Wien will's nicht wirklich wissen. Warum ich die Volksbefragung boykottieren werde.

In diesem Blogbeitrag habe ich bereits meine Haltung zur Volksbefragung kundgetan. In den Wochen danach habe ich sehr intensiv darüber nachgedacht, ob ich zur Volksbefragung gehen werde und das eine oder andere mit „ja“ oder „nein“ beantworten soll, oder eben nicht. Ich habe mich entschieden, die Volksbefragung zu boykottieren und nicht hinzugehen.

Warum?

Eine große Motivation, warum ich ursprünglich zur Volksbefragung gehen wollte, ist mein tiefer Respekt vor der Demokratie. Volksbefragungen sind also ein wunderbares und viel zu selten angewandtes Mittel der Demokratie. Das Problem ist nur: Die Fragestellungen sind derart suggestiv, die Beantwortung bereits derart in der Fragestellung beeinflusst, dass genau diese Volksbefragung das Gegenteil von Demokratie darstellt. Es ist eine Verhöhnung der Demokratie! Das bedeutet schlussendlich, dass der soeben angesprochene Respekt vor der Demokratie sich nur gegen diese Volksbefragung richten kann.

Die Fragen

Gehen wir noch einmal die Fragen durch, um meine Haltung im Detail zu erklären:

1. Im Jahr 2000 wurde durch den Bundesgesetzgeber die Möglichkeit abgeschafft, Hausbesorger anzustellen. Eine bundesgesetzliche Neuregelung ist seither nicht zustande gekommen. Sind Sie dafür, dass in Wien die Möglichkeit geschaffen wird, neue HausbesorgerInnen (mit modernem Berufsbild) einzustellen? JA NEIN 
Gleich im ersten Satz wird Schuld zugewiesen, nämlich der Bund. Der regelt das nämlich. Was bedeutet also die Frage? Wenn – was anzunehmen ist – so etwa 90 {6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} mit „Ja“ abstimmen, was hat das dann für eine Konsequenz? Ein Resolutionsantrag des Wiener Gemeinderats, in dem der Bund aufgefordert wird wieder Hausbesorger_innen zu ermöglichen kann jetzt auch abgestimmt werden und kostet keine 7 Millionen Euro. Wahrscheinlich wäre eine überwältigende Mehrheit dafür. Was soll das also? Oder möchte Wien alle Kosten übernehmen? Warum wird das dann nicht gesagt? Und was sollen moderne Hausbesorger_innen eigentlich können? Sind das wieder Blockwarte wie zur Jahrhundertwende (die um 1900, teilweise noch die um 2000), oder sollen sie ein völlig neues Jobprofile bekommen? Sollen das auch sozial ausgebildete Menschen sein? Fragen über Fragen, die bitteschön zuerst beantwortet werden sollen, bevor irgend jemand da ein „Nein“ oder „Ja“ ankreuzt.

2. Internationale Studien zeigen, dass die Ganztagsschule der entscheidende Erfolgsfaktor für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie darstellt sowie das Bildungsniveau der Bevölkerung deutlich hebt.
Sind Sie für ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen in Wien ?
JA NEIN
Internationale Studien sind gut und schön. Welche denn? Diese Frage ist das beste Beispiel einer Suggestivfrage. Da könnten wir genau so fragen: Internationale Studien zeigen, dass Schokolade glücklich macht. Wollen Sie ein flächendeckendes Angebot an Schokolade in Wien? Nicht falsch verstehen: Ich bin sehr für Ganztagsschulen! Aber hier wird nicht ein demokratisch legitimes Pro und Contra zugelassen. Hier wird gleich suggestiv vermittelt: Wer „nein“ stimmt ist blöd. So etwas nennt man undemokratisch. Das ist DDR in Reinkultur.

3. Einige Großstädte (z. B. London, Stockholm) haben zur Bewältigung des innerstädtischen Verkehrs eine Einfahrtsgebühr für das Stadtzentrum eingeführt (Citymaut). In Wien konnte durch die Verkehrspolitik (Ausbau öffentlicher Verkehr, Parkraumbewirtschaftung, Wohnsammelgaragen, Ausbau Radwegenetz) in den letzten Jahren der Autoverkehr in der Stadt deutlich reduziert werden.
Soll in Wien eine Citymaut eingeführt werden ?
JA NEIN
Abgesehen davon, dass die Behauptung, der Autoverkehr hätte in den letzten Jahren abgenommen in stadteigenen Studien widerlegt wird: Was für ein Citymaut denn? Da gibt es so unendlich viele Modelle, dass man nicht reinen Gewissens mit „Ja“ oder „Nein“ abstimmen kann! Wo soll denn die Citymaut bezahlt werden? Stadtgrenze? Gürtel? Ring? Rund um Häupls Wohnung? Wie teuer soll sie denn sein? Wie wird sie abgrechnet und wie wird die Privatsphäre geschützt, falls elektronisch abgerechnet wird? Wird es mehr Park & Ride-Anlagen geben? Wie hoch wären die Einnahmen und wohin werden diese investiert? Diese Frage ohne klares Modell zu präsentieren ist purer Schwachsinn und Populismus.

4. In Wien fahren täglich Nachtbusse von 0.30 bis 5.00 Uhr. Ein 24-Stunden-U-Bahn-Betrieb am Wochenende (Freitag und Samstag) kostet pro Jahr 5 Millionen Euro und bewirkt veränderte Fahrtrouten der Nachtbusse an Wochenenden.
Sind sie dafür, dass die U-Bahn am Wochenende auch in der Nacht fährt ?
JA NEIN
Warum werden bei dieser Frage die Kosten erwähnt, aber beispielsweise bei den Ganztagsschulen nicht? Warum sagen die Wiener Linien uns, dass so etwas 2 Millionen Euro kosten würde? Sind diese Zahlen einfach aus dem linken Ärmel geschüttelt? Und warum sollen die Nachtautobusse geändert werden? Wer will und sagt das und wozu? Im übrigen kostet die Volksbefragung fast 7 Millionen Euro. Da könnte man schon eine Zeit lang die U-Bahn in der Nacht probeweise fahren lassen, ohne eine teure Volksbefragung zu initiieren. Die Grünen sind schon lange dafür, die ÖVP mittlerweile auch.

5. Seit 2006 wird in Wien ein freiwilliger Hundeführschein angeboten. Der Hundeführschein ist eine fundierte Ausbildung für Hundehalter/innen, bei welcher der richtige Umgang mit Hunden erlernt wird. Bei der Prüfung müssen die Hundehalter/innen zeigen, dass sie den Hund auch in schwierigen Situationen im Griff haben.
Sind Sie dafür, dass es in Wien für sogenannte „Kampfhunde“ einen verpflichtenden Hundeführschein geben soll ?
JA NEIN
Ich gebe zu, da kenne ich mich bei diesem Thema nicht besonders gut aus. So wird es wohl fast allen Menschen ohne Hund gehen, die sich mehr über Kot ärgern. Aber: Wann wird ein Hund ein Kampfhund? Und warum sollen Menschen bei Nicht-Kampfhunden nicht auch einen Führschein machen müssen? Können die nicht auch in schwierige Situationen kommen? Alle Hunderassen können belästigen, auch wenn sie nicht auf Kampf trainiert sind. Skurilles Detail am Rande: Die Frage ist völlig falsch formuliert. Denn gefragt wird, ob es für „Kampfhunde“ einen Hundeführschein geben soll. Gemeint sind wohl die Hundehalter_innen. 😉

Gibt es also einen Grund zur Volksbefragung zu gehen? Nein, soweit ist mir klar. Denn diese Volksbefragung gefährdet wichtigste demokratische Grundregeln: Pro & Kontra, Debatte, Klarheit worüber abgestimmt wird, offen und neutral formulierte Fragen. Das ist nur ein Wahlkampfgag. Dafür fast 7 Millionen Euro Steuergeld auszugeben ist ein Wahnwitz. Darüber das Volk zu befragen geht aber erst am 10.10.2010. Denn dann wählt Wien einen neuen Landtag und Gemeinderat.

Über Medezettel, erwünschte und unerwünschte Outings und Co.

Mein Blogbeitrag zum neuen Meldezettel, sowie die Pressekonferenz am vergangenen Freitag haben innerhalb und außerhalb der Community Staub aufgewirbelt und spannende Diskussionen ausgelöst.
Folgende Punkte sind dabei immer wieder aufgetaucht und mir gemailt, gesagt, gepostet oder sonstwas worden:

Wenn Lesben und Schwule schon eine Eingetragene Partnerschaft eingehen können machen sie das doch gerade dadurch öffentlich. Also soll man auch dazu stehen!
Sichtbarkeit und Out-sein war der Schlüssel der Emanzipationsbewegung. Also kann man das auch in dieser Form akzeptieren.
Man legt bei Behörden oder privaten Firmen (Arbeitgeber, Fahrschulen, Bibliotheken, etc.) nicht den eigentlichen Meldezettel vor, sondern eine Bestätigung der Meldung, in der der Personenstand nicht angeführt ist.
Andere Bereiche sind im Gesetz über die Eingetragene Partnerschaft wesentlich gravierender diskriminierender.
Verpartnern sollten sich überhaupt nur selbstbewusst offen lebende Lesben und Schwule lassen.
Heteros mussten sich durch die anzukreuzenden Rubriken „verheiratet“, „geschieden“ oder „verwitwet“ auch immer outen.

Dazu möchte ich gerne Stellung nehmen:
Vorab einer meiner wichtigsten politischen Grundsätze im Bereich Outing:
Ein Coming-out ist eine persönliche individuelle Entscheidung. Jede Person entscheidet selbst, wem gegenüber er oder sie sich outen will. Je mehr das tun, umso besser! Aber ein Outing seitens Dritter ist für mich inakzeptabel!
Nun aber zu den Punkten:

Es ist natürlich richtig, dass ein offener und selbstbewusster Mensch auch öffentlich zu seiner Sexualität stehen soll. Das ist wichtig als gesellschaftspolitischer Motor. Aber der Gesetzgeber hat ein Institut eingerichtet, das ausschließlich Homosexuellen offen steht. Heteros dürfen keine EP eingehen. Also wird durch das Ankreuzen eine sexuelle Orientierung publik.
Das ist absolut richtig und man soll auch jede und jeden ermutigen, diesen Schritt zu machen, weil es so wichtig ist. Aber entscheiden soll das jede und jeder selbst – und nicht eine Behörde!
Hier wird’s interessant. Tatsächlich dürften einige Bezirke und Gemeinden eine Meldebestätigung ausstellen, auf der der Personenstand nicht vermerkt ist. Auf meiner Bestätigung steht er sehr wohl. Auch andere zeigten mir ihre Bestätigung und der Personenstand ist vermerkt. Etwa im 15. Bezirk. Richtig ist die Kritik, dass man ja keine Meldezettel vorlegt sondern Meldebestätigungen. Ich habe öffentlich einheitlich „Meldezettel“ gesagt, um nicht zu verwirren.
Ja, es gibt weitere Diskriminierungen durch die Einführung des EPGs. Erstaunlicherweise kam dieser Hinweis auch von NGOs. Hier bin ich verwirrt, dass manche das eher als Lappalie abtun, denn seit wann waren lesbisch-schwule Vereine dafür, dass Menschen von Dritten geoutet werden? Ich fürchte, hier haben manche noch nicht weitergedacht. Auch nicht, was mit gesammelten Daten alles passieren kann – etwa seitens Privater!
Dem ist leider nicht so! Drittstaatsangehörige gehen heute schon gerne EPs mit ihren österreichischen Partner oder Partnerin ein, damit sie endlich einen (ohnehin im Fremdenrecht eine schikanös schwierigen) legalen Status haben, um beim Partner oder bei der Partnerin leben zu können. Nicht selten arbeiten diese Menschen in Betrieben (oft auch Familienbetriebe!), wo sie schlicht und einfach nicht geoutet sein wollen. Das ist zu respektieren! das gilt übrigens natürlich auch für österreichische Lesben und Schwulen – nicht jede und jeder will in gewissen Bereichen geoutet sein und dieses Recht auf Privatsphäre sollte jedem überlassen bleiben.
Heteros waren sicher auch „geoutet“, allerdings haben Heterosexuelle kaum mit Diskriminierungen aufgrund einer sexuellen Orientierung zu kämpfen.

 

Interview im "David": Miep Gies, Vergangenheitsbewältigung, politische Motivation und die Niederlande.

Noch vor dem Tod der 100-jährigen Miep Gies gab ich der empfehlenswerten Zeitschrift „David – Jüdische Kulturzeitschrift“ ein Interview (Website, dort kann die wunderbare Zeitschrift auch abonniert werden). Das Interview war auch für mich spannend, denn ging es zuerst um Miep Gies, wurde das Interview persönlicher und ich durfte viele Motivationen meiner Politik erklären. Auch, warum die Vergangenheitsbewältigung in Österreich so oft schief läuft.

 
Miep Gies – Die Wiener Retterin der Anne Frank –Tagebücher
Interview mit Marco Schreuder

von Tina WALZER

 
DAVID: Herr Schreuder, Sie sind Gemeinderat und Landtagsabgeordneter der Grünen Wien. Diesen Sommer besuchten Sie Ihr Heimatland, die Niederlande, um dort als Vertreter der Stadt Wien einer ehemaligen Wienerin den Goldenen Rathausmann zu überreichen. Die Geehrte, Miep Gies, feierte 2009 ihren 100. Geburtstag. Sie ist die Retterin der weltberühmten Tagebücher von Anne Frank, in Österreich aber bislang unbekannt. Wie kam es zu dieser Ehrung?
Schreuder: Miep Gies wurde als Hermine Santrouschitz am 15. Februar 1909 in Wien geboren. Die Geschichte von Anne Frank ist weltweit bekannt, auch an Österreichs Schulen. Aber wie sie mit Österreich zu tun hat, ist wohl kaum jemandem präsent. Mir als Niederländer ist Anne Franks Geschichte wohl vertraut, ich bin damit aufgewachsen. Als ich im Frühjahr in einer niederländischen Zeitung eine Würdigung von Miep Gies‘ Leistungen las, entstand in mir der Wunsch, diese Frau auch von österreichischer Seite zu würdigen. Ich wandte mich an den Wiener Bürgermeister, Michael Häupl, der spontan die Verleihung des Goldenen Rathausmannes zusagte und mir die Überbringung übertrug.
DAVID: Wie kam Miep Gies dazu, Anne Franks Tagbücher zu retten?
Schreuder: Hermine Santrouschitz wuchs als Kind einer sehr armen Meidlinger Familie in der Körbergasse auf. Nach dem 1. Weltkrieg wurde sie im Rahmen eines Hilfsprogramms des Niederländischen Arbeitervereines für hungernde österreichische Kinder zu Pflegeeltern in die Niederlande verschickt. Mit 11 Jahren kam sie also nach Leiden und erhielt dort Verpflegung, aber auch eine Ausbildung. Später zog die Pflegefamilie mit ihr nach Amsterdam. Mit Einverständnis ihrer leiblichen Eltern blieb Hermine, die nun Miep gerufen wurde, bei ihrer Pflegefamilie und kehrte nicht mehr nach Wien zurück. Nach dem Abschluss ihrer Ausbildung nahm sie 1933 eine Stelle bei der Firma Opekta in der Prinsengracht 263 an und wurde die Sekretärin von Otto Frank. Zwischen ihr und der Familie Frank entwickelte sich bald eine enge Freundschaft. Zu jener Zeit lernte sie auch ihren späteren Ehemann, Jan Gies, kennen, der dann eine wichtige Rolle im niederländischen Widerstand gegen die nationalsozialistischen Besatzer spielen sollte. 1940 wurde das Königreich Niederlande von nationalsozialistischen Truppen besetzt. Otto Frank zog Miep Gies ins Vertrauen und besprach mit ihr seine Pläne, sich und seine Familie zu verstecken. In der Folge versorgte Miep Gies gemeinsam mit drei weiteren Helfern die Familie Frank in deren Versteck im Hinterhaus der Prinsengracht 263 mit Nahrung, Büchern und Informationen. Gleichzeitig versteckte sie in ihrem eigenen Haus selbst einen untergetauchten Studenten. Sie schaffte es, insgesamt 14 Menschen mit Nahrung zu versorgen. All das war für sie, nach ihren eigenen Worten, eine Selbstverständlichkeit.

DAVID: War ihre Lage in den besetzten Niederlanden nicht prekär?
Schreuder: Miep Gies besass 1938 noch die österreichische Staatsbürgerschaft. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen 1940 wandte sie sich an die niederländische Königin mit der Bitte um Verleihung der niederländischen Staatsbürgerschaft, erhielt diese jedoch nicht. Gleich am Beginn der Besatzung warfen die deutschen Truppen Miep Gies vor, nicht Mitglied einer NS-Organisation zu sein. Ihr Pass lief 1943 ab, und damit sollte sie nach Österreich abgeschoben werden. Um dem zu entgehen, heiratete sie möglichst schnell Jan Gies und konnte die Staatsbürgerschaft auf diese Weise wechseln. Ein Wiener Onkel trug durch Beschaffung der nötigen Wiener Urkunden ganz entscheidend dazu bei.
DAVID: Wie rettete Miep Gies die Tagebücher der Anne Frank?
Schreuder: Das Versteck der Familie Frank, in dem diese seit 1942 leben musste, wurde 1944 verraten. NS-Schergen kamen, um die Familie abzuführen. Deren Oberbefehlshaber war Karl Josef Silberbauer, ein Wiener. Miep Gies hielt sich zum Zeitpunkt der Verhaftung in einem anderen Raum auf, hörte aber durch die Wand den Wiener Dialekt. Sie sprach mit Silberbauer, der aufgrund ihrer Wiener Herkunft auf ihre Verhaftung verzichtete, obwohl sie eine der Helferinnen war. Sofort nach dem Abtransport der Familie Frank suchte Miep Gies das Versteck auf und brachte sämtliche zurückgelassenen persönlichen Gegenstände, darunter die Tagebücher der Anne Frank, in Sicherheit. Sie hob die Tagebücher jahrelang auf, las aber, wie sie selbst sagt, nicht darin, denn sie respektierte die Privatsphäre des deportierten Mädchens.
DAVID: Wie gelangten Anne Franks Tagebücher an die Öffentlichkeit?
Schreuder: Als einziger Überlebender der deportierten Familie Frank kehrte der Vater, Otto Frank, 1945 nach Amsterdam zurück. Miep Gies übergab ihm die Wertgegenstände, darunter die Tagebücher seiner Tochter als deren Vermächtnis. Anne Frank war bei der Niederschrift sehr wohl bewusst gewesen, dass sie damit ein Dokument der Verfolgung schuf. Der Vater ließ dieses ergreifende Dokument publizieren.
DAVID: Wie werden die Tagebücher der Anne Frank in den Niederlanden heute bewertet?
Schreuder: Mittlerweile werden sie als literarisches Werk angesehen, einer sehr talentierten, wenn auch sehr jungen Autorin. Hier hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden, weg von der Beschränkung auf ein Zeitzeugnis, hin zu einer künstlerischen Beurteilung.
DAVID: Wie ging die Geschichte von Miep Gies weiter?
Schreuder: Sie und Otto Frank blieben ihr ganzes Leben lang befreundet. Otto Frank richtete Stiftungen in der Schweiz, in Basel, sowie in den Niederlanden ein. Jan und Miep Gies hatten in den frühen 1950er Jahren einen Lottogewinn gemacht und finanzierten damit für Frank eine Reise zu dessen Verwandten nach Basel; dieser zog später dorthin. Das Buch wurde ein Welterfolg, auch ein grosser finanzieller Erfolg, der den Stiftungen zugute kam. Miep Gies selbst gab noch bis vor kurzem gerne Interviews.
DAVID: Hatten Sie Gelegenheit, Miep Gies persönlich kennenzulernen?
Schreuder: Den Goldenen Rathausmann nahm Teresien da Silva, die Leiterin der Sammlungen und des Archivs der Anne Frank-Stiftung, für sie entgegen. Frau da Silva besucht Miep Gies wöchentlich und überbrachte ihr die Ehrung der Stadt Wien. Sie berichtete mir dann, dass Miep Gies der aktuelle Rechtspopulismus, den es auch in den Niederlanden gibt, sowie die Anti-Islam-Hetze grosse Angst machen. Es erinnert sie stark an die Judenhetze der Zwischenkriegszeit.
DAVID: Warum war Miep Gies in ihrem Herkunftsland Österreich unbekannt?
Schreuder: Das hat mit Österreich zu tun, mit der sogenannten Vergangenheitsbewältigung. Der Fokus scheint in Österreich auf den Tätern und einer Selbstbefragung zu liegen – besonders seit 1986 und der Waldheim-Affaire, dieser Frage: Wer war mein Grossvater, was hat er gemacht? Vergessen wird dabei auf die Helden. Dem Land fehlen hier wirklich die role models. Anscheinend gibt es kein großes Bewusstsein für richtig und falsch: „Widerstandskämpfer“ waren gleich nach Kriegsende, als quasi militärische Formationen, akzeptiert, aber persönliche, private menschliche Hilfe wurde wohl eher als eine Art Desertion angesehen und entsprechend herabgewürdigt. In der österreichischen Gesellschaft hat Zivilcourage bis heute einen eher geringen Stellenwert, das zeigt sich auch an der erst 2009 erfolgten Rehabilitation der Wehrmachtsdeserteure. Was wäre, was würde sich ändern, wenn die historischen Statuen am Heldenplatz durch solche der Helfer und Widerstandskämpfer des Alltags 1938 – 1945 ersetzt würden? In einem Land, wo zwar nach wie vor der 26. Oktober 1955, der Abzug der alliierten Truppen, als Staatsfeiertag gewürdigt wird, nicht aber der 8. Mai 1945, das Kriegsende?
DAVID: Haben Sie ein persönliches Motiv, sich für solche Themen einzusetzen?
Schreuder: Meine Familie stammt aus Putten, einem kleinen Ort in den Niederlanden. Putten wurde von den Nationalsozialisten zerstört. Bei einer Razzia wurden 1944 alle Puttener Männer zwischen 17 und 55 Jahren von niederländischen Kollaborateuren in die Kirche gelockt. Direkt von dort wurden alle in Konzentrationslager deportiert. Das Dorf wurde niedergebrannt. Nur wenige der Männer überlebten. Mein Grossvater hatte der Verhaftung entgehen können. Anlässlich eines Besuches meiner anderen Grosseltern in Rotterdam erfuhr ich, noch in meiner Schulzeit, dass mein dortiger Grossvater den „Arbeitseinsätzen“ entgehen konnte, weil der Nachbar der Familie, ein Schweizer, ihm und vielen anderen regelmäßig Zuflucht in seinem Haus gewährte, wenn Razzien drohten, denn als Schweizer wurde er nicht behelligt. Da erst ist mir bewusst geworden – ich ging damals in Bad Ischl zur Schule, wohin meine Eltern mit mir gezogen waren -, was für ein Unterschied zwischen meinen Mitschülern und mir da bestand: die anderen erzählten, welche ihrer Grosseltern Nazis waren, und ich kam mit diesen Geschichten zurück.
DAVID: Sehen Sie heute einen Unterschied im Umgang mit dem Nationalsozialismus in den Niederlanden und in Österreich?
Schreuder: Vergleichbar ist die Identifikation mit der Opferrolle. Auch die Niederländer haben sich lange als Opfer gefühlt und die Mittäterschaft verschwiegen. Kollaborateure mit dem NS-Regime hatte es auch in den Niederlanden zuhauf gegeben; damit tat man sich schwer. Das hat sich aber inzwischen geändert. Der Unterschied zu Österreich liegt meiner Meinung nach darin: Die Niederlande hatten eine Königin, Wilhelmina, die auf der Flucht vor den Nazis ins Exil ging, nach Grossbritannien. Aus dem Exil organisierte sie den niederländischen Widerstand, leitete eine Exilregierung. Sie wurde damit zur Identifikationsfigur. Bis heute gibt es in den Niederlanden seither eine starke antifaschistische Tradition. Die Königin kam dann einfach wieder in die Niederlande zurück, das war die eigentliche, gefühlte „Befreiung“. Seither gibt es in den Niederlanden zwei Feiertage: Am 4. Mai ist der Totengedenktag. Um 20.00 Uhr gibt es zwei Schweigeminuten. Jeder Niederländer hält sich daran, alle Fussgänger, alle Autos, auch auf den Autobahnen, bleiben stehen, und die Niederländer werden sehr böse, wenn jemand das Schweigen bricht. Das ganze Land liegt 2 Minuten lang totenstill. Am darauffolgenden Tag, dem 5. Mai, wird dann der Tag der Befreiung gefeiert. Das vermisse ich in Österreich, so etwas hat es hier nie gegeben.
DAVID: Herr Schreuder, was ist Ihre politische Motivation?
Schreuder: In meiner Jugend mit der Waldheim-Affaire und dem Aufstieg Jörg Haiders konfrontiert, begann ich politisch zu denken. Das war ein Akt des Widerstands, meine antifaschistische Grundeinstellung wurde mein politisches Motiv. Seit 2005 bin ich Gemeinderat in Wien, davor war ich Menschenrechtsreferent. Meine persönlichen Erfahrungen motivieren mich, für Menschenrechte, vielfältige Lebenskonzepte und Pluralität, gegen Rassismus und Normdenken einzutreten, egal, ob es um ethnische oder geschlechtsspezifische Differenzen, sexuelle Orientierung, oder um Religion geht.
DAVID: Vielen Dank für das Gespräch!

Am 31. Juli 2009 erhielt Miep Gies auch das Grosse Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Die UNESCO nahm Anne Franks Tagebücher ins Memory of the World Register auf.

Literaturhinweise:
Miep Gies: Meine Zeit mit Anne Frank. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 2009.256 Seiten, Euro 10,30.-ISBN 978-3-596-18367-8.
Madelon de Keizer: Razzia in Putten. Verbrechen der Wehrmacht in einem niederländischen Dorf. Köln: Dittrich Verlag 2001. 470 Seiten.ISBN 3-920862-35-X.
Die Tagebücher der Anne Frank. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1988.792 Seiten, Euro 60,70.-ISBN 978-3-10-076710-3.

Kulturausschuss vom 14.01.2010

Mit einem unspektakulären Ausschuss mit 20 Aktenstücken startete das neue Jahr der Wiener Kulturpolitik:Post Nr. 1AZ PGL – 04391-2009/0001 – KFP/GAT; FPÖAntrag der FPÖ-Gemeinderäte Veronika Matiasek, Mag. Gerald Ebinger, Mag. Johann Gudenus und Rudolf Stark betreffend abgelehnte Subventionsansuchen. Bericht zum gegenständigen Antrag.Die FPÖ beantragte, auch abgelehnte Subventionsanträge mögen dem Kulturausschuss vorliegen. Etwas, das wir gerne unterstützen und auch immer gefordert haben. Die Anfragebeantwortung von SRin Brauner (und somit der Stadtregierung, denn der Antrag ist ja mehreren Ausschüssen zugewiesen worden) ist eine reine juristische Stellungnahme, leider keine demokratiepolitische. Brauner lehnt das Ansuchen nämlich rundum ab. Antrag der FPÖ: ÖVP, Grüne und FP dafür, SP dagegen, Bericht: SP dafür, VP, Grüne und FP dagegen.Post Nr. 2AZ 05314-2009/0001-GKU; MA 07 – 2449/07Die weitere Betriebssubvention an die Schauspielhaus Wien GmbH für das Jahr 2010 in der Höhe von 350 000 EUR, für das Jahr 2011 in der Höhe von 932 500 EUR und die Betriebssubvention für die Jahre 2012 und 2013 in der Höhe von je 1 515 000 EUR wird genehmigt. Die Magistratsabteilung 7 – Kultur wird – infolge der Erhöhung der Subvention für 2010 und 2011 und gleichzeitigen Verlängerung der Gewährung der Subvention ab Sommer 2011 bis Dezember 2013 – zur Änderung der auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 25. Mai 2007 (Pr.Zahl 02030-2007/0001-GKU) abgeschlossenen Mehrjahresvereinbarung für den Zeitraum Sommer 2007 bis Sommer 2011 mit der Schauspielhaus Wien GmbH ermächtigt. Demzufolge werden der Schauspielhaus Wien GmbH für den Zeitraum Sommer 2007 bis Dezember 2013 nachstehende Subventionen bis zu den genannten Beträgen gewährt:2007 582 500 EUR (Sommer bis Dezember, bereits beschlossen, GR-Antrag vom 25. Mai 2007)2008 1 165 000 EUR (bereits beschlossen, GR-Antrag vom 25. Mai 2007)2009 1 165 000 EUR (bereits beschlossen, GR-Antrag vom 25. Mai 2007)2010 1 515 000 EUR (1 165 000 EUR bereits beschlossen, GR-Antrag vom 25. Mai 2007) 2011 1 515 000 EUR (582 500 EUR bis Sommer bereits beschlossen, GR-Antrag vom 25. Mai 2007)2012 1 515 000 EUR 2013 1 515 000 EURDer auf das Verwaltungsjahr 2010 entfallende Betrag in der Höhe von 350 000 EUR ist auf Haushaltsstelle 1/3240/757 im Voranschlag 2010 bedeckt. Für die Bedeckung der Restbeträge ist in den Voranschlägen der kommenden Jahre Vorsorge zu treffen.Hier hat mich eine Klausel interessiert, die ich in einigen Akten entdeckte, in anderen wiederum nicht. Und genau das weckte mein Interesse. In dieser Klausel wird den Kulturbetrieben erlaubt, nicht verwendete Gelder ins Folgejahr mitnehmen zu können, was ja prinzpiell vernünftig ist. Aber wieso kommt das in anderen Akten nicht vor? Und wird dann die Subvention des Folgejahrs um den Betrag reduziert? Nein, meinte die MA 7 dazu, denn manchmal stellen Firmen ja Rechnungen erst später. Zudem würden vor allem Theaterbetriebe ja nicht kalendarisch, sondern von Saison zu Saison arbeiten. Die Anregung, auch in anderen Akten diesen Passus aufzunehmen, wurde als eine gute bezeichnet, aber man hat das bisher aus Erfahrung bei bestimmten Betrieben gemacht. Die Subventionen im Folgejahr werden deshalb aber nicht gekürzt. Einstimmig.Post Nr. 3AZ 05286-2009/0001-GKU; MA 07 – 4943/09Die Subvention an den Verein zur Förderung der kulturellen Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern Niederösterreich und Wien im Jahr 2010 für die Herausgabe der Kulturzeitschrift „k2“ (mit gleichnamiger Onlineplattform) in der Höhe von 182 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/3813/757 gegeben.SP, VP und Grüne (mit Bauchweh – denn k2 agiert oft leider im Pröll-Häuplschen Sinne parteipolitisch) dafür, FP ohne Wortmeldung dagegen.Post Nr. 4AZ 05259-2009/0001-GKU; MA 08 – L-7210/2009Der im beiliegenden Entwurf vorliegende Vertrag, abzuschließen zwischen der Stadt Wien, vertreten durch die Magistratsabteilung 8 – Wiener Stadt und Landesarchiv, und der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft wird genehmigt.EinstimmigPost Nr. 5AZ 05479-2009/0001-GKU; MA 07 – 5907/2009Die Subvention in Form eines Rahmenbetrages für die Förderung von Aktivitäten auf dem Gebiet der bildenden Kunst, insbesondere für Projektförderungen an verschiedene kleine Künstlervereinigungen, den Verein „Fotogalerie Wien“ und die Prämienaktion für Wiener Galerien im Jahr 2010 in der Höhe von 158 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf der Haushaltsstelle 1/3120/757 gegeben.EinstimmigPost Nr. 6AZ 05480-2009/0001-GKU; MA 07 – 6374/2009Für die Gewährung von Druckkostenbeiträgen im Bereich der bildenden Künste wird im Jahr 2010 ein Rahmenbetrag in der Höhe von 6 000 EUR genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/3120/755 und auf Haushaltsstelle 1/3120/768 im Voranschlag 2010 gegeben.EinstimmigPost Nr. 7AZ 05288-2009/0001-GKU; MA 07 – 5889/09Die Subvention für „D’Akkordeon“- Kulturverein zur Förderung und Verbreitung von Akkordeonmusik im Jahr 2010 für das Akkordeonfestival in der Höhe von 60 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/3813/757 mit 40 000 EUR und Haushaltsstelle 1/3220/757 mit 20 000 EUR gegeben.EinstimmigPost Nr. 8AZ 05291-2009/0001-GKU; MA 07 – 6248/09Die Subvention an die Wiener Konzerthausgesellschaft im Jahr 2010 für das 19. Frühlingsfestival in der Höhe von 240 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/3813/757 gegeben.EinstimmigPost Nr. 9AZ 05250-2009/0001-GKU; MA 07 – 5955/09Die Subvention für die Stadtinitiative Wien – Konzerte im Jahr 2010 für die Konzertzyklen im Frühjahr in der Höhe von 40 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/3813/757 gegeben.EinstimmigPost Nr. 10AZ 05251-2009/0001-GKU; MA 07 – 6179/09Die Magistratsabteilung 7 – Kultur wird zum Abschluss einer 3-Jahresvereinbarung mit der „Haus der Musik“ Betriebsgesellschaft m.b.H. ermächtigt. Bei Nichtzustandekommen der 3-Jahres-Vereinbarung soll der Vereinigung nur eine einjährige Förderung gewährt werden. Demzufolge werden für die Jahre 2010 bis 2012 nachstehende Subventionen bis zu den genannten Beträgen gewährt:2010 1 350 000 EUR2011 1 350 000 EUR2012 1 350 000 EURDie Subvention für die „Haus der Musik“ Betriebsgesellschaft m.b.H im Jahr 2010 in der Höhe von 1 350 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/3220/757 gegeben. Für die Bedeckung der Restbeträge ist in den Voranschlägen der kommenden Jahre Vorsorge zu treffen.Nicht zu Unrecht sagte die VP,
dass wieder ein Unternehmen der Holding zusätzliche Subventionen aus dem Kulturbudget erhält. Diese Meinung teilen wir, haben aber dem Haus der Musik inhaltlich zugestimmt. Mailath-Pokorny meinte, das Haus hätte immer zusätzliches Geld erhalten, natürlich könne man grundsätzlich diskutieren, aus welchem Topf diese kämen. Er meint, das Ressort Kultur sei hier schon sinnvoll. SP, Grüne und FP dafür, VP dagegen.Post Nr. 11AZ 05310-2009/0001-GKU; MA 07 – 6197/09Die Subvention an den Wiener Tourismusverband für 2010 in der Höhe von 5 276 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/7712/757, gegeben.EinstimmigPost Nr. 12AZ 05315-2009/0001-GKU; MA 07 – 6196/09Dem Wiener Tourismusverband wird für das Jahr 2010 aus dem Erträgnis der Ortstaxe ein Betrag in Höhe von 14 000 000 EUR genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/7712/757, gegeben.EinstimmigPost Nr. 13AZ 05379-2009/0001-GKU; MA 07 – 6362/09Die Subvention im Bereich der strukturellen Unterstützung von Kinobetrieben sowie Kinoförderung im Jahr 2010 in der Höhe von insgesamt 400 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/3710/775 gegebenDie VP freut sich über die Erhöhunh um € 100.000 (wir auch), wollte aber wissen, ob es bei der Vergabe zu einem neuen System komme. Ich meine nicht, aber die MA 7 wird sicherheitshalber noch Rücksprache halten und uns informieren. Einstimmig.Post Nr. 14AZ 05253-2009/0001-GKU; MA 07 – 5602/09Die Magistratsabteilung 7 – Kultur wird zum Abschluss einer 3-Jahresvereinbarung für die Jahre 2010 bis 2012 mit der Stadttheater Walfischgasse GmbH betreffend Betrieb des Stadttheaters Walfischgasse ermächtigt. Bei Nichtzustandekommen der 3-Jahres-Vereinbarung soll der Stadttheater Walfischgasse GmbH nur eine einjährige Förderung gewährt werden. Demzufolge werden der Stadttheater Walfischgasse GmbH für den Betrieb des Stadttheaters Walfischgasse für die Jahre 2010 bis 2012 nachstehende Subventionen bis zu den genannten Beträgen gewährt:2010 300 000 EUR2011 300 000 EUR2012 300 000 EURDer auf das Verwaltungsjahr 2010 entfallende Betrag in der Höhe von 300 000 EUR ist auf Haushaltsstelle 1/3240/757 im Voranschlag 2010 bedeckt. Für die Bedeckung der Restbeträge ist in den Voranschlägen der kommenden Jahre Vorsorge zu treffen.Wir stimmen gegen den Akt. Der Grund: Die Jury hat keine Empfehlung abgegeben und somit widerspricht dieser Akt der Theaterreform – ein „Mailathscher Antrag“, wie meine Kollegin solche Akten gerne nennt. Zudem kam die Walfischgasse 2008 noch € 200.000, wurde im Vorjahr erhöht, ohne dass es Jury-Empfehlungen gab. SP, VP und FP dafür, Grüne dagegen.Post Nr. 15AZ 05252-2009/0001-GKU; MA 07 – 5522/09Die Subvention an die Original Wiener Stegreifbühne im Jahr 2010 für die Jahrestätigkeit 2010 in der Höhe von 80 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/3240/757 gegeben.EinstimmigPost Nr. 16AZ 05287-2009/0001-GKU; MA 07 – 5197/09Die Subvention an den Verein IG Freie Theaterarbeit im Jahr 2010 für die Betriebstätigkeit in der Höhe von 51 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf Haushaltsstelle 1/3240/757 gegeben.EinstimmigPost Nr. 17Allfälligeskeine WortmeldungenPost Nr. 18AZ 00067-2010/0001-GKU; MA 07 – 5948/09Die Subvention an den Verein „Hunger auf Kunst und Kultur“, Aktion für den freien Zugang zu Kunst und kulturellen Aktivitäten für von Armut bedrohte Menschen, im Jahr 2010 für die Aktion „Hunger auf Kunst und Kultur“ in der Höhe von 80 000 EUR wird genehmigt.EinstimmigPost Nr. 19AZ 00068-2010/0001-GKU; MA 07 – 5109/08Die Subvention an den Verein Arbeitsgemeinschaft der Wiener Bezirkmuseen für den Betrieb und die Projekte im Jahr 2010 in der Höhe von 384 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf der Haushaltsstelle 1/3600/757 (364 000 EUR) und auf der Haushaltsstelle 1/3813/757 (20 000 EUR) gegeben.Die Präsidentin der Bezirksmuseen, Dr. Faber, ist bedauerlicherweise gestorben. Daher wollte die VP wissen, wie es weitergehen wird. Derzeit ist die Präsidentschaft interimistisch, bald sollte aber neu gewählt werden. Einstimmig.Post Nr. 20AZ 00066-2010/0001-GKU; MA 07 – 5817/09Die Subvention an den Verein „Unit F büro für mode“ für das Jahresprogramm im Jahr 2010 in der Höhe von insgesamt 146 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung der Förderung ist auf der Haushaltsstelle 1/3120/757 mit 136 000 EUR und auf der Haushaltsstelle 1/3813/768 mit 10 000 EUR gegeben.(weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)EinstimmigPost Nr. 21AZ 00065-2010/0001-GKU; MA 07 – 6638/09Der Rahmenbetrag für die Gewährung von Subventionen nach positiver Begutachtung durch den Altstadterhaltungsbeirat für das Jahr 2010 in der Höhe von 5 538 000 EUR wird genehmigt. Die Bedeckung ist auf den Haushaltsstellen 1/3630/772 und 1/3630/778 gegeben.Einstimmig

Der neue Meldezettel mit Eingetragener Partnerschaft öffnet Tür und Tor für Datenmissbrauch

Die neuen amtlichen Meldezetteln sind da. Und es kam, wie es zu befürchten war. Nicht nur sind „Eingetragene Partner“ nicht verheiratet. Sie sind auch nicht geschieden und nicht verwitwet, sondern „aufgelöst“ oder „hinterblieben“.

Man kennt meine Position: Ich halte die Ungleichbehandlung heterosexueller Ehen und homosexueller Partnerschaften für diskriminierend, absurd und sachlich ungerechtfertigt. Darauf will ich aber hier nicht mehr tiefer eingehen.

Denn das wirklich gefährliche an dieser Situation: Es ermöglicht das Sammeln höchst sensibler Daten – nämlich die über die sexuelle Orientierung! Man erinnere sich nur an die illegalen EKIS-Abfragen, die immer wieder vorkamen. Oder man erinnere sich daran, dass ein früherer Innenminister persönliche Asyl-Akten Medien zukommen ließ. Man erinnere sich auch daran, wie oft man woauchimmer (auch bei Privaten) einen Meldezettel vorweisen musste.

Missbrauch von Daten hat es immer gegeben. Mit diesem Meldezettel bist du immer geoutet – bis in den Tod. Einmal verpartnert, immer aktenkundig sozusagen. Das öffnet Tür und Tor für Datenmissbrauch.
Und demnächst werden wohl alle ihre Formulare umstellen: Von den Hotels bis zu Fitnessstudios – und überall können munter Daten über die sexuelle Orientierung gesammelt werden. Danke, Frau Maria Fekter. Sie haben es wieder geschafft zu demonstrieren, wie sehr sie Lesben und Schwule missachten.

Miep Gies, geborene Hermine Santrouschitz. 1909-2010

Miep Gies, die Retterin der Anne Frank-Tagebücher und geborene Wienerin, starb knapp vor ihrem 101. Geburtstag. Noch im Sommer durfte ich ihr den „Goldenen Rathausmann“ überreichen (vergleiche diesen Blogbeitrag aus April 2009 und diesen Blogbeitrag vom Juli 2009).In memoriam Miep Gies:ein englisch untertitelter Ausschnitt aus einem niederländischen Film. Darin sieht man auch einen sehr alten Filmmitschnitt: Bei Otto Franks Firma Opekta stellte sich Miep Gies als Darstellerin eines Werbefilmchens zur Verfügung und kocht Marmelade:Rust in vreden, Miep!

Jüdische Friedhöfe: Post von Ariel Muzicant

Heute fand ich in meinem Postfach ein Brief des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Dr. Ariel Muzicant. Er freut sich – so wie ich – über die Lösung, die für die Instandsetzung und Instandhaltung der Jüdischen Friedhöfe in Österreich gefunden werden konnte (vergleiche diesen Artikel und meine Aussendung dazu).
Er schreibt mir:

Ohne ihre jahrelange Hilfe und Unterstützung im Vorfeld, wäre es wohl nie so weit gekommen und hätte die Israelitische Kultusgemeinde dieses Ziel nicht erreichen können. Wir sind uns dessen bewusst und möchten uns dafür aufrichtig bedanken. 

Ich habe mich sehr gefreut und war gerührt, als ich diese Zeilen las. Denn es ist mehr als nur ein „Dankeschön“. Der Brief und die gefundene politische Lösung für die Jüdischen Friedhöfe zeigen, dass man auch als Gemeinderat und Landtagsabgeordneter etwas bewegen kann – auch wenn man (scheinbar hoffnungslos) auf der Oppositionsbank sitzt. Freilich braucht es einen langen Atem, ungeheuen Druck, der immer wieder aufgebaut werden muss und man darf nie aufgeben und muss dran bleiben und lästig sein. Das ist Knochenarbeit, immer wieder frustrierend aber – wie man sieht – sehr lohnenswert.
Ich hoffe, auch 2010 wieder Führungen am Jüdischen Friedhof Währing mit Historikerin Tina Walzer durchführen zu können. Statt Trauer über den entsetzlichen Zustand des Areals, werden wir uns an diesen Terminen über die Lösung freuen können.