50 Jahre OPEC: Ausstieg aus Öl ist nicht nur ökologisch sinnvoll.

Im März dieses Jahres öffnete die neue OPEC-Zentrale in der Wiener Wipplingerstraße ihre Pforten. Im Jahr also, in der der 50. Geburtstag gefeiert wird. Vom 10. bis 14.9.1960 wurde die OPEC in Bagdad gegründet. Seit nunmehr 45 Jahren sitzt die OPEC in Wien, die Mietkosten von € 1,8 Mio. teilen sich übrigens die Stadt Wien und die Republik Österreich. Allerdings bringt die OPEC eine hohe Wertschöpfung für die Stadt. Würde es allerdings ein internationales Kartellrecht geben, dürfte die OPEC gar nicht existieren. Aber da es diesbezüglich kein Abkommen gibt, dürfen die Staaten, die etwa 77,5{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} der weltweiten Ölreserven kontrollieren, alles absprechen, was es abzusprechen gibt.Die OPEC ist allerdings mittlerweile kaum noch politisch, sondern nahezu ausschließlich ölpolitisch aktiv. Das politische Misstrauen der Mitgliedsstaaten untereinander ist groß. Die Geschehnisse nach dem Jom Kippur-Krieg 1973 gingen ebenfalls nicht spurlos an die OPEC vorbei. Bekanntlich boykottierten die OPEC-Länder westliche Länder und bestraften sie damit für die Unterstützung Israels. Daraufhin wurden Erdölfelder etwa in Alaska oder in der Nordsee erschlossen, die Macht der OPEC reduzierte sich. Politisch (abseits des Öls) ist sie seither selten geworden.Allerdings werden die Erdölreserven in den neu erschlossenen gebieten, aber auch in Russland, eher zu Ende gehen, als in den OPEC-Ländern, wie internationale Expert_innen immer wieder betonen. Die Bedeutung der OPEC wird also wieder zunehmen, so lange immer noch über 90{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} des weltweiten Transports ölgetrieben ist.Gleichzeitig erhöht sich der Ölbedarf in China um enorme Mengen. China versucht bereits bilaterale Abkommen mit erdölproduzierende Staaten abzuschließen, um die Ölversorgung zu gewährleisten. Im Visier dabei unter anderem Venezuela und der Iran. Nur zum Vergleich: 2000 importiere China Öl im Wert von 18,9 Mrd Dollar. 2007 waren es 99,2 Mrd Dollar, China ist bereits der größte Auto-Absatzmarkt. Energieagenturen schätzen, dass China die USA bereits abgelöst hätte und auf Platz 1 der Energieverbraucher aufgestiegen sei. In Indien sind ähnliche Entwicklungen in den nächsten 10 bis 15 Jahre zu erwarten.Der weltweite Ölhunger wird sich also steigern, während die Ölreserven zurück gehen werden.Es lohnt einen Blick auf die politischen Ereignisse der Mitgliedsländer, als auch der Kriege in denen sie verwickelt waren, zu werfen. Diese aufzuzählen würde hier allerdings den Rahmen sprengen. Der Nahe Osten ist aber oft genug in den Medien, es kann sich jede_r selbst ein Bild machen, auch wie und durch wen diese Staaten regiert werden, wie die Bevölkerung (nicht) profitiert, wie Menschenrechte behandelt werden, usw.Mitgliedsländer der OPEC sind:AlgerienAngolaLibyenNigeriaIrakIranKatarKuwaitSaudi-ArabienVereinigte Arabische EmirateEcuadorVenezuelaBesonders über Staaten wie den Iran, die Kriege im Irak oder das diplomatisch pro-westlich agierende Saudi-Arabien, das gleichzeitig ein immer strenger werdendes wahabitisches Schreckensregime geschaffen hat, ist immer wieder zu hören und zu lesen. Erdöl finanziert repressive Regime.Der Ausstieg aus Öl (und Gas) wird meistens ökologisch begründet. Und das durchaus zurecht. Aber eigentlich ist es ein Gebot der Stunde, außen- und wirtschaftspolitisch unabhängig von Öl zu werden.Ob man nun gegen Ahmadinejad demonstriert oder Saudi-Arabiens Kurs kritisiert, ob man die Irak-Kriege verurteilt oder ob die Öko-Katastrophe in Nigeria betroffen macht: Im Hintergrund ist es immer das Öl das regiert und diese Staaten auch bestimmt. Mehr Demokratie, Rechtsstaatlichkeit oder Aufklärung ist dabei keine Priorität dieser erdölproduzierenden Staaten. Nicht wenige Menschenrechtsorganisationen in den jeweiligen Ländern sehen das Übel im Öl. Leider wird das sehr oft vergessen. Wenn etwa gegen den Iran zurecht demonstriert wird, konzentriert man sich gerne auf das Schreckensregime, dem Diktator, der Protestbewegung, der Bedrohung Israels (Übrigens: Mich würde es nicht wundern, wenn die neuesten technologischen Entwicklungen aus Israel kommen werden, ist es wohl das Land, das – zumindest politisch – am meisten von einer ölunabhängigen Welt profitieren würde), oder anderen Facetten. Aber über all dem steht das Öl (und Gas). Und unsere Abhängigkeit von diesem Produkt.Aber was soll ein Wiener Kommunalpolitiker da schon anrichten?Nun, in Wien kann man ebenso beginnen, wie in vielen anderen Metropolen. Think global, act local ist nicht nur ein einfach so daher gesagter Satz, sondern tatsächlich mögliche und angewandte Politik. Wien kann in die Forschung investieren und erneuerbare Energien fördern, kann seine Neubauten anders bauen (Passivhäuser) und bei Sanierungen auf einen wesentlich geringeren Energieverbrauch wert legen, kann Ölheizungen in den Mistkübel der fossilen Geschichte werfen. Das rettet zwar vorerst weder eine brutal unterdrückte Frau im Iran, noch wird es den Klimawandel aufhalten. Aber irgendwo muss ja begonnen werden, nur nicht aufgeben! Ich würde gerne in einer Stadt leben, die international vorzeigt, wie es gehen kann. Und dafür arbeiten.Man könnte sich übrigens auch mal fragen, on man die 1,8 Mio. € Miete für die reichsten Öl-Staaten der Welt tatsächlich aus der Tasche des Wiener und österreichischen Steuerzahlers begleichen möchte. Aber ob diese Debatte jemals kommt?Zur weitergehenden Lektüre empfehle ich auf Christoph Chorherrs Blog zu stöbern, der viele Beiträge zum Thema verfasste, zum Beispiel hier.

5000 Kilometer Autofahren. Die Tankstelle: Das eigene Haus.

Leusden ist ein kleiner Ort mit 28.000 Menschen in der Provinz Utrecht und Nachbargemeinde der Stadt Amersfoort. Dort kann heute Zukunft besichtigt werden. Die auf nachhaltiges und innovatives Bauen spezialisierte Baufirma InnoConstruct wird von seinem Chef Johannes Out betreut. Diese Firma baute ein Haus, wie es der Traum aller Niederländer_innen ist: Im Stil der 30er Jahre, mit Erkern, Fenstern, Backsteinen und einer Garage. Von außen sieht das Haus so aus, wie all diese beliebten Häuser, die man in den Poldern der Niederlande sehen kann. Die Innovation verbirgt sich aber hinter der Fassade:Es gibt im Haus keine Heizungen, es ist in Passivhaus-Bauweise gebaut worden. Die Mauern sind extra dick, die Fenster dreifach isoliert. Luftaustausch sorgt für Wärme im Winter und Kühle im Sommer. Ein eingebauter Computer sorgt immer für die richtige Temperatur. Auf dem Dach befindet sich eine Photovoltaik-Anlage, eine kleine Windmühle schmückt das Dach und zwei Rohre gehen je 70 Meter in die Tiefe und nützen die Erdwärme. 750 Liter Wasser werden so erwärmt, genug für eine ganze Familie.Out erzählt in der Zeitung Trouw (Artikel), wie er seine Ideen – Energie- und Technologiekonzepte neu kombiniert und neu durchdacht – anderen Firmen anbieten wollte:“Das ist ein sehr konservativer Club an Menschen, die nichts mit Innovation in der Energieversorgung am Hut haben. Wenn du sie bittest, eine Installation für Erdwärme zu bauen, sagen sie: ‚Nicht machen, das kostet viel Geld und bringt nichts‘. Sie haben einfach keine Lust darauf. Deswegen haben wir mit der Hilfe von Partner einfach selbst so ein Haus gebaut. Damit können wir auch was herzeigen.“Johannes Out ist mittlerweile selbst in das Haus eingezogen, was ihm beim Prototyp gegönnt sei. Und welche Baufirma hat dann schon die Umweltministerin zu Gast, wenn es der Öffentlichkeit präsentiert wird?Einen zusätzlichen Nutzen erzählt Johannes Out auch noch so nebenbei – und hier wird die Reichweite solchen Bauens erst so richtig klar: Sein Haus erzeugt so viel Energie, dass er damit auch noch sein Elektroauto mit Energie versorgen kann. Rund 5000 bis 8000 Kilometer kann das Auto pro Jahr mit der eigenen Energieversorgung fahren. Damit sind kleinere Einkaufsfahrten und tägliches Pendeln nach Amersfoort drinnen. Das Haus in Leusden versorgt also nicht nur seine Bewohner_innen mit Energie, sondern auch deren Mobilität.Die Technologie ist da. Jetzt müsste man sie „nur“ noch bauen. Wenn man bedenkt, dass gerade jetzt – mitten in der Wirtschaftskrise – eine Ankurbelung notwendig ist: Hier wäre ein Beispiel, wie sinnvoll investiert werden kann, wie Arbeitsplätze und Technologie nicht nur für wirtschaftliche Erholung sorgen kann. Der Wirtschaftskrise wäre damit geholfen, aber darüber hinaus dient Investition in diese Technologie der viel größeren Krise: dem Klimawandel.Links:InnoConstruct (Niederländisch)Trouw-Artikel (Niederländisch)Telegraaf-Artikel mit erklärender Grafik (Niederländisch, PDF)