Zilk.

Helmut Zilk war mehr als ein Bürgermeister. Er liebte Wien so sehr, dass er sogar eine CD mit seiner Frau aufnahm. Titel des Tonträgers: Wien (siehe Foto). Und das war es auch, was Helmut Zilk ausmachte: Parteipolitisch war er schon, aber Wien war wichtiger. Deshalb sagte er einfach seine Meinung, auch wenn es den restlichen SozialdemokratInnen nicht in den Kram passte.
Als ich 1988 19-jährig aus dem Salzkammergut kommend nach Wien übersiedelte um zuerst zu kellnern (und das in einem Wiener Kaffeehaus mit dem Namen Museum!) und dann zu studieren, war Helmut Zilk bereits Bürgermeister. Und er gehörte irgendwie hierher wie der Steffl und das Riesenrad. Zilk war Wien.
Mir sind seine Verdienste als Journalist und Unterrichtsminister altersbedingt nicht so in Erinnerung, obwohl ich weiß, dass er sich bei den TV-Berichten zum Prager Frühling besonders stark machte und als ORF-Unterhaltungschef auch gerade deshalb 1968 den tschechischen Künstler Karel Gott als österreichischen Vertreter zum Eurovision Song Contest in die Royal Albert Hall nach London schickte.
Die SPÖ könnte von Männern eines zilkschen Formats viel lernen. Wenn ich manchmal heute durch die Reihen meiner roten KollegInnen schaue, empfinde ich eher eine große Leere. Kaum Menschen, die mit eigenen Ideen, querdenkenden Geistern oder sonstwie überraschen. Es kommt immer zuerst die Partei, braves abnicken, dann lange nichts und dann erst Wien.
Zilk kann da als Vorbild dienen. Wien muss dankbar sein. Ich bin es jedenfalls. Meine Anteilnahme gilt natürlich vor allem seiner Frau Dagmar Koller, die ich einst für das Schwulenmagazin Bussi interviewen durfte. Und Zilks Einsatz für den Life Ball werde ich im Übrigen auch nicht vergessen, wie sein Einsatz für das jüdische Wien. Letzteres bescherte Zilk das Briefbombenattentat. Auch das sei in diesem Zusammenhang nicht vergessen, denn das unterscheidet ihn wesentlich von einem anderen neulich verstorbenen Spitzenpolitiker…

Wer rettet die HOSI Wien?

Die Homosexuellen Initiative Wien – kurz HOSI Wien – hat in der Geschichte der Lesben- und Schwulenbewegung eine unglaublich wichtige Rolle gespielt. Sie wurde 1979 gegründet und hat seit dieser Zeit Meilensteine der queeren Emanzipation gesetzt: Sei es die ersten „Hochzeiten“ im öffentlichen Raum mit der erstmals 1988 gestellten Forderung nach Eingetragenen Partnerschaften, das Bewusstsein der Verfolgung homosexueller Opfer der NS-Zeit (etwa bei der Ausstellung Aus dem Leben oder der Proteste bei der Enthüllung des Hrdlicka-Denkmals am Albertinaplatz 1988), der Kampf gegen diskriminierende Paragrafen, usw.
Auch heute leistet die HOSI Wien Großartiges. Seit der Implosion des Vereins CSD hat sie die Organisation des Regenbogenballs und der Regenbogenparade übernommen (und macht das ausgezeichnet) oder organisiert etwa im Herbst die große Konferenz der International Lesbian and Gay Association (ILGA) in Wien.
Kurzum: Die HOSI Wien ist wichtig, unverzichtbar und trotzdem schlittert sie gerade in ein Spirale von Unglaubwürdigkeit und Unvereinbarkeit, von Parteinahme und verliert den Status einer unabhängigen NGO (Zu meiner Sichtweise zu NGOs siehe auch diese Post).
Warum verliert die all dies?
Was bisher geschah
Aus meiner persönlichen grünen Sicht war die uns schon länger bekannte SPÖ-Mitgliedschaft des HOSI Wien-Obmanns Christian Högl (er hat uns das fairerweise in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, was ich damals sehr fein fand!) zwar immer wieder Grund zur Verärgerung, aber die großen Ziele waren wichtiger und so konnten wir darüber hinwegsehen

dass bei gemeinsamen Aktionen der Grünen Andersrum und der HOSI Wien in den HOSI Wien eigenen Lambda Nachrichten nur noch die HOSI Wien vorkam (zum Beispiel letztens beim Kampf gegen Konzerte jamaikanischer Hass-Sänger),
dass bei Interviews mit Parteichefs immer SP-Chefs zu finden sind, während – zumindest mir – keine Interview-Anfrage an Alexander Van der Bellen bekannt ist,
dass bei den Patenschaften für Straßenbahnlinien die Linien mit Buchstaben (D, N, O) plötzlich am Ende der Liste standen, vermutlich weil sie Grüne übernommen hatten,
dass in Promi-Befragungen für die Lambda Nachrichten vor allem sozialdemokratische WählerInnen präsentiert wurden um Pro-SP-Stimmung zu verbreiten,
dass Grüne PolitikerInnen (wie letztens Eva Glawischnig) am Regenbogenball nicht über Presse-Empfänge vorab informiert wurden, wohl damit Presse-FotografInnen nur SP-PolitikerInnen ablichten konnten,
dass bei der diesjährigen Regenbogenparade die Grünen erst eine Stunde nach der SPÖ dran kamen (was angeblich ein Missverständnis war und nicht die HOSI Wein beabsichtigte),
dass wir immer etwas kurz vor Nennschluss gefragt werden ob wir Transparente oder andere Werbeformen irgendwo anbringen wollen, weil die SPÖ/SoHo das ja auch macht (also wesentlich früher informiert gewesen sein muss), usw. usf.

Das gemeinsame Ziel der rechtlichen Gleichstellung, der Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierungen, der Coming-Out-Hilfe – all das ist so ungleich viel wichtiger, dass über die Parteinähe Högls und den oben genannten „Kleinigkeiten“ dann doch immer hinweg geschaut wurde. Das geht aber seit dem Tag, an dem Justizministerin Maria Berger ein Lebenspartnerschaftsgesetz präsentierte und insbesondere seit dem Wahlkampf 2008 nicht mehr wirklich.
Maria Bergers Lebenspartnerschaftsgesetz
Das vor fast einem Jahr präsentierte (neulich übrigens auch von SP-Politikerin Angela Lueger so bezeichnete) Rumpfgesetz, das viele Pflichten, aber keine Rechte für gleichgeschlechtliche Paare beinhaltete, wurde von allen NGOs und den Grünen kritisiert. Nur eine einzige NGO schlug sich auf die Seite der SPÖ und einer deren lesbisch-schwulen Vorfeldorganisationen SoHo: das war die HOSI Wien. Alle anderen waren dagegen; auch die sonst ebenfalls SP-nahe Grazer NGO Rosa Lila PantherInnen, die wirkliche Unabhängigkeit demonstrierte und als vorbildhaftes Beispiel dienen kann, wie NGO-Arbeit funktioniert.
Obwohl der Generalsekretär der HOSI Wien Kurt Krickler (den ich bei aller Kritik ungemein schätze – das muss ich hier unbedingt erwähnen!), das Gesetz anfangs selbst als „Rumpfgesetz“ bezeichnete, war die HOSI Wien bald ganz auf SP-Linie. In den Lambda Nachrichten wurde Maria Berger als Heldin dargestellt und die SPÖ als einzige konstruktive Kraft gefeiert. Alle anderen Parteien und alle anderen NGOs wurden entweder mit Kritik überschüttet, da sie eine historische Chance verpassen würden, oder sie wurden einfach ignoriert.
Christian Högls Kandidatur für die SPÖ
Christian Högl hat einen aussichtslosen Platz auf der Liste der SPÖ bekommen und macht nun einen Vorzugsstimmenwahlkampf (für den er so gut wie unerreichbare 27.000 Vorzugsstimmen bräuchte). Das ist das gute Recht eines jeden Staatsbürgers und einer jeden Staatsbürgerin. Das ist Demokratie!
Aber was passiert mit der NGO, für den dieser Nationalrats-Kandidat Obmann ist? Ist eine NGO tatsächlich noch unabhängig, wenn dessen Obmann im Vereinsblatt Lambda Nachrichten seinen Leitartikel dazu benutzt um für sich – und damit der SPÖ – Wahlkampf  zu machen? Wenn dieser Obmann die Lambda Nachrichten ausschickt (vermutlich mit Adress-Datenbanken der HOSI Wien) und dazu eigene Vorzugsstimmen-Kärtchen mitschickt? Wenn er in der selben Ausgabe ein großes Interview mit Werner Faymann publiziert und andere Parteichefs vermutlich gar nicht fragte, ob sie auch Interviews geben möchten? Wenn die HOSI Wien eine Presse-Aussendung macht, dabei betont keine Wahlempfehlung abzugeben, um dann den eigenen Obmann zugleich als Kandidaten der SPÖ stolz zu präsentieren?
Ich halte das alles für völlig unvereinbar. Ich bin aber auch kein HOSI Wien-Mitglied, da ich in einer Partei tätig bin – also einer ganz anderen Säule der Demokratie – und eine Distanz für unbedingt notwendig halte. Die HOSI Wien soll Parteien als NGO nämlich kritisieren können, ohne Probleme in den eigenen Reihen zu bekommen. So hätte ich mir das zumindest gedacht. So ist zumindest mein Demokratieverständnis.
Die Rolle der SPÖ
Die SPÖ wird natürlich froh sein, über das fleißige Engagment Högls (denn fleißig war Christian Högl bewunderswert immer). Er macht Wahlwerbung, obwohl er so gut wie sicher kein Mandat erringen wird – wie im Übrigen auch kein anderer schwuler Kandidat oder keine andere lesbische bzw. transgender Kandidatin der SPÖ aussichtsreiche Chancen hätte. Die SPÖ hat in Wien und vermutlich auch im Nationalrat die meisten Mandate zu vergeben. Sie tut immer so, als ob ihr das Thema so unendlich wichtig sei. Das Thema selbst darf aber nicht in Form von offen gleichgeschlechtlich liebenden Menschen im Parlament oder im Wiener Gemeinderat vertreten sein. Dann schon lieber verstecken und weiter engagierte Menschen wahlkämpfen lassen, die sich dazu benützen lassen, obwohl sie keine Chance haben.
Wer rettet die HOSI Wien?
Wie gesagt: Ich bin kein Mitglied der HOSI Wien. Ich kann daher auch nicht mitreden, muss mir aber als Politiker sorgen um eine der wichtigsten NGOs machen, auf die niemand verzichten kann und will.
Ich hoffe daher einfach, dass dieser Beitrag eine Hilfe für viele ist, die HOSI Wien zu retten. Ich will im Übrigen sicher keine grün-nahe NOSI Wien. Ganz im Gegenteil. Die Demokratie braucht unabhängige NGOs und keine von Parteien zu Tode umarmten…

Witzige Begegnungen im Wahlkampf Teil 1

Ein Wahlkampf ist ein Wettbewerb von Ideen, von Konzepten, von Image und von vielem mehr. Ich gebe zu: Ich liebe das Wahlkämpfen. Man kommt im politischen Leben zwar immer mit vielen Menschen und Meinungen zusammen, aber nie so geballt und mit so einem hohen Grad an Interesse, als in Wahlkämpfen.
Wahlkampf hat aber immer auch lustige Momente. Ein paar davon werde ich versuchen, zu dokumentieren. Ein paar werden mir einfach so gemailt, wie dieses Foto von Timon von unserer gestrigen Präsentation von homohetero.at, das unser Aktivist Edmund mit Sprech- und Denkblasen versehen hat. Der Mann links ist Christian Högl (SPÖ-Kandidat auf einem wenig aussichtsreichen Platz auf der Liste) und ich. Ich habe sehr gelacht!

Ein Plädoyer für Helmut Graupner – Oder: Wie NGOs angepatzt werden sollen.

Es ist schon längst an der Zeit, dass ich mich hier vor einem Mann verneige. Zusätzlich ist es leider auch nötig, dass ich hier die Arbeit eines Mannes verteidigen muss. Es geht um den Präsidenten einer lesbisch-schwulen-transgender NGO, dem Rechtskomitee Lambda (RKL), Helmut Graupner. Aus mir völlig unbegreiflichen Gründen wird seine Arbeit in den letzten Wochen heftig attackiert. Und das vollkommen zu Unrecht.
Wie alles begann
Es war noch die Zeit der damals nicht ganz stillgestandenen Großen Koalition, als das (rote) Justizministerium und das (schwarze) Familienministerium zu einer Arbeitsgruppe einluden um ein Lebenspartnerschaftsgesetz für gleichgeschlechtliche Paare zu entwickeln. Ich war auch in dieser Arbeitsgruppe. Mitten im Prozess legte Justizministerin Maria Berger einen Entwurf vor, den die NGOs sowie parteinahe Gruppierungen (wir von den Grünen Andersrum, die SoHo oder der VP-Familienbund) zu begutachten hatten. Von einer in der Arbeitsgruppe entwickeltem Gesetz konnte nicht mehr die Rede sein.
Bergers Entwurf und die Folgen
Das viel diskutierte PartnerInnenschaftsgesetz (aka „Berger-Entwurf“) wurde von allen – fast allen! – NGOs aus der lesbisch-schwulen Bewegung und von den Grünen Andersrum abgelehnt, darunter HUG (Homosexualität und Glaube), HOSI Tirol, HOMED (Homosexuelle Mediziner), HOSI Salzburg, Beratungsstelle Courage, HOSI Linz, Rosa Lila PantherInnen Graz und der agpro (Austrian Gay Professionals).
Die Gründe dieser Ablehnung: Das Gesetz beinhaltete ausschließlich Rechtsbereiche aus dem Justizressort und damit ausschließlich Pflichten. Alle notwendigen Rechte in den anderen Ressorts (wie Steuer-, Fremden-, Krankenversicherungs-, Arbeitsrecht u.v.m.) wurde völlig ausgelassen. Die NGOs gingen daher am 13.6.2008 vor die Presse und begründeten ihre Kritik in der Pressekonferenz „Das schlechteste Partnerschaftsgesetz der Welt?“ (mehr Info hier).
Die zwei Verfechter
Es gab nur zwei Organisationen, die den Berger-Entwurf als großartigen Fortschritt feierten: Die sozialdemokratische SoHo und die – mittlerweile ja offensichtlich – sozialdemokratisch dominierte HOSI Wien, dessen Obmann Christian Högl gleichzeitig Obmann einer NGO und Nationalrats-Kandidat der SPÖ ist.
Frontalangriff auf Graupner
Der mittlerweile zurückgetretene frühere SoHo-Chef Günter Tolar meldete sich daraufhin wieder zurück und warf in seinem Blog und in der Tageszeitung Die Presse unter dem Titel „Ein Kleinverein macht Wind“ Stimmung gegen Helmut Graupner und dem RKL:

 

„EIN KLEINVEREIN MACHT WIND, ich meine hier das RKL (Rechtskomitee Lambda), das offensichtlich nur noch aus seinem rührigen (rührenden?) Vorsitzenden Graupner besteht, der es nicht lassen kann, auf dem Rücken seines Kleinvereines seinen Frust in Form von lieblichen Amokläufen (vor allem gegen die SPÖ) abzulassen. Er wurde bei der Entstehung des „Lebenspartnerschaftsgesetzes“ nicht eingebunden – das ist für ihn als den selbst ernannten Papst natürlich ungut, hat er doch dadurch erfahren, welchen Stellenwert man ihm wirklich gibt und welchen Stellenwert er und sein Kleinverein auch tatsächlich haben. HGs Äußerungen schaden zwar dem Gesetzwerdungsprozess nicht wirklich. Ärgerlich und lästig (etwa vergleichbar mit einer immer wiederkehrenden Gelse) ist es trotzdem, dass justament von uns Homosexuellen selber – wenn auch aus einer so gut wie bedeutungslosen Ecke – so kontraproduktive Töne kommen. Alle zuständigen Stellen sind aber längst über die wahre Bedeutungslosigkeit dieses Kleinvereins informiert.“

 
Der letzte Satz hat es in sich! Günter Tolar sagt tatsächlich, dass er die zuständigen Stellen – und damit meint er wohl sozialdemokratisch geführte Ministerien und PolitikerInnen – informiert hätte, eine NGO und Helmut Graupner komme als Kooperationspartner nicht mehr in Frage, weil diese NGO doch tatsächlich die Frechheit besitzt „unsere“ SPÖ zu kritisieren. Mit anderen Worten: Nur wer brav die SPÖ nicht kritisiert wird belohnt. Und da kommt die HOSI Wien ins Spiel.
Die HOSI Wien – eine von mir wirklich geschätzte Organisation mit langer Tradition – hat sich auf die SP-Seite geschlagen – seinen Status als NGO in Frage gestellt – und verteidigt den Berger-Entwurf ebenfalls. In Kolumnen des Obmanns wird verteidigt und gejubelt, da der Berger-Entwurf ja immerhin ein ganz großartiger Fortschritt sei. In der aktuellen Ausgabe der HOSI Wien-Zeitung Lambda Nachrichten aber der neue Höhepunkt. Auch hier wird in einem Artikel des sonst so unbestechlichen Kurt Krickler Helmut Graupner als „Szene-Anwalt und Präsident eines Kleinstvereins“ bezeichnet und im weiteren Text nicht nur kritisiert, sondern gedemütigt („beleidigte Leberwurst“, „wirr“, „narzisstisch“).
Ein Lob für Graupner und den NGOs
Ich hoffe die wirklich kränkenden Töne von Tolar und der HOSI Wien beeinflussen nicht die Arbeit und das Engagement all dieser Vereine, insbesondere die wertvolle Arbeit von Helmut Graupner.
Ich halte hier daher fest:

Als Politiker brauche ich – und brauchen wir alle – wirklich unabhängige NGOs und Menschen, die dafür arbeiten. Zwar meinte Tolar auch, Graupner sei auf einer Achse mit den Grünen; hier möchte ich aber daran erinnern, dass Graupner auch Grüne Politik bereits kritisiert hat. Und das ist gut so, denn zu den wesentlichen demokratischen Säulen gehören neben den Parteien (Legislative), Regierungen (Exekutive) und Justiz auch unabhängige Presse und unabhängige NGOs als Kontrolle.
Es darf in einem modernen, liberalen und aufgeklärten Land doch nicht wahr sein, dass Kritik an einer machthabenden Partei mit sofortiger Diffamierung bestraft wird. Wer das tut hat Demokratie nicht begriffen und Menschlichkeit nicht erlernt.
Die Kritik richtet sich vor allem an Helmut Graupner. Aber ist diesen Kritikern bewusst, dass sie damit auch die Arbeit aller anderen oben genannten NGOs mit kritisieren?

Ich verneige mich jedenfalls vor der Arbeit des Helmut Graupner, des Rechtskomitee Lambdas und all den anderen NGOs.

Zur Erinnerung: Das Inserat der SP aus dem 2006 Wahlkampf.

Nachdem gestern die SPÖ den Grünen Fristsetzungsantrag der Grünen zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare abgelehnt hat, bekam ich ein paar Mails, dass die SPÖ diese Öffnung ja eh nicht versprach.

Daher erinnere ich jetzt an die Inserate der SPÖ aus dem 2006 Wahlkampf. Zur Vergrößerung auf das Bild klicken und Punkt 2 lesen…

Faymann im Standard-Chat.

Der SP-Obmann mit dem eingemeißeltem Lächeln im Standard-Chat:
GAGA3: Angenommen die Grünen bringen bei der nächsten NR-Sitzung einen Antrag bez. Homo-Ehe ein, würde die SPÖ zustimmen?
Werner Faymann: Ich möchte unser 5-Punkte Programm als Schwerpunktmaßnahme gegen die Teuerung nicht durch hunderte andere Themen überlagern. Es werden alle Diskussionspunkte vorberaten, es wird aber nicht gelingen, alle Maßnahmen der verschiedenen Wahlprogramme in diesen beiden Parlamentssitzungen ernsthaft zu beraten und Beschlüsse zu fassen.

Das Problem der SPÖ heißt vielleicht Gusenbauer. Aber sicher nicht nur.

Derzeit scheint ein Sündenbock für den dramatischen Vertrauensverlust der SPÖ gefunden zu sein: Bundeskanzler Gusenbauer. Aber ist das so einfach? Wie die SPÖ sich in den letzten Jahren entwickelt hat, ist Besorgnis erregend. Das ließ sich in Wien in besonderer Weise beobachten (aus meiner grünen Oppositionsperspektive): Machte sie auf Bundesebene 7 Jahre Opposition gegen schwarz/blau-orange, konnte sie in der Bundeshauptstadt mit absoluter Macht regieren. Die SPÖ konnte mit beidem nicht umgehen und zeigt zwei verheerende Bilder: Die SozialdemokratInnen haben in sieben Jahren Opposition nichts gelernt. Und sie können zudem mit Macht nicht verantwortungsvoll umgehen.

Nach sieben Jahren Opposition auf Bundesebene würde man meinen, dass die SPÖ neue Perspektiven entwickeln konnte. Seien wir mal ehrlich: So schrecklich und grausam schwarz-blau war, so hat es doch ein großkoalitionärer Postenschacher und die Aufteilung einer ganzen Republik in zwei Reichshälften beendet. Kaum sind sie an der Macht ist alles wieder wie früher: Das Parteibuch entscheidet über alles. Da werden Vorstände mit hohen Abfertigungen nach Hause geschickt um eigene Leute zu positionieren, da wird aus reinem Machtbewusstsein eigene Themen und Wahlversprechen über Bord geworfen, um wieder Posten besetzen zu können und den eigenen Einflussbereich zu sichern. Alles andere spielt keine Rolle: Eurofighter, eine wirkliche Gleichstellung lesbischer und schwuler Paare, Studiengebühren, Steuergerechtigkeit – alles wurscht. Das ist nicht nur ein Problem von Gusenbauer. Es ist ein Problem einer verkrusteten Partei.

In Wien regiert die SPÖ derweil mit absoluter Mehrheit. Was das zur Folge hat, kann ich als Oppositionspolitiker tagtäglich erleben. Noch heute rief mich ein Kulturveranstalter an, der völlig verzweifelt ist und deshalb an alle Parteien Hilferufe sandte. Heute bekam er einen Anruf aus dem Stadtratbüro: Das Problem hat nun er, denn wenn er OppositionspolitikerInnen informiert, dann hat er halt – auf gut wienerisch – ausgesch..sen. Wenn andere – unabhängige aber von städtischen Subventionen lebende – Initiativen mit uns Kooperationen eingehen, dann werden sie mit Anrufen bombardiert: Ob sie sich denn nicht erinnern, von wem sie das Geld bekommen? Dabei zahlt der und die SteuerzahlerIn das Geld. Die SPÖ glaubt aber, sie sei es, weil sie ständig die Stadt Wien mit der Partei verwechselt, weil sie ununterbrochen glaubt, sie vergebe Geld und nicht die Stadt Wien. Davon haben sogar zahlreiche sozialdemokratische, aber unabhängig agierende, Initiativen die Schnauze voll.

In Sachen Postenschacher sind die Wiener GenossInnen auch nicht zimperlich: Medien-Imperien wie der Echo-Verlag und alle mit ihr zusammenhängende Firmen bekommen zahllose Aufträge und Bevorzugungen. Die Gewista bekommt ein Plakatmonopol. Und zufällig verdient die SPÖ mit, denn sie ist an allen Firmen beteiligt oder sogar Eigentümerin. Sogar vor unabhängigen Kulturinitiativen macht sie SPÖ nicht halt: Der schon mit der Gewista kooperierende Muff Sopper darf einfach mal so die Szene Wien übernehmen. Der Grund ist simpel: Er ist brav, darf die Gastro auf der Donauinsel und am 1. Mai übernehmen und ist gut mit dem SP-Landesgeschäftsführer verhabert.

Ist also Gusenbauer das Problem? Nein, sicher nicht. Das Problem ist die SPÖ selbst. Und für eine Mehrheit links der Mitte ist das ein ausgesprochen trauriger Befund.