Eine Entgegnung zu einer nicht stattgefundenen Intervention beim ORF.

In Herrn B’s Blog (hier) von Rafael Buchegger (auch Betreiber des Club 2 Blogs) werde ich ziemlich heftig kritisiert. Der Grund: Als vor einigen Wochen ein Club 2 zum Thema Rechtsruck unter Jugendlichen stattfand, wurde ein gewisser Ramses eingeladen. Dieser ist wiederum Rapper der Combo Absolut HIV. Allein der Name dieser Band gibt ja schon eine gewisse Richtung vor. In einem ihrer ersten Songs rappten diese Jungs, dass Schwule am besten alle gleich an Aids krepieren sollen. Sehr nett, sowas. Nur ein toter Schwule ist in den Augen dieser Band ein guter Schwuler.
Als ich mitbekam, dass dieser Gast eingeladen war, rief ich beim ORF an. Als jemand, der ja auch gewählt wird, um Diskriminierungen und Hetze gegen Lesben und Schwule zu bekämpfen, wollte ich schon wissen, was die Motivation dafür war, jemanden wie Ramses einzuladen. Zudem war ich nicht der einzige, der schockiert war (siehe hier). Daraufhin wurde ich übrigens sogar von ORF-Mitarbeiter_innen angerufen, die über die Einladungspolitik ziemlich entsetzt waren und mich sogar baten, mal den Lorenz Gallmetzer, zuständig für den Club 2, anzurufen, was ich dann auch tat. Namen darf ich keine nennen, und tu ich somit auch nicht.
So etwas als „Intervention“ darzustellen, ist vollkommener Humbug. Denn:
1. Politiker_innen telefonieren täglich mit Redakteur_innen aller Art. Umgekehrt oft noch mehr, da die einen ohne die anderen keine Verbreitung von politischen Forderungen hätten, die anderen ohne uns keine News.
2. Nachdem die Suizidrate bei Jugendlichen im Coming-out leider immer noch 7 mal so hoch liegt, als bei heterosexuellen, wie eine Salzburger Studie einmal herausfand (und in zahlreichen internationalen Studien ähnlich hoch beschrieben wird), stellt sich schon die Frage, ob derart krasse Homophobie im öffentlich-rechtlichen TV, für den auch Lesben und Schwule ihre Gebühren entrichten, eine Bühne erhalten soll. Darüber darf sich ein Schwuler ja wohl mit Gallmetzer unterhalten. Immerhin kann mit so einem Auftritt ein Dammbruch passieren: Nämlich, dass es wieder vollkommen okay ist, Lesben und Schwule scheiße zu finden, und ihnen den Tod zu wünschen. Das macht jahrelange Aufklärungsarbeit und Jugendarbeit in ganz kurzer Zeit zunichte.
3. Das Telefonat mit Gallmetzer war befruchtend und interessant. Er nahm sich fast eine halbe Stunde Zeit und wir unterhielten uns über die Problematik, ohne dass wir direkt Forderungen aneinander stellten. Ich meinte natürlich, dass ich es ziemlich inakzeptabel finde, dass Gäste für ihre Musik und Platten Werbung machen können, die gegen Schwule hetzen. Herr B glaubt das Telefonat werten zu können, ohne dabei gewesen zu sein.
4. Die Moderatorin, Renata Schmidtkunz, mit der ich auch telefonierte, versprach mir, die Homophobie anzusprechen, was ein Ergebnis des Telefonats war. Also waren die Gespräche am Ende ja sinnvoll, da genau die Homophobie des Ramses erst dadurch Thema wurde!
5. Man stelle sich nur mal vor, Ramses würde solche Songs singen, nur anstelle von „Schwule“ würden es „Juden“ sein. Zu Recht würde der ORF kritisiert werden und es Proteste und Rücktrittsaufforderungen hageln. Warum es bei Lesben und Schwule, weniger schlimm ist zu hetzen, muss mir Herr B erst erklären.
Am Ende muss ich traurigerweise sagen, dass mein einziger Fehler (?) wohl war, zu twittern, dass ich das Telefonat führte, obwohl ich nichts anderes getan habe, als jede_r Gebührenzahler_innen tun kann. Dabei würde ich gerade solche Offenheit und Transparenz von Gesprächen ja besser finden. Wie mir Herr B beweist, muss ich wohl in Zukunft vorgehen, wie alle anderen Politiker_innen und sowas gar nicht erzählen, was ich so aber nicht will und was ich extrem traurig finde. Jemanden anzugreifen, der offen erzählt, ist halt einfacher als all diejenigen anzugreifen, die sowas nicht erzählen oder twittern – also im Grunde fast alle anderen Politiker_innen.
Der Vorwurf, dass jemand wie ich mit Typen wie Ramses nicht diskutieren will, ist übrigens genau so hanebüchen, sitze ich doch oft in Schulen und in Jugendzentren, um genau diese Thematik anzusprechen, haben wir mit homohetero.at genau für diese Zielgruppe ein Service eingerichtet und ist mir Jugendarbeit, auch und vor allem bei Migrant_innen, ein Riesenanliegen. Aber das hat Herr B leider nicht recherchiert. Und Diskussion mit Homophobie ist auch im öffentlich-rechtlichen TV gut, aber jemanden einzuladen, der Schwule hasst und gleichzeitig kein Schwuler oder keine Lesbe eingeladen ist, die darauf etwas entgegnen kann: Das ist das Problem!
Aber im Blog werde ich ja auch typisch österreichisch und katholisch genannt, obwohl ich ersteres erst (offiziell) seit 2005 bin, letzteres war ich zum Glück noch nie. So viel nur zum Thema Recherche. Herr B sprach auch davor nie mit mir über diese Thematik oder hat sich erkundigt, was damals geschah. Er schrieb drauf los, ohne mich zu kontaktieren, obwohl wir im Web 2.0 bestens vernetzt wären. Schade.

 

Stonewall in Wien – Ein Projekt wird geboren.

Seit einigen Monaten arbeite ich schon gemeinsam mit QWien, Zentrum für schwul/lesbische Kultur und Geschichte und der TV-Sendung queer Lounge (Okto) am Projekt Stonewall in Wien. Gestern kam das Heft aus der Druckerei (und ich bin sehr stolz darauf!) und am Samstag zeigen wir den Preview mit Ausschnitten aus dem Film.
Mehr Info dazu hier! Kommt zum Film, bestellt das Heft (per Mail hier)! es lohnt sich wirklich.

Erfolg im Gemeinderat: Erstmals Öffnung der Ehe gefordert!

Ein Spiegel-Blogbeitrag aus roter Sicht gibt es bei meiner geschätzten Kollegin Tanja Wehsely.

 
Diese Woche fand im Wiener Gemeinderat die Rechnungsabschluss-Debatte statt. Für viele Kolleg_innen eine willkommene Gelegenheit Grundsätzlicheres in ihren Themenbereichen zu besprechen und zu beantragen. Ich plante einen Antrag auf Öffnung der Ehe für lesbische und schwule Partner_innenschaften. Die SPÖ signalisierte recht rasch Bereitschaft beim Antrag mitzugehen. Noch am Wochenende davor traf ich meine Kollegin Tanja Wehsely bei der Präsentation der Initiative Liebe verdient Respekt der Beratungsstelle Courage und dort forderte sie ebenfalls die Öffnung der Ehe, was mich zuversichtlich stimmte. 

 

Im Gemeinderat konnte ich dann mit Hilfe der SP-Kollegin Nurten Yilmaz und der SoHo (Sozialdemokratie und Homosexualität) einen gemeinsamen Antrag formulieren, und dieser wurde dann auch im Gemeinderat beschlossen.

Der Beschluss ist ein Meilenstein: Zum ersten Mal wurde in einer wichtigen gesetzgebenden Körperschaft Österreichs die Öffnung der Ehe beschlossen. Zusätzlich richtet der Antrag eine sehr deutliche Botschaft an Justizministerin Bandion-Ortner zum noch für dieses Jahr versprochenem Lebenspartnerschaftsgesetz. Der Wiener Gemeinderat ersucht die Bundesregierung genanntes Gesetz mit einer Generalklausel auszustatten. Eine Generalklausel heißt nichts anderes als die Erwähnung, dass in prinzipiell allen Gesetzen in denen der Begriff „Ehe“ vorkommt, dies auch für Lebenspartnerschaften gilt. Dann bräuchte man lediglich die Ausnahmen auflisten. Das was nun geplant ist, wird ein Monstrum: Das Lebenspartnerschaftsgesetz wird komplett geschrieben, jedes einzelne Gesetz – hunderte davon! – müssen geändert werden („gilt für Ehen und Lebenspartnerschaften“ oder so). Eine Generalklausel würde die Justiz auch vor Klagen schützen, die durch unklare Gesetze verursacht werden würde.

Die Öffnung der Ehe wird im Antrag „mittelfristig“ gefordert. Das war ein politischer Kompromiss mit der SPÖ. Natürlich wäre mir eine „sofortige“ Öffnung lieber, da es der schnellste und einfachste Weg der Gleichstellung wäre. Aber immerhin: So geht das Ersuchen an die Bundesregierung!

Der Antrag, der von SPÖ und Grüne befürwortet, von ÖVP und FPÖ abgelehnt wurde:

Beschluss- (Resolutions-) Antrag
der GemeinderätInnen Marco Schreuder, Mag. Maria Vassilakou (Grüne), Dr. Kurt Stürzenbecher und Nurten Yilmaz (SPÖ)
betreffend die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, eingebracht in der Sitzung des Wiener Gemeinderates am 23.6.2009 zu Post 1.
Gleichgeschlechtliche Paare sind nach wie vor in Österreich benachteiligt. Im Erbrecht, in der Zivilprozessordnung, im Sozialversicherungs- und Einkommensteuerrecht, bei der Adoption und auch im Fremdenrecht besteht eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare aufgrund der sexuellen Orientierung. Zahlreiche EU-Länder haben für gleichgeschlechtliche Paare dagegen eine rechtliche Absicherung ihrer Beziehung und auch die Ehe (etwa Belgien, Niederlande, Spanien, Norwegen und Schweden) ermöglicht. Auch das EU-Parlament verlangt – in seiner Entschließung zur Lage der Grundrechte in der EU 2002, dass jegliche Diskriminierung abzuschaffen sei. Durch das Eheverbot in Österreich werden im Übrigen auch TransGender benachteiligt.

Ein Lebenspartnerschaftsgesetz, das in Diskussion und bis Jahresende angekündigt ist, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ist in Österreich grundsätzlich zu beenden. Vor dem Gesetz müssen alle Menschen, egal welcher sexuellen Orientierung, gleich behandelt werden.
Die gefertigten GemeinderätInnen stellen daher gemäß § 27 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien folgenden
Beschluss- (Resolutions) Antrag
Der Wiener Gemeinderat ersucht die Bundesregierung, mittelfristig die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Sollte auf Bundesebene ein Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedet werden, ersucht der Wiener Gemeinderat die Bundesregierung, mittels einer Generalklausel für eine Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Ehe in allen Gesetzen zu sorgen. 

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.
Wien, 23.6.2009

 

5000 Kilometer Autofahren. Die Tankstelle: Das eigene Haus.

Leusden ist ein kleiner Ort mit 28.000 Menschen in der Provinz Utrecht und Nachbargemeinde der Stadt Amersfoort. Dort kann heute Zukunft besichtigt werden. Die auf nachhaltiges und innovatives Bauen spezialisierte Baufirma InnoConstruct wird von seinem Chef Johannes Out betreut. Diese Firma baute ein Haus, wie es der Traum aller Niederländer_innen ist: Im Stil der 30er Jahre, mit Erkern, Fenstern, Backsteinen und einer Garage. Von außen sieht das Haus so aus, wie all diese beliebten Häuser, die man in den Poldern der Niederlande sehen kann. Die Innovation verbirgt sich aber hinter der Fassade:Es gibt im Haus keine Heizungen, es ist in Passivhaus-Bauweise gebaut worden. Die Mauern sind extra dick, die Fenster dreifach isoliert. Luftaustausch sorgt für Wärme im Winter und Kühle im Sommer. Ein eingebauter Computer sorgt immer für die richtige Temperatur. Auf dem Dach befindet sich eine Photovoltaik-Anlage, eine kleine Windmühle schmückt das Dach und zwei Rohre gehen je 70 Meter in die Tiefe und nützen die Erdwärme. 750 Liter Wasser werden so erwärmt, genug für eine ganze Familie.Out erzählt in der Zeitung Trouw (Artikel), wie er seine Ideen – Energie- und Technologiekonzepte neu kombiniert und neu durchdacht – anderen Firmen anbieten wollte:“Das ist ein sehr konservativer Club an Menschen, die nichts mit Innovation in der Energieversorgung am Hut haben. Wenn du sie bittest, eine Installation für Erdwärme zu bauen, sagen sie: ‚Nicht machen, das kostet viel Geld und bringt nichts‘. Sie haben einfach keine Lust darauf. Deswegen haben wir mit der Hilfe von Partner einfach selbst so ein Haus gebaut. Damit können wir auch was herzeigen.“Johannes Out ist mittlerweile selbst in das Haus eingezogen, was ihm beim Prototyp gegönnt sei. Und welche Baufirma hat dann schon die Umweltministerin zu Gast, wenn es der Öffentlichkeit präsentiert wird?Einen zusätzlichen Nutzen erzählt Johannes Out auch noch so nebenbei – und hier wird die Reichweite solchen Bauens erst so richtig klar: Sein Haus erzeugt so viel Energie, dass er damit auch noch sein Elektroauto mit Energie versorgen kann. Rund 5000 bis 8000 Kilometer kann das Auto pro Jahr mit der eigenen Energieversorgung fahren. Damit sind kleinere Einkaufsfahrten und tägliches Pendeln nach Amersfoort drinnen. Das Haus in Leusden versorgt also nicht nur seine Bewohner_innen mit Energie, sondern auch deren Mobilität.Die Technologie ist da. Jetzt müsste man sie „nur“ noch bauen. Wenn man bedenkt, dass gerade jetzt – mitten in der Wirtschaftskrise – eine Ankurbelung notwendig ist: Hier wäre ein Beispiel, wie sinnvoll investiert werden kann, wie Arbeitsplätze und Technologie nicht nur für wirtschaftliche Erholung sorgen kann. Der Wirtschaftskrise wäre damit geholfen, aber darüber hinaus dient Investition in diese Technologie der viel größeren Krise: dem Klimawandel.Links:InnoConstruct (Niederländisch)Trouw-Artikel (Niederländisch)Telegraaf-Artikel mit erklärender Grafik (Niederländisch, PDF)

Die Ursachen des Zweiten Weltkriegs auf BZÖisch

Kennen Sie die Ursachen des Zweiten Weltkriegs? Ich vermute (und habe da hoffentlich einigermaßen Recht), dass ein Großteil der Österreicher_innen diese Frage beantworten könnten. Hitler, Polen, Blitzkrieg, 1. September 1939, usw. Wer sich vertiefen will, sei dieser ausgezeichneter Wikepdia-Eintrag empfohlen.Dem Klagenfurter Bürgermeister Christian Scheider vom BZÖ wurde die oben gestellte Frage ebenso gestellt. Hier seine unfassbare Antwort:Dass Menschen mit solchem Geschichtsbewusstsein Bürgermeister einer Landeshauptstadt werden können, wird vielen Menschen höchstens ein Achselzucken wert sein. Letzteres ist genau so ein Problem dieses Landes, wie dieser Bürgermeister, der meiner Meinung nach, mit so einer Antwort rücktrittsreif ist, auch wenn das Video wohl schon etwas älter ist…Danke an Niko Alm, der dieses Video postete (hier).

MQ: Stell dir vor, der Raum wäre öffentlich

Das Museumsquartier verbietet neuerdings das Konsumieren selbst mitgebrachter Getränke. Dagegen läuft innerhalb kürzester Zeit auf Facebook eine Protestbewegung, die sofort von tausenden Menschen unterstützt wird. Gestern abend meldete sich das Museumsquartier zu Wort und machte eine schon leicht zurückrudernde Stellungnahme hier.
Diese Stellungnahme hat es wirklich in sich. Da wird tatsächlich behauptet, das Gelände sei nun mal Privatgrund und es gäbe ja nur Durchgangsrecht. Das mag rein juristisch stimmen, aber zeigt trotzdem das Dilemma der Geschäftsführung des Museumsquartiers, denn dieses Gelände bekommt Steuergelder – und zwar gar nicht knapp! Das bedeutet, es werden Menschen gemaßregelt, die dafür bezahlen. So geht das nicht!
Die Maßnahme, selbst mitgebrachte (angeblich jetzt nur noch alkoholische) Getränke nicht mehr konsumieren zu können, dient wohl ausschließlich der Stärkung der Gastronomie vor Ort. Es ist nur eine Alibi-Behauptung, wenn gesagt wird, es gehe um Randalierer_innen und Vandalismus. Dagegen gibt es nämlich ohnehin Gesetze und die Polizei kann in solchen Fällen jederzeit gerufen werden.
Wenn das Museumsquartier sich plötzlich als Privatgrund und überhaupt als privat begreift, dann stimmt’s hinten und vorne nicht. Liebe Wiener_innen, ihr bezahlt dafür, also nehmt euch den öffentlichen Grund und zeigt der Geschäftsführung, wer bezahlt.
Protestaktionen am 13. Juni (Facebook Link) und am 20. Juni (Facebook Link)

Warum eine FPÖ-Stimme mehr Migration bedeutet.

Viele FP-Wähler_innen wählen die Strache-Partei aufgrund eines Themas: Ausländer_innen. Warum dies geschieht ist tagtäglich in Wien zu erleben: Lebensrealitäten verschiedener Kulturen und sozialer Strukturen stoßen aufeinander. Das Konzept des respektierenden und akzeptierenden Miteinanders weicht immer mehr einem stumpfen Gegeneinander, das die FPÖ ganz bewusst durch hetzerische Parolen schürt. Sie braucht dieses Gegeneinander, denn sonst könnte sie keine Stimmen lukrieren. Das ist ganz einfach.
Was den wenigsten Menschen dabei auffällt: Je mehr Isolation es unter Migrant_innen gibt, je mehr Ghettos sich bilden, je mehr sich Migrant_innen radikalen Strömungen zuwenden und je weniger sie die Sprache des Gastlandes beherrschen, desto erfolgreicher die FPÖ.
Manche Angstmotive, die Wähler_innen zur FPÖ treiben, sind allerdings einen zweiten Blick wert. Islamismus – und damit meine ich nicht den Islam an sich, sondern radikale, fundamentalistische Strömungen, die in der Minderheit sind, aber die es eben gibt und die auch sehr laut sind – machen durchaus Sorgen. Mancher Konflikt, der auf den ersten Blick als interkultureller Konflikt betrachtet werden könnte, ist in Wahrheit ein viel tiefer gehender Konflikt, der unser eigenes europäisches Staatsverständnis berührt: Wollen wir einen aufgeklären freien Staat oder einen Staat, in der radikale Strömungen sich’s richten können.
Auch uns Grüne – und hier will und muss ich auch Grüne Selbstkritik äußern – ist es nicht gelungen, eine Grenze zu ziehen, was eine interkulturelle Bereicherung ist, und was eine Gefahr für unser friedliches Zusammenleben darstellt und nicht akzeptabel ist. Das ist natürlich auch schwierig in so einer aufgeheizten Stimmung, wo auf der einen Seite die medial und auf der Straße mächtige FPÖ hetzt, auf der anderen Seite eine in Agonie verharrende SPÖ immer erzählt, wie toll die Lebensqualität in Wien sei, und all ihre Versäumnisse unter einem roten Teppich kehrt, und so tut, als sei alles in bester Ordnung. Die SPÖ ist ja ach so fleißig und toll, wie sie in den Millionen von der Stadt Wien produzierten Heftchen immer wieder betont… Wir Grüne, die durchaus die eine oder andere differenzierte Position haben oder haben könnten und ohnehin schon lange nicht mehr „Lasst sie alle rein“ fordern, dringen da (noch) nicht durch. Wer dazu übrigens Ideen hat, wie das breitenwirksam kommuniziert werden könnte: Herzlich Willkommen!
Trotzdem bleibt ein Aspekt der aktuellen FP- und Migrationsdebatte völlig unberührt: Was bewirkt ein Wähler und eine Wählerin mit einer FPÖ-Stimme eigentlich. Ein genauerer Blick lohnt sich, denn daraus ergeben sich einige Punkte. Zwei möchte ich besonders hervorheben:

Die FPÖ hat bislang nahezu alle Integrationsmaßnahmen im Wiener Gemeinderat abgelehnt, insbesondere auch die Sprachoffensiven. Das ist insofern relevant, da diese FPÖ einmal „Deutsch statt nix verstehen“ plakatierte. Warum tut sie das also? Weil, wenn weniger Migrant_innen Deutsch sprechen, die FPÖ Stimmen gewinnt. So einfach ist das. Die FPÖ will also gar nicht, dass Migrant_innen Deutsch sprechen. Je weniger integriert Bevölkerungsgruppen sind, je mehr sie sich an den Rand gedrängt fühlen, umso weniger möchte sie sich noch integrieren. Umso mehr besteht die Gefahr auf eine Hinwendung zu Radikalismen, etwa der radikale Islamismus, der ja bekanntlich auch in Europa Fuß fassen konnte.

Die FPÖ will ein isolierteres, nationalstaatliches Österreich und wenig internationale Kooperation, denn die EU ist ohnehin böse. Internationales sowieso. Dabei sind es doch die Motive für Migration, die am meisten beschäftigen sollen! Wieso wandern Menschen aus? Die verlassen ihre Heimat – egal jetzt, aus welchen Gründen – nicht aus Jux und Tollerei. Und hier kommt die Frage der globalen Verteilung von Ressourcen ins Spiel. Diese globale Frage ist aber nur global zu lösen. Wenn sich die USA des Barack Obama und die Europäische Union sich mit wichtigen Staaten einigen könnten, kann diese Welt nachhaltig verändert werden, wozu die Wirtschaftskrise sogar als Chance beitragen könnte. Eine andere Lösung, eine andere Machtverteilung gibt es bis dato nicht auf dieser Welt, das ist Fakt. Also müssen sich diese Staaten auch mit den anderen aufstrebenden und armen Ländern zusammen setzen. Es wird ein teilweise schmerzhafter Prozess, aber ein gerechter, der die Welt nachhaltig ändern würde. Isolationismus jedoch, wird das Gegenteil bewirken: Noch mehr Ungleichheit, noch mehr Ausbeutung armer Staaten, noch mehr Migration. Eine FPÖ-Stimme wird also das Gegenteil bewirken von dem, was die Wähler_innen erhoffen. Zusätzlich sei hier erwähnt, dass das für die anderen zwei großen globalen Herausforderungen – Energie und Klimawandel sowie Wirtschaftskrise – in gleichem Maße zutrifft. Diese drei Themenkreise (Klima, Migration und globale Wirtschaft) haben im übrigen alle auch miteinander zu tun und sind miteinander verwoben. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass eine hoher Zaun rund um Österreich und strenge Gesetze hier was ändern würden. Dann könnte man Zuwanderung vielleicht eine kurze Zeit bremsen, aber die Gefahr auf kriegerische Auseinandersetzungen um Ressourcen würde sich radikal steigern.

Es wird Zeit, dass wir allen deutlich machen: Die FPÖ will keine Probleme lösen, sondern sie braucht die Probleme als Rechtfertigung ihres Daseins. Somit kann sie kein Interesse haben, Probleme zu lösen, denn dann wäre der Hauptwahlgrund um die FPÖ zu wählen weg. Und nur darum geht es Strache und Co. Um Prozente, nicht um Lösungen der Probleme dieser Stadt, dieses Landes, dieses Kontinents und dieser Welt.