tatsächlich sind die Grünen Plakate die einzigen, die Programme kommunizieren: Öffi-Tarif, Wohnpolitik und Bildungspolitik etwa.In der gestrigen Sendung auf ATV konnten alle Spitzenkandidat_innen ganz konkrete Themen ansprechen, auf sehr konkrete Fragen antworten und sich untereinander austauschen – und ja: untergriffig befetzen. Michael Häupl und HC Strache entscheiden sich für Untergriffe („Konsumgewohnheiten“ oder „Weinseligkeit“), während Christine Marek zwar spröde aber sachpolitisch und Maria Vassilakou erfreulich visionär, klar und zielgerichtet ihre Positionen vermitteln konnten, ohne diese Untergriffigkeit der zwei Männer. Das war die Entscheidung und das Verhalten der vier Spitzen und nicht des Fernsehens.Politik hatte viel Zeit, kommuniziert zu werden. War das wirklich so schlimm? Okay, über die Auswahl des Publikums könnte man noch diskutieren, aber da alle vier Parteien gleich viele Personen und Schlachtenbummler_innen mitnehmen konnten, hatte das TV-Event sogar etwas demokratisches. Selten habe ich in meiner Laufbahn Michael Häupl als einen politischen Mitbewerber erlebt. Meistens trägt er einen Bürgermeister-Nimbus mit sich mit und meint und vermittelt, er stehe ohnehin über allem anderen. Gestern war das schon ganz etwas anderes! Plötzlich war er nur einer von vieren und nicht der Übervater à la Kim Jong-Il.Chorherr meint zudem, das Sendeformat sei eine „Als-ob-Politik“, eine TV-Inszenierung als anti-aufkärerischer politischer Akt. Das mag stimmen (auch mich störte das Inszenieren als Gladiator_innen), aber kann Politik nicht „Sowohl-als-auch“ sein?Ich meine ja: Politik darf „Sowohl-als-auch“ sein. Wenn denn tausende Menschen sich erst durch solche Sendungen politisch bewegen und interessieren lassen und sich nicht für tiefgründigere Diskussionen mit komplizierten Abwägungen von Thesen und Gegenthesen begeistern lassen, so ist dieses TV-Formal legitim. Dass dies so ist, ist ja ein gesellschaftliches und politisches Problem – eine Bildungsfrage – aber das darf man nicht einem TV-Sender vorwerfen.Am Ende schreibt Christoph Chorherr, dass er große Erwartungen in diskursive Medien – wie etwa dem Web 2.0 – hat. Da bin ich absolut seiner Meinung. Nur ist die Welt, sind Wahlmotive, sind Zugänge zu politischen Diskussionen in einer vielfältigen Gesellschaft eben genau so vielfältig. Diskursive, hintergründige Diskussionen werden durch das ATV-Format ja nicht abgeschafft oder in Frage gestellt! Es gesellt sich einfach ein neues Format zu den bereits bekannten und weniger bekannten Formaten. Das entspricht nunmal unserer gesellschaftlichen Realität. Es liegt an der Politik für eine diskursiv neugierige Gesellschaft zu sorgen. Und wenn das Minderheitenprogramm ist, dann sollte man etwa im Fach „Politische Bildung“ an den Schulen anfangen und nicht bei einer Privatfernseh-Anstalt.Politik sollte – so weit es geht – breite Publikumsschichten ansprechen und klar machen, dass das, was sie da reden, allen was angeht und möglichst jede und jeder wählen gehen soll. Und da brauchen wir natürlich auch die ganze Vielfalt der Kommunikation: Von Blogs bis Symposien, von Zeitungen bis eben unterhaltsame TV-Formaten.Und: Was Politiker und Politikerinnen aus einem Format machen, liegt immer noch an sie selbst und nicht unbedingt am TV-Format. Machen sie daraus ein grausliches Alphatier-Duell unter der Gürtellinie (Häupl, Strache), oder versuchen sie eher trocken Sachpolitik zu machen (Marek), oder versuchen sie Hoffnung, Visionen und Ideen zu vermitteln (Vassilakou): Es ist deren Entscheidung.Die Fragen der Moderator_innen fand ich übrigens sogar sehr okay und würde ich mit im staubtrockenen und mittlerweile völlig schnarchigen ORF wünschen, auch wenn ich noch nie erlebt habe, dass so lange über Hundstrümmerl diskutiert wurde. Aber sogar das fand ich dann ganz unterhaltsam und interessant. Also: Why not?Darf Politik unterhaltsam sein? Ja, finde ich. Soll das als Grundprinzip gelten? Nein, natürlich nicht – aber so lange Politik in dieser Form viele Interessent_innen findet, ist es legitim. Und warum es gerade bei solchen TV-Formaten „funktioniert“ ist eben eine gesamtgesellschaftliche Frage.Mir ist es lieber, es interessieren sich mehr Menschen für Politik, als dass sie auseinander driftet in einem Elite-Denken von Menschen, die diskursiv politisieren wollen und einem Teil, die es „denen da oben“ nur noch irgendwie und diffus zeigen wollen. Es gibt genug Grauzonen dazwischen. Politik darf vielfältig kommunizieren, so wie die Gesellschaft eben tickt.Und wenn man sich über eine Richtung dieser Gesellschaft sorgen macht, dann sollte man das politisch angehen.Im übrigen bin ich auf Maria Vassilakou sehr stolz! Ein paar Gespräche im (druchaus unentschlossenem) Freundeskreis bestätigt mir, dass sie gestern punkten und überzeugen konnte.

Einladung zum kulturpolitischen Afterwork.

Dass wir – die Grünen Wien – regieren möchten, ist bekannt. Aber was bedeutet das für die Kulturpolitik Wiens? Was macht eine Grüne Kulturpolitik aus? Welche Forderungen,Visionen und Konzepte bieten wir an bzw. welche Erwartungen gibt es an eineGrüne Kulturpolitik?Maria Vassilakou und ich laden am 14. September zum Afterwork-Meeting-Special zum Thema Kulturpolitik. Der Abend soll diskursive Plattform für Fragen und Antworten, zur Präsentation von Ideen aber auch Freiraum zum Meinungsaustausch werden. Alle, die Lust haben überKulturpolitik nachzudenken, sind herzlich eingeladen! Wir freuen uns!Wann: Dienstag, 14. September, ab 19.30 UhrWo: Restaurant NENI (Extrazimmer), Naschmarkt 510, 1060 Wien