Wedad Lootah, der Islam, die Homosexualität, das Profil und ein Leserbrief

Im Profil der Vorwoche erschien ein Interview (nachzulesen hier) mit einer Art „islamischen Sexpertin“, wie das neudeutsch heißt. Wedad Lootah wird dort über den von ihr geschriebenen ersten islamischen Sexratgeber interviewt. Im Interview sagt sie über Homosexualität unter anderem, es „verursache viele Krankheiten“ und dass Homosexualität nicht als persönliche Freiheit akzeptiert werden kann, denn dann würde die Menschheit aussterben.
Dies veranlasste mich dem Profil einen Leserbrief zu schreiben. Da dieses Statement diese Woche nicht abgedruckt wurde (was ich natürlich bedauere, aber so wichtig dürfte dem Profil das Thema nicht sein), veröffentliche ich ihn eben hier:

Die Überschrift des Interviews mit Wedad Lootah machte mich hellhörig und voller Neugierde las ich das Interview mit der Autorin eines islamischen Sexualratgebers. Im Vortext wird ihr Lächeln betont, dass sie mit Morddrohungen konfrontiert ist, und wie sie einen Tabubruch beging. Das macht den Eindruck, als bekäme man es mit einer gehörigen Portion islamischer Aufklärung zu tun. Nachdem ich schon islamische Feministinnen kennenlernte, mit Interesse gelesen hatte, wie in Südafrika eine Moschee für Lesben und Schwule eingerichtet wurde, und viele andere – noch kleine aber zarte – Liberalisierungen stattfinden, freute ich mich auf das Interview. 

Doch was muss ich lesen? Dass Homosexualität, falls es als persönliche Freiheit des Einzelnen gesehen wird, zum Aussterben der Menschheit führt! Dass Homosexualität überhaupt nur Krankheiten verursacht!

Diese Aussagen unter dem Titel „Eigentlich ist im Islam alles möglich“ unwidersprochen im Profil zu lesen, der vermutlich und hoffentlich auch von österreichischen MuslimInnen gelesen wird, halte ich für einen enormen Rückschritt. Zurecht würden solche Aussagen eines österreichischen Autors kritisiert werden. Ist es statthaft solche extremen lesben- und schwulenfeindliche Äußerungen kommentarlos abzudrucken, ohne darauf hinzuweisen, dass in den meisten islamischen Ländern Homosexuelle verfolgt, gefangen genommen und in vielen Staaten erhängt und ermordet werden? Ich hätte das Interview verdaut, wenn diese Fakten erwähnt worden wären. Interviews wie diese zu führen und zu lesen ist wichtig, aber dann bitte auch mit den dazu gehörenden Fakten! Im Übrigen wird Homosexualität in den Vereinigten Arabischen Emiraten, so wie in in sechs weiteren islamischen Ländern (Jemen, Iran, Saudi-Arabien, Nord-Sudan, Nord-Nigeria und Mauretanien), noch immer mit der Todesstrafe geahndet.

Marco Schreuder, Abgeordneter zum Wiener Landtag und Sprecher der Grünen Andersrum