Die Grünen Nationalratsabgeordneten Judith Schwentner und Alev Korun waren heute im Gleichbehandlungsausschuss. Das wäre ja noch keinen Blogbeitrag wert. Was die beiden dort aber seitens der ÖVP zu hören bekamen ist schier unglaublich. Dazu später mehr.
Der politische Hintergrund
Seit 1997 versucht die EU (erstmals im Vertrag von Amsterdam) Antidiskriminierung auch europaweit zu forcieren. Es sollen keine Menschen aufgrund der ethnischen Herkunft, der so genannten „Rasse“, der sexuellen Orientierung, des Alters, einer Behinderung, des Geschlechts, der Religion oder der Weltanschauung diskriminiert werden dürfen. So fortschrittlich das damals war: Schon damals war ein Problem mit geboren. Während Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft sowohl im Arbeitsrecht als auch bei Dienstleistungen oder dem Erwerb von Gütern Diskriminierungsschutz bekamen, wurden Diskriminierungsgründe wie Alter oder sexuelle Orientierung nur im Arbeitsrecht berücksichtigt.
Die EU-Richtlinie war somit der kleinste damalige Nenner der Mitgliedsstaaten. Viele Staaten – mittlerweile 21 innerhalb der EU – sahen die Richtlinie daher auch als das, was es war: Die Mindestvoraussetzungen. Und sie taten das, was Mitgliedsstaaten tun dürfen: Sie erweiterten den Diskriminierungsschutz gleich für alle.
Nicht so Österreich: Die schwarz-blau/orange Regierung setzte die Richtlinie nur als Minimum um, machte auch kein eigenes Antidiskriminierungsgesetz, sondern verpackte die Richtlinie im Gleichbehandlungsgesetz. So haben wir in Österreich seit Jahren unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen im Diskriminierungsschutz.
Der unterschiedliche Diskriminierungsschutz
Lesben, Schwulen und Transgendern, denen Dienstleistungen oder der Zugang zu Gütern verweigert wird, können sich nicht wehren. Cafés dürfen weiterhin schwule Paare rauswerfen, Juweliere sich weigern einer Transgender-Person Schmuck zu verkaufen oder ein Taxifahrer sich weigern ein lesbisches Paar zu fahren. Wenn die Caféhausbesitzerin, der Juwelier oder der Taxifahrer das bei Menschen tun würden, die aufgrund ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert werden, können diese sich rechtlich wehren. Diese Ungleichheit beim Diskriminierungsschutz ist österreichische Realität. Besondrs brisant wird das freilich bei lebensnotwendigen Erwerb oder Dienstleistungen. Man denke etwa an einen Wohnungskauf.
Angleichung beim Diskriminierungsschutz?
Die SPÖ versucht nunmehr den Diskriminierungsschutz für alle gleich zu stellen. Dann hörte man länger nichts mehr. Bis heute, als eben Judith Schwentner und Alev Korun im Gleichbehandlungsausschuss mal nachfragten, was denn nun mit der Angleichung sei.
Die Antwort der ÖVP ließ keine Zweifel aufkommen: Sie ist gegen die Gleichstellung und beruft sich auf die Bischofskonferenz. Wir haben also in Österreich neben der großen Koalition noch eine weitere Koalition: Die der ÖVP mit der römisch-katholischen Kirche. Und die findet es offensichtlich wunderbar, dass etwa Lesben, Schwule und Transgender weiterhin diskriminiert werden dürfen.
Hier die heutige Aussendung von Alev Korun und Judith Schwentner:
Schwentner/Korun: ÖVP blockiert Diskriminierungsschutz für alle
Grüne fordern einheitlichen Diskriminierungsschutz für alle Gruppen
Die Grünen haben im heutigen Gleichbehandlungsausschuss nachgefragt, warum die bereits vor zwei Jahren geplante Gesetzesänderung für mehr Gleichbehandlung auch außerhalb der Arbeitswelt immer noch nicht auf der Tagesordnung steht. Die Antwort war klar, ÖVP und Bischofskonferenz stellen sich dem Anti-Diskriminierungsschutz in den Weg. „Das ist eigentlich ein Wahnsinn, dass eine Gruppe wie die Bischofskonferenz gemeinsam mit der ÖVP einen Gesetzesvorschlag zum Abbau von Diskriminierungen blockiert. Warum sind diese Gruppen daran interessiert, dass es in Österreich weiterhin möglich sein sollte, Menschen zum Beispiel wegen ihres Alters oder ihrer sexuellen Orientierung bei der Wohnungssuche zu diskriminieren? Mit Nächstenliebe hat das jedenfalls nichts zu tun“, meint Judith Schwentner, Frauensprecherin der Grünen.
„Wir brauchen einen einheitlichen Schutz vor Diskriminierungen. Es ist nicht erklärbar, warum Homosexuelle oder ältere Menschen weniger vor Diskriminierungen geschützt werden sollen als zum Beispiel ethnisch diskriminierte. So wie in der Arbeitswelt sollten auch beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen alle Diskriminierungsgründe, wie Alter, sexuelle Orientierung, Religion und Weltanschauung bekämpft werden“, meint Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Grünen. In 21 anderen EU-Staaten habe man sich hier nicht einschüchtern lassen und beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen bereits für mehr Gleichbehandlung gesorgt.
Nun hoffen die Grünen, dass die Verhandlungen auf Regierungsebene weitergehen und Anfang 2013 endlich eine Gesetzesvorlage präsentiert wird. „Für die Diskriminierung von Lesben und Schwulen, Gläubigen und AtheistInnen oder jungen und alten Menschen gibt es keine Rechtfertigung. Alle genannten Gruppen haben ein Recht auf Schutz vor Benachteiligung, wenn sie Geschäfte abschließen“, sagen Schwentner und Korun.