Warum ich für den Nationalrat kandidiere.

Viele wussten es schon, viele ahnten es: Ich werde auf der Grünen Landesversammlung am 21. Oktober auf/ab dem 4. Platz der Wiener Liste zum Nationalrat kandidieren. Im Nationalrat hat man schlicht mehr politischen Spielraum, als dies im Bundesrat der Fall ist, so gern ich dieses Amt ausübe. Man kann Initiativen leichter starten, Anträge aller Art einbringen, gilt für Ministerien und anderen Parteien als Verhandlungspartner im Gesetzeswerdungsprozess (Zweidrittelmaterie etwa!), usw. Dies geht im Bundesrat leider kaum, denn wenn Gesetze in die Länderkammer kommen, ist längst alles verhandelt.

Die Themen, die ich derzeit betreue benötigen diesen Spielraum: Netzpolitik und Menschenrechtspolitik.

Daher bewerbe ich mich – und zwar mit diesem Text:

Liebe Grüne Freund_innen!

Die meisten von euch kennen mich schon länger. Zahlreiche Initiativen aus den Bereichen Kulturpolitik, mein Engagement zur Rettung der Jüdischen Friedhöfe, u.v.m. kann ich hier gar nicht unterbringen. Daher will ich vor allem zwei Themen ins Zentrum meiner Kandidatur rücken: Netzpolitik und Menschenrechtspolitik.

Netzpolitik

Sie arbeiten in Jobs, die es eine Generation zuvor nicht gab – oft prekär bezahlt. Sie streben Freiheit an, wollen ihre Privatsphäre geschützt wissen und sehen das Internet nicht nur als Informations- und Kommunikationsinstrument, sondern als öffentlichen Raum, der bereits zu viel seitens Behörden und Konzernen überwacht wird und dessen Freiheit verteidigt werden muss. Viele sind jung und sie wollen von der Politik gehört werden: Die so genannte und diverse „Netzgemeinde“, die das Internet gerne als 7. Kontinent bezeichnet.

Die digitale Revolution geht nicht spurlos an unserer globalisierten Gesellschaft vorüber. Die Politik hat das aber bislang viel zu sehr übersehen. Erst durch die Demonstrationen gegen  das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA und gegen die Vorratsdatenspeicherung wurden sie sichtbar. Und es waren viele! Jetzt gilt es dran zu bleiben und als Grüne diesen vielen Menschen ein Angebot zu machen.

Netzpolitik wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Sie ist Querschnittmaterie und erfordert Teamarbeit innerhalb des Parlamentsklubs und innerhalb der Grünen, denn Netzpolitik bedeutet unter anderem:

partizipative Demokratiepolitik
Sozial- und Wirtschaftspolitik (Zugang zu Information, Breitbandoffensive, prekäre Arbeit, EPU‘s)
Umweltpolitik (zB.: weniger Pendelverkehr durch neue dezentrale Arbeitsmodelle)
Kulturpolitik (Digitale Kopien und das Urheberrecht)
Bildungspolitik (Medienkompetenz)
Korruptionsbekämpfung und Transparenz mittels Open Goverment und Open Data
Schaffung eines gläsernen Staates statt eines gläsernen Bürgers bzw. einer gläsernen Bürgerin

Ich möchte dieses Zukunftsthema innerhalb der Grünen, innerhalb des Nationalrats und allem voran gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern voranbringen.

Gleichstellung

Lesben, Schwule und Transgender leben freier als noch vor einigen Jahren. Doch leider glauben viele Menschen, dass „eh schon alles“ erreicht wäre. Das stimmt nur leider nicht!

Das Gesetz zur Eingetragenen Partnerschaft hat dazu geführt, dass gleichgeschlechtliche Paare in eigene rechtliche Schubladen gesteckt wurden, was ganz und gar keine Gleichstellung darstellt! Zahllose Unterschiede zum Eherecht blieben bestehen. Das Recht auf Familie wird Lesben, Schwulen und Transgendern – allem voran seitens der ÖVP – verwehrt, was dazu führt, dass sich Regenbogenfamilien im rechtlichen Niemandsland befinden.

Hass, Ausgrenzung und homophobe Äußerungen sind noch nicht verschwunden. Man hat sogar den Eindruck, sie werden wieder lauter.

Im Nationalrat gibt es keine Stimme der lesbisch-schwulen-transgender Community mehr, keine politische Repräsentanz. Mit eurer Hilfe, will ich diese Stimme sein. Denn immerhin geht es um nichts Geringeres als frei leben zu können.

Die Grünen

Der Frust über die politischen Zustände hierzulande ist groß. Die Grünen können wieder Hoffnung und Optimismus ausstrahlen: Eine ehrliche Politik ist möglich. Die Ausgangslage für die Nationalratswahl 2013 ist günstig. Während sich die anderen Parlamentsparteien in zahlreichen Korruptionsaffären verstricken, sind die Grünen diejenigen, die davon unbeschadet blieben.

Gerade deshalb müssen die Grünen ein Angebot für eine neue politische Kultur sein. Hören wir auf mit dem typischen Politisprech, sondern sagen wir einfach und ehrlich die Wahrheit. Zeigen wir, dass transparente, offene und zukunftsorientierte Politik möglich ist.

Ich wäre mit eurer Hilfe gerne ein Teil dieses Schrittes in eine grünere Zukunft.

Darf ich vorstellen? Helene Jarmer, demnächst im Parlament.

Darf ich vorstellen? Das ist Helene Jarmer, Präsidentin des Gehörlosenbundes.Sie wird demnächst im Parlament sein. Nachdem nämlich Ulrike Lunacek zur Spitzenkandidatin für die Wahl zum Europäischen Parlaments gewählt wurde, wird ihr Platz frei, und den wird Helene Jarmer bekommen.Jarmer beeindruckte mich bei ihrer Präsentation am Bundeskongress im Sommer 2008 sehr (vergleiche diesen Eintrag). Daher freue ich mich sehr!Ob die Parlamentsdirektion auch erfreut sein wird? Ihr Einzug bedeutet, dass in den Ausschüssen, in denen Jarmer sein wird, und im Plenum, Dolmetsch notwendig wird. Jarmer verändert das Parlament damit mehr, als nur durch ihre Politik und ihre Anwesenheit.Video: Die Grünen und Behindertenpolitik in Österreichischer Gebärdensprache (ÖGS). Mehr Videos gibt es hier.

Kornblumen im Nationalrat.

Sehr interessante Links zum Thema Kornblume gibt es heute auf Helges Blog HIER. Wäre es bei der FPÖ aber bloß beim Tragen der Blume, die großdeutsches und antisemitisches Gedankengut symbolisiert, geblieben. Nein, die Damen und Herren im Nationalrat hatten kein Problem damit ein Mitglied einer rechtsextremen Burschenschaft zum Dritten Nationalratspräsidenten zu wählen.
Und das ist für mich wirklich das Empörendste! Dass die FPÖ reihenweise Burschenschafter in ihren Reihen hat, die sich als deutsche Volksgenossen empfinden und mit nationalsozialistischem Gedankengut ganz gut leben können, ist sattsam bekannt und traurig genug. Aber dass Abgeordnete der staatstragenden und der Republik eigentlich verpflichtenden Parteien SPÖ und ÖVP kein Problem damit haben, solch einen Mann in eine staatstragende Rolle zu wählen, ist mir unbegreiflich.
Heute fällt es mir schwer zur Tagesordnung überzugehen. Die Wahl Martin Grafs, aber vor allem das achselzuckende Hinnehmen von rechtsextremen Gedankengut im österreichischem Nationalrat erfüllt mich mit Sorge. Großer Sorge!
Wohin dieses Gedankengut auch führt, wurde heute auch deutlich. Nicht einmal mehr geheim wählen scheint man zu dürfen: Wahlkuverts werden markiert! Das ist ein Angriff auf die Demokratie, denn die geheime Wahl ist etwas, wofür in anderen Ländern noch immer ums Leben gekämpft wird. Und hier einst gekämpft wurde…