5000 Kilometer Autofahren. Die Tankstelle: Das eigene Haus.

Leusden ist ein kleiner Ort mit 28.000 Menschen in der Provinz Utrecht und Nachbargemeinde der Stadt Amersfoort. Dort kann heute Zukunft besichtigt werden. Die auf nachhaltiges und innovatives Bauen spezialisierte Baufirma InnoConstruct wird von seinem Chef Johannes Out betreut. Diese Firma baute ein Haus, wie es der Traum aller Niederländer_innen ist: Im Stil der 30er Jahre, mit Erkern, Fenstern, Backsteinen und einer Garage. Von außen sieht das Haus so aus, wie all diese beliebten Häuser, die man in den Poldern der Niederlande sehen kann. Die Innovation verbirgt sich aber hinter der Fassade:Es gibt im Haus keine Heizungen, es ist in Passivhaus-Bauweise gebaut worden. Die Mauern sind extra dick, die Fenster dreifach isoliert. Luftaustausch sorgt für Wärme im Winter und Kühle im Sommer. Ein eingebauter Computer sorgt immer für die richtige Temperatur. Auf dem Dach befindet sich eine Photovoltaik-Anlage, eine kleine Windmühle schmückt das Dach und zwei Rohre gehen je 70 Meter in die Tiefe und nützen die Erdwärme. 750 Liter Wasser werden so erwärmt, genug für eine ganze Familie.Out erzählt in der Zeitung Trouw (Artikel), wie er seine Ideen – Energie- und Technologiekonzepte neu kombiniert und neu durchdacht – anderen Firmen anbieten wollte:“Das ist ein sehr konservativer Club an Menschen, die nichts mit Innovation in der Energieversorgung am Hut haben. Wenn du sie bittest, eine Installation für Erdwärme zu bauen, sagen sie: ‚Nicht machen, das kostet viel Geld und bringt nichts‘. Sie haben einfach keine Lust darauf. Deswegen haben wir mit der Hilfe von Partner einfach selbst so ein Haus gebaut. Damit können wir auch was herzeigen.“Johannes Out ist mittlerweile selbst in das Haus eingezogen, was ihm beim Prototyp gegönnt sei. Und welche Baufirma hat dann schon die Umweltministerin zu Gast, wenn es der Öffentlichkeit präsentiert wird?Einen zusätzlichen Nutzen erzählt Johannes Out auch noch so nebenbei – und hier wird die Reichweite solchen Bauens erst so richtig klar: Sein Haus erzeugt so viel Energie, dass er damit auch noch sein Elektroauto mit Energie versorgen kann. Rund 5000 bis 8000 Kilometer kann das Auto pro Jahr mit der eigenen Energieversorgung fahren. Damit sind kleinere Einkaufsfahrten und tägliches Pendeln nach Amersfoort drinnen. Das Haus in Leusden versorgt also nicht nur seine Bewohner_innen mit Energie, sondern auch deren Mobilität.Die Technologie ist da. Jetzt müsste man sie „nur“ noch bauen. Wenn man bedenkt, dass gerade jetzt – mitten in der Wirtschaftskrise – eine Ankurbelung notwendig ist: Hier wäre ein Beispiel, wie sinnvoll investiert werden kann, wie Arbeitsplätze und Technologie nicht nur für wirtschaftliche Erholung sorgen kann. Der Wirtschaftskrise wäre damit geholfen, aber darüber hinaus dient Investition in diese Technologie der viel größeren Krise: dem Klimawandel.Links:InnoConstruct (Niederländisch)Trouw-Artikel (Niederländisch)Telegraaf-Artikel mit erklärender Grafik (Niederländisch, PDF)

Übersicht zur Wirschaftskrise in der EU.

Als gebürtiger Niederländer lese ich oft den NRC Handelsblad, eine niederländische Tageszeitung der Spitzenqualität (von der man in Österreich nur träumen kann).
Die gute Nachricht für Nicht-Niederländer_innen: Es gibt auch englischsprachige Nachrichten. Eine ausgezeichnete Übersicht findet sich zur Zeit hier:

Durch ein Klick auf ein europäisches Land erhält man übersichtlich Informationen wie Schuldenstand, Wirtschaftswachstum, Rating (ja, dieses umstrittene Triple-A Ding), Arbeitslosigkeit und Budgetdefizit und kann sich die Entwicklung mittels Balkendiagramm ansehen – sei es im Jahresvergleich oder im Quartalsvergleich.
Sehr empfehlenswert!

Ich wünsche allen Menschen einen schönen Internationalen Frauentag! 

War die Finanzkrise vorhersagbar? Ein Artikel aus DIE ZEIT von 2004 beweist: Ja!

War die Finanzkrise des Herbstes 2008 und die Wirtschaftskrise des Jahres 2009 vorhersehbar? Klar, nachher ist man immer gescheiter. Aber als ich heute auf diesen ZEIT-Artikel des Jahres 2004 gestoßen bin, wurde mir kurz übel. Es war längst vorhersehbar. Bei der Lektüre wird ein Krisenszenario beschrieben, den wir mittlerweile längst kennen.
Expert_innen war 2004 nämlich schon klar, dass etwas faul ist im Reiche Fannie Mae und Freddie Mac. Sogar vom Finanzkollaps und von der Notwendigkeit, Steuermittel zur Stützung des Finanzsystems pumpen zu müssen, ist die Rede.
Link zum Artikel in DIE ZEIT
Robert Misiks aktueller Beitrag zur Finanzkrise

Gemeinderat am 19.12.

Ich habe einen Feurlöscher bekommen! Das haben die anderen 100 Kolleg_innen auch. Landtagspräsident Kopietz schenkte uns den zu Weihnachten und stellte ihn auf jeden Platz. Im Begleitbrief hofft er, dass wir ihn nie brauchen werden. Das hoffe ich auch.
Die Sitzung wird jedenfalls lange dauern, gibt es doch unzählige Tagesordnungspunkte. „Knapp vor Jahresende noch schnell durchwinken“ ist die Devise. Interessant ist jedes Jahr die Förderungen an Partei-Jugendorganisationen. Wir sind ja der Meinung, dass das über die Parteienförderung geregelt sein sollte und nicht durch zusätzliche Subventionen im Gemeinderat. Und die anderen Parteien schauen immer ganz komisch, wenn wir auch die Subvention für die Grünalternative Jugend ablehnen.
Nach der Fragestunde ist jetzt – mehrere Stunden – von der Wirtschaftskrise die Rede. Die SPÖ beteuert, alles zu unternehmen. Und zwar dann, wenns notwendig wird. Die ÖVP ist wieder mal originell und hält Panzerknacker-Tafel hoch. Was aber alle machen – und nur wir Grüne weisen darauf hin: Das Kernproblem wird nicht angesprochen. Nämlich: Wie steht es um das
Verursacherprinzip der Krise und wie steht es um die gerechte Verteilung?
Der Rechnungshofspräsident war da um die Berichte zu besprechen, die im Einflussbereich der Stadt Wien stehen. Die FPÖ hat eine Dringliche Anfrage an den Bürgermeister gestellt, in der es um die Umgestaltung des Karlsplatzes ging.
In der Kultur habe ich zwei Anträge gestellt, die bedauerlicherweise von der SPÖ abgelehnt wurden, obwohl sie eh nur auf Zuweisung in den Ausschuss gestellt waren: Ein Antrag forderte, dass Förderungen aus dem Rahmenbetrag für Musik auch an popmusikalische Projekte fließen sollen, der zweite beantrage die Renovierung des Gartenbaukinos (dessen Subvention wir zustimmten).
Um 21.15 Uhr war der Gemeinderat zu Ende.
Und was das für mich bedeutet? Urlaub bis Jänner. Da ich dieses Jahr nur wenige Tage hatte, weiß ich das hoffentlich zu genießen (obwohl mir eine völlige Polit-Abstinenz halt schon immer schwer fällt….)

Wenn die Autos verschwinden.

Bill McGraw, ein Journalist und Kolumnist von The Detroit Free Press, veröffentlichte gestern einen interessanten Kommentar in der New York Times (hier). Darin erinnert er, was passiert, wenn die Autos verschwinden. Oder vielmehr die Auto-Industrie, am Beispiel Detroits.1956 schloss die Packard Motor Car Company ihre Fabrik., die damals schon – 1903 gegründet – eine 53-jährige Geschichte in der so genannten Motor City hatte. Packard war vor allem für ihre großen und luxeriösen Autos bekannt, die bei Staatschefs genau so beliebt waren, wie in der berüchtigten Gangster-Welt Chicags der 30-er Jahre. Zusätzlich war Packard mit der Entwicklung von Flugzeug-Motoren erfolgreich, die im Zweiten Weltkrieg in britischen und amerikanischen Militär-Flugzeugen zu finden waren. Nach dem Weltkrieg änderte sich aber der Geschmack der Konsument_innen. Die Nachfrage nach luxuriösen Autos nahm dramatisch ab.Deshalb fusionierte Packard 1954 mit Studebaker. Das half allerdings auch nicht viel. 1956 erschien der letzte Packard (beworben im Video oben). Noch im selben Jahr wurde die Fabrik in Detroit geschlossen. Packard überlebte weitere zwei Jahre bei Studebaker, aber 1958 wurde der Firmenname endgültig zu Grabe getragen.Die Packard-Geschichte hinterlässt bis heute eine Wunde in Detroit. Die große Fabrikanlage steht, an der East Grand Boulevard gelegen, nach wie vor in der Stadt und wird nur in kleinen Ecken genutzt. Weder eine wirtschaftliche noch eine kulturelle Alternative (abgesehen von Graffiti-Kunst) konnte für den Ort gefunden werden (siehe Video unten).Die Geschichte der verlassenen Fabrik – immerhin erbaut vom berühmten Architekten amerikanischen mit deutsch-jüdischen Wurzeln Albert Kahn – zeigt die verzweifelte Suche einer selbst ernannten Auto-Stadt nach neuen Nutzungen und Möglichkeiten, und allem voran deren Scheitern.Hat Detroit verabsäumt die Zeichen der Zeit zu erkennen und zu lange daran festgehalten, die Auto-Stadt zu sein? Und was kann aus dieser Geschichte für andere Auto-Produktionsstätten heißen?Packard ging unter, weil sie selbst – damals in den 50-er Jahren – die Zeichen der Zeit übersah. Die US-amerikanische Autoindustrie dürfte im frühen 21. Jahrhundert das selbe Schicksal drohen, wenn nicht bald auf neue Richtlinien wert gelegt wird und Bahnbrechendes für die Zukunft entwickelt wird: Leichte Fahrzeuge mit wenig Verbrauch, Investitionen in neue Technologien, vorzugweise ohne Öl. Aber das gilt wohl für die weltweite Autoindustrie.Denn wenn der Individualverkehr eine Zukunft haben will, dann wohl ohne Öl.So sieht das Packard-Gelände heute aus:

Gemeinderat: Budgetdebatte Tag 1, Teil 2

Ich würde ja gerne Spannendes berichten, aber es fällt mir schwer. Ich kann es nur so umschreiben: Die Debatte plätschert dahin. Martin Margulies der Grünen Wien versuchte zwar in seinem Debattenbeitrag etwas grundsätzlicher zu werden, damit einmal prinzipiell über unser Wirtschaftssystem diskutiert wird, aber neimand wollte den Ball aufnehmen. Eine Diskussion darüber war für Dr. Aichinger (ÖVP) schon Marxismus. Abgesehen davon, dass das nicht stimmt: So tötet man jede Debatte. Schade drum und so entsteht das Plätschern, das mir eindringlich zeigt, dass Politmüdigkeit auch mit den langweiligen Debatten und deren (Nicht-)Inszenierung zu tun hat.

Wie wäre es eigentlich, Gemeinderatsdebatten überhaupt zu reformieren? Wie wäre es, wenn man überhaupt mehr Dialog, Streitgespräch, Argumentationsaustausch machen würde? Ich fände es für den Parlamentarismus wichig. Aber so wie jetzt… Das machten meine KollegInnen schon im 19. Jahrhundert so und ist im Medienzeitalter wohl nicht mehr zeitgemäß.

Um ca. 16:20 war die Budgetdebatte zum Ressort Finanzen beendet. Die zweite Geschäftsgruppe, die diskutiert wird, ist Verkehr und Stadtplanung. Danach kommt Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal. Da darf ich dann zu den Themen Integration und Lesben und Schwule reden…

Gemeinderat: Budgetdebatte Tag 1, Teil 1

Heute begann die zweitägige Budgetdebatte. Wer sich da jetzt vorstellt, im Wiener Gemeinderat würden spannende Diskussionen zu den großen Herausforderungen der Zukunft erwarten – was muss gemacht werden und wie finanzieren wir das? – den/die muss ich leider enttäuschen. Ich kann mich noch gut an mein erstes Mal erinnern: Als ich im November 2005 angelobt wurde und kurz darauf meine erste Budgetdebatte erlebte, glaubte ich mich in der DDR. Mir ist noch der Satz einer SP-Gemeinderätin in Erinnerung: „In großer Ehrfurcht erstarren vor den Leistungen der Frau Stadträtin…“ So muss mensch sich das leider vorstellen.

Stadträtin Brauner zitiert in ihrem Eingangsstatement tatsächlich Barack Obama (und spricht den Vornamen furchtbar falsch aus) und sagt Yes, we can! Nein, sie sagt es eigentlich nicht so richtig, sondern liest diese drei Wörter vom Blatt vor. Das Change à la Brauner, nundenn… 

 

Brauner erklärt ihr Konjunkturpaket der Stadt Wien und fordert übrigens nebenbei die Oppositionsparteien auf, keine Krisen herbeizureden und parteipolitisches Kleingeld damit zu machen. Wer hat denn eigentlich die ersten Plakaten mit Parteilogo zur Krise affichiert? Die Wiener SPÖ. So ist das mit unserer Frau Vizebürgermeisterin: Die SP darf das, die anderen nicht. Sehr demokratisch das.

Passend zu Brauners Rede blieb die Uhr im Gemeinderatssitzungssaal stehen. 

 

Die FPÖ warnt vor Gewaltexzesse. Klubobmann Schock führt Messerattacken auf die Wirtschaftskrise zurück.

Die Grüne Klubobfrau Maria Vassilakou fragt Brauner, ob es ihr lieber wäre, wenn die Opposition einfach rausgehen würde, statt über die Herausforderungen, über die Armut, über baufällige Schulen, über Kindergärten, usw. zu reden. Sie macht das natürlich und erinnert Brauner das etwa 1 Million der erwachsenen WienerInnen unter € 1500 netto monatlich auskommen müssen, davon sehr viele sogar unter € 1000. Der Strom- und Graspreis wird 21 {6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} erhöht. Das frisst gerade bei armen Menschen die etwaigen „Ersparnisse“, die sich durch die Steuerreform 2009 erhalten werden, wieder auf. Sie fordert die Wiener SP auf, die Preiserhöhungen rückgängig zu machen. Neben einer guten Sozialpolitik und einem Konjunkturpaket braucht die Stadt auch funktionierende Schulen und gratis Kindergärten. Zudem sind besonders Frauen – v.a. durch Teilzeitbeschäftigungen und durch die Einkommensschere – besonders in Not. Maria Vassilakou beantragt daher besondere Frauenförderungsmaßnahmen.

VP-Klubobmann Tschirf sagt zurecht: Bei einem Konjunkturgipfel sollten alle mitarbeiten und an einem Tisch sitzen. In Wien macht das die SPÖ nicht, sie bleibt lieber unter sich und will Oppositionsvorschläge nicht einmal hören. Da hat er völlig recht!