Trotzdem: Danke!

Die Wahl ist geschlagen, ich bin wohl ab Ende des Jahres nicht mehr im Wiener Gemeinderat. Die Chancen, dass ich nachrücke sind zwar theoretisch noch gegeben, aber eher unwahrscheinlich.Ich werde jetzt keine Analyse machen, was notwendig wäre, um die Grünen, die Stadt und das Land erblühen zu lassen. Ideen habe ich, und die werde ich sicher auch hier weiter kundtun. Man möge mir verzeihen, dass ich jetzt keinen öffentlichen Schnellschuss mache.Ich möchte mich aber vor allem bedanken! Ich habe in den letzten Wochen unglaubliche Unterstützung erfahren und weiß, dass es viele Menschen gibt, die meine Arbeit schätzen und mich dabei unterstützten. Also. Shout outs to:den (bisher) 620 Menschen, die mir eine Vorzugsstimme gegeben haben (ohne die Stimmen in den Wahlkreisen mitzurechnen), und mich daher zum viert erfolgreichsten Grünen Wiens machten. Darauf bin ich schon stolz. Ein 4. Platz hinter den nunmal medial prominenteren Alexander Van der Bellen, Maria Vassilakou und Christoph Chroherr erreicht zu haben.“meinen“ Mitarbeiter_innen, allem voran dem ganzen Pressebüro, Peter Kraus, Hansi Eitler, Daniela Birk, Willi Dolleschall, Sabine Pfeifer, Maria Sofaly, Rosi, Harry, und und und. Ihr werdet mir am meisten fehlen, aber ich bin sicher: Wir sehen uns öfter, als euch lieb sein wird!Den Aktivist_innen der Grünen und den Grünen Andersrum, die im Wahlkampf sehr aktiv waren: Stefan, Ursula, Peter, Ewa, Petra, Susi, Erik und und und. Ich bleibe Euer Sprecher und werde meinen Kampf für ein queeres Wien sicher nicht aufgeben!Den vielen Blogger_innen, der Twitteria und den zahlreichen Freund_innen und Freunden, die auf ihren Blogs, über Twitter, Facebook, per Email, per öffentlichen Aufrufen (Danke vor allem Karl Pfeifer!), per Telefon oder im Direktgespräch versuchten, Menschen zu mobilisieren und mich und die Grünen unterstützten.Peter Fuchs und den freien Plakatierern.Meinen Kolleginnen und Kollegen bzw, Mit-Kandidat_innen im Gemeinderat – alt und neu.Dem Infra-Team der Lindengasse, dem Grafik-Team und allen, die dort dafür sorgten, dass Regenbogenfahnen irgendwo geliefert wurden, dass meine Plakate gut aussahen, etc.Ralf Strobl, Eva Urthaler, Miriam Höhne, Manuel Simbürger und Team für ein unfassbar schönes Q:G Projekt. Das war ein Highlight!Den Menschen, die mir zuhören wollten und denen ich zuhören durfte, egal wo sie gerade von mir erwischt wurden – auf der Straße, bei Beisltouren oder sonstwo.meinem Mann und meinen engsten Freunden und Freundinnen, die mich im Wahlkampf aushalten mussten.den Menschen, mit denen ich im Wahlkampf coole Projekte machte: Emanuel Danesch, Paul Poet, Tina Walzer, Niki Kunrath, und viele mehr.Und last but not least: Maria Vassilakou, eine Freundin, eine hervorragende Spitze und sicher nicht diejenige, die für das Minus verantwortlich ist, sondern dafür verantwortlich ist, dass wir von einem tiefen Tief in ein weniger tiefes Tief fielen.Ich habe sicher jemanden vergessen. Sorry.Nicht bedanken tue ich mich bei den (paar) Grünen, denen ihre eigene Profilisierungsneurose wichtiger ist, als das Grüne Projekt, an das ich immer noch glaube.Und zuletzt sei versichert: Ich werde weiter kämpfen, meinen Mund nicht halten, aktiv bleiben, mich einsetzen, manchmal anecken und keine Ruhe geben. Meine Zukunft kenne ich zum jetztigen Zeitpunkt noch nicht (Jobangebote gerne hierher mailen :)), aber ich schmiede, denke und ja: ich muss auch ab und an eine Träne wegwischen. Zum Beispiel beim Schreiben dieser Zeilen. Dazu stehe ich, denn ich habe den Job verdammt gerne gemacht.Traurig aber, dass… Nein, das erzählt euch Oliver Ritter auf seinem Blog: LINKUnd ja: Comments welcome!Euer Marco!

Was ich in den kommenden fünf Jahren vorhabe. Teil 2

Im 1. Teil habe ich schon skizziert, was meiner Meinung nach in den nächsten fünf Jahren wesentlich für die Stadt ist. In diesem Beitrag möchte ich mich auf „meine“ Ressorts konzentrieren.Netz- und TechnologiepolitikWien kann Vorreiter moderner Technologiepolitik sein, wenn die Stadt sich einen Ruck geben würde. Die Bundesregierung macht es genau falsch rum. Mit der so genannten Transparenzdatenbank sind wir wieder einen Schritt näher zum „gläsernen Bürger“. Parteikassen sollen aber verschlossen werden. Wien kann’s umdrehen: Zuerst die gläserne und transparente Stadt:Ein Informationsfreiheitsgesetz kann dafür sorgen, dass alle Subventionen, Spesen, Studien usw. öffentlich zugänglich sind. So werden auch Doppelinteressen, Lobby-Interventionen und dergleichen öffentlich. Auch die politischen Parteien sollen ihre Kassen öffentlich zugänglich machen.Open Data: Öffentliche Daten müssen auch öffentlich zugänglich sein und verwertbar sein. (Etwa die Fahrplandaten der Wiener Linien – vgl. diesen Blogbeitrag). Der Nutzen wäre optimal: Die Daten und Studien der Regierung und Magistrate werden transparent, die Bürger und Bürgerinnen haben jederzeit Einblick, Entwickler und Entwicklerinnen können aus den Daten neue Anwendungen gestalten, die der Allgemeinheit wieder zur Verfügung gestellt werden.Open Source: Gerade die Stadt soll sich nicht einem Konzern und einem geschlossenen System ausliefern. Eine öffentliche Verwaltung – das Wort „öffentlich“ sagt es ja bereits – soll auf Open Source setzen. Das ermöglicht auch Wiener Entwickler_innen an der technologischen Entwicklung der Stadt zu partizipieren. Das ist somit auch ative Wirtschaftsförderung. Die Kosten sind anfangs etwas höher, amortisieren sich aber sehr bald, da keine Linzenzgebühren mehr anfallen. Open Source ist zudem demokratisch – geschlossene Systeme autokratisch.Safer Surfen: Facebook, Google & Co. sind Massenphänomene geworden – egal ob Seniorin oder Schüler. Es braucht mehr Aufklärung in den Schulen zu den Themen Datenschutz und Umgang mit Technologien. Schüler_innen können binnen Sekunden mit Internet-Tools umgehen, sind aber bei manchen Punkten – etwa bei Privatsphären-Einstellungen – sehr sorglos. Hier muss aufgeklärt werden und Medienkompetenz vermittelt werden. Senior_innen sollen die Möglichkeiten des Internets ebenso nahegelegt werden. Etwa durch spezielle Schulungen.Ich freue mich, dass gleich mehrere Kandidat_innen der Grünen Wien sich für dieses Thema interessieren. Umso besser! Mein Ziel ist es, dass diese Aspekte in allen Ressorts mitgedacht werden. Ein Team der Grünen wird sich dieses Themas annehmen, u.a. Klaus Werner-Lobo, Martina Wurzer und Nikolaus Kunrath – jeweils aus etwas anderen Blickwinkeln.KulturpolitikKulturpolitik wurde in den letzten Jahren zunehmend nur auf Kunstfördervergaben reduziert. Dabei kann Kulturpolitik so vieles mehr sein: Jugend- Integrations- und Sozialpolitik etwa. Das Kulturressort darf nicht wie ein Schrebergarten behandelt werden, sondern muss sich in alle Bereiche einmischen. In die Lehrpläne etwa. Denn Kreativität sollte in den Schulen wieder einen Stellenwert bekommen.Kulturelle Nahversorgung: Je näher zur Ringstraße, umso höher die Kulturförderung pro Quadratkilometer. Das muss geändert werden. In Favoriten oder Simmering soll sich das Leben nicht auf Wohnen, Arbeiten und Shoppen beschränken. Kulturelle Nahversorgung scheint mir sehr wichtig – allerdings als selbst organisierte und nicht als ferngesteuerte Grätzlzentren. Proberäume, Raum für Kreativität und Interkulturalität: All das kann dort verwirklicht werden, sei es in Stadtteilzentren oder in leer stehenden Geschäftslokalen, die zentral angeboten werden. Dazu zählen übrigens auch die Musikschulen.Transkulturalität: Migrant_innen – etwa 40{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} der Stadt – dürfen nicht länge raus dem Kulturleben ferngehalten werden. Kulturinstitutionen haben sich hier als erstaunlich starr dargestellt. Im 19. Jahrhundert war es völlig normal, dass im Theater in der Josefstadt tschechischsprachige Theaterstücke aufgeführt wurden. Zu einer Zeit, als es eine starke Zuwanderung aus Tschechien gab. Warum gelingt das 2010 nicht mehr?Zukunftsplan 2020: Kulturpolitik darf nicht erstarren. Wenn nahezu alle Mitteln des Budgets quasi als Tradition den immer selben Institutionen zugute kommen, dann gibt es keinen Raum, kein Geld und keine Ressourcen für Neues. Meine Kulturpolitik bedeutet aber nicht, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben – sondern partizipativ Kulturpolitik immer wieder und immer wieder neu erfinden und neu positionieren.Vereinige Bühnen Wien: Warum kommen andere Städte ohne Subventionen von Musicals aus, Wien muss aber mit aberwitzigen Summen zwei Musicalbühnen subventionieren? Ich habe nichts gegen Musicals, aber die Fördersummen müssen völlig neu bewertet werden. Ebenso die Anzahl der Musicalbühnen.MA7 als Servicecenter: Das Kulturamt könnte soviel mehr sein, als eine reine Beamt_innen-Burg. „Meine“ MA7 wäre ein Straßenlokal, zugänglich, transparent mit Servicecenter, Hilfe bei Ansuchen, Vermitteln von EU-Förderungen, Hilfe bei Buchhaltung und Abrechnungen. Steuergeld-Verschwendung wäre so prophylaktisch abgestellt und alle Wienerinnen und Wiener können sich immer zur Kultur in Wien informieren.Kulturelles Erbe von gestern: Ja, der Jüdische Friedhof muss restauriert werden, so wie unser kulturelles Erbe überhaupt Ernst genommen und gepflegt werden muss.Kulturelles Erbe von morgen: Was Künstler_innen heute schaffen, ist das Erbe von morgen. Ausbildung und das Schaffen einer kreativen Szene ist essenziell für die Zukunft. Lehrpläne, Schulen, Jugendeinrichtungen müssen durchforstet werden, Talente gefördert und Raum zur Verfügung gestellt werden. Hier schließt sich der Kreis zum ersten Punkt.QueerpolitikLesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern geht es im Wien des Jahres 2010 sicher besser, als in den Jahrzehnten davor. Trotzdem: Auch wenn es nunmehr Eingetragene Partnerschaften gibt: Bis zu einer völligen Gleichstellung – etwa durch die Öffnung der Ehe – ist noch ein weiter Weg. Gerade die Kommunalpolitik kann punktuell arbeiten und für mehr Verständnis sorgen und Homophobie aktiv entgegenwirken.Homophobie bekämpfen: Ob eine Stadt Wien-Aktion mit Fußball-Fanclubs, ob Aktionen in Jugendzentren und in Schulen, ob Aufklärung und niederschwellige Beratung: Hier hat die Stadt unendlich viele Möglichkeiten, aktiv Ausgrenzungen und Vorurteile zu begegnen.Mahnmal für die homosexuellen NS-Opfer: es hat bis 2005 (!) gedauert, bis homosexuelle Opfer überhaupt als solche anerkannt wurden. Als beinahe alle Betroffenen schon gestorben war. Umso wichtiger, heute ein zeichen zu setzen. Ebenfalls 2005 wurde von Stadrat Mailath-Pokorny ein Mahnmal versprochen. Bis heute nicht umgesetzt – also: Neustart!Neue Ideen für queeres Leben: Ob ein Wohnprojekt, in dem ätere Lesben und Schwule mit jüngeren zusammenleben, ob betreute Jugend-WGs, in denen lesbische schwule und transidente Jugendliche Schutzraum finden, ob Senior_innenclubs in Seniorenwohnhäuser der Stadt Wien oder queere Netzwerke für Magistrats-Beamte und -Beamtinnen. Die Stadt kann Diversität unterstützen.Die genannten Punkte sind nur einige wenige Punkte und nur ein kleiner Ausschnitt. Aber es soll zeigen, dass ich tatsächlich noch viel – sehr viel – vorhabe. Und es kommen ja noch einige Themen dazu, etwa Tourismus-Politik und Europ
apolitik. Aber dazu ein anderes Mal sicher mehr.

Was ich in den kommenden fünf Jahren vorhabe. Teil 1

Nachdem ich diesem Beitrag den ersten fünf Jahren meines Gemeinderatsdaseins gewidmet habe, möchte ich mich nun vor allem den kommenden fünf Jahren widmen. Was gibt’s zu tun? Im ersten Teil die großen Überbauthemen, im zweiten Teil folgen „meine“ Ressorts Netz-, Kultur- und Queerpolitik. Man möge mir verzeihen, dass ich in einem Blogbeitrag nicht detailliert auf alles eingehen kann*. Aber da ich Lust auf Zukunft habe:Die Wahlkampfthemen (wenn man frischen Wind, Jetzt geht’s um Wien bzw. Er glaubt an euch überhaupt als Themen definieren möchte) gehen ja an die großen Herausforderungen der Stadt vollkommen vorbei.Die Ausgangslage Wiens für die kommenden Jahre ist wie folgt:Als einziges Bundesland Österreichs wird Wien jünger. Das passiert durch Zuwanderung, inklusive der aus anderen Bundesländern.Wien wächst bis 2030 um Graz. Etwa 250.000 Menschen mehr werden in dieser Stadt wohnen, leben, arbeiten, verkehren, Kultur genießen, etc. Schon bald hat Wien mehr Einwohner_innen als zu den Hoch-Zeiten der Jahrhundertwende um 1900.In der Kommunikation wird die revolutionärste Erfindung seit dem Buchdruck – das Internet – Rahmenbedingungen vollkommen verändern.Europa und die USA als kulturelle und wirtschaftliche (leider vielleicht auch politische) Leitgebilde gehören der Vergangenheit an. China und Indien holen auf, Südamerika ebenso. Der Standort Wien (so wie Österreich und Europa) muss politisch, wirtschaftlich, wissenschaftlich, kulturell sorgfältig neu gedacht werden.Ob die Wirtschaftskrise und die zerplatzten Blasen aufgehört haben, oder erst noch so richtig kommen werden, ist noch keine ausgemachte Sache. In welchem Wirtschafts- und Demokratiesystem wir leben wollen ist zwar eine globale Frage, aber auch zu einem gewissen Grad lokal zu beantworten.Der Klimawandel ist kein Zukunftsszenario, sondern wir sind mittendrin. Dafür braucht es klare Vorgaben und Management.Durch unser Wirtschaftssystem und durch ökologische Verwerfungen wird Migration stattfinden, ob wir wollen oder nicht.Daher ärgern mich die kurzfristigen Wahlkampfparolen sehr. Denn in Wahrheit sind die oben genannten Wahrheiten unaufhaltbar und sollten das eigentliche Thema der Stadt sein.Oben genannte Themen sind bei den Grünen nicht ausgeblendet. Christoph Chorherr hat diesbezüglich viel in seiner Präsentation „Was kommt wenn Grün kommt“ erklärt (hier nachzusehen).Viele Menschen fragen mich, wie das leistbar sein soll: Wohnbausanierungen, neue Passivhäuser, etc. Nun: Gebaut werden muss sowieso. Und ja, Passivhäuser bauen ist um etwa 5{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7} teurer. Aber wenn man bedenkt, wie viel Energie sowie Öl- und Gasimporte eingespart werden können, rechnet sich das in kürzester Zeit. Die einstürzenden Altbauten, mit denen Wien in letzter Zeit konfrontiert waren, zeigen ja auch, dass Sanierungen ohnehin stattfinden müssen. Es wäre sinnvoll diese gleich mit Wärmedämmungen und Energiesparmaßnahmen zu sanieren. Das erhöht zudem die Lebensqualität. Über die erste Passiv-Wohnung der Welt in Wien berichten wir ja in unserem Magazin Q:G (Seite 24, hier nachzulesen). Auch das erste energieunabhängige Hotel der Welt befindet sich im 15. Bezirk (hier).Über die demokratischen, politischen und gesellschaftlichen Veränderungen, die mit dem Internet einhergehen, möchte ich in Teil 2 näher eingehen.Zu den veränderten Rahmenbedingungen bei den Machtverhältnissen in der Welt, muss gesagt werden, dass Produktion von Gütern wohl nicht mehr im großen Rahmen in Europa stattfinden wird. Ich sehe noch kein Ende der „Geiz ist geil“-Bewegung und Konsumverhalten. Daher wird nichts anderes übrig bleiben, als den Forschungs-, Dienstleistungs, Kreativ-, Kultur- und Bildungssektor aufzuwerten, denn dies wird für die Zukunft Wiens unabdingbar sein. Wer das veraltete, verkrustete Schulsystem Österreichs betrachtet – samt parteipolitischen Direktionspostenvergaben – kann nur mit Sorge in die Zukunft schauen. Aber eine Grüne Stimme bei und nach der Wahl ist auch ein Zeichen, dass hier dringends umfassend umgekrempelt werden muss. Das gilt für Wien und für Europa.Migration wird stattfinden. Das bedingt unser weltweites Wirtschafts- und Ökosystem. Es ist immer noch unbedingt notwendig, dass wir Hetze ablehnen! Es hilft uns aber auch nicht, wenn immer nur gesagt wird, wie super eh alles sei. Integration und Migration sind keine Themen, die man ablehnen oder befürworten kann. Es sind Themen, die angepackt werden müssen, wo die Politik verdammtnochmal die Ärmel hochkrempeln muss und Zeit und Geld investieren muss. Und ja: Es gibt kulturelle Probleme und ja: Es gibt Konflikte. Die müssen aber genau definiert und diskutiert werden, ohne dass man ganze Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufhetzt und eigentlich die öffentliche Sicherheit gefährdet, wie die FPÖ das tut – oder alles schönredet, wie die SPÖ das tut. Letztere zitiert ja bei deder Debatte aus der Mercer-Studie. Die ist aber von Manager für Manager gemacht. Diese SP-Argumentation des „eh alles super“ hilft also weder einer Zimmer-Kabinett-Bassena-Familie am Gürtel, noch Brennpunkten in Simmering. Deshalb laufen diese Gruppen auch in Scharen zur FPÖ über – leider! Integration heißt also: Dialog, Aufklärung, Programme vor Ort (vom Gemeindebau bis zum Betrieb, von der Schule bis zur Kultur) und allem voran: Neugier wecken und ehrlich sein! Und vor allem müssen wir erkennen, dass viele so genannten „Integrationsprobleme“ vielmehr soziale Probleme sind. Hier hat die sozialdemokratische Partei nämlich versagt.*Das wahlweise kurz und bündige oder komplette und ausführliche Wahlprogramm der Grünen gibt es hier.

Fünf Jahre im Gemeinderat. Eine Bilanz. Ein Ausblick.

Die Wiener Legislaturperiode ist (fast) zu Ende. Was ich alles in den nächsten fünf Jahren vorhabe, werde ich in einem kommenden Beitrag schreiben. Vieles steht ja auch in unserem Wahlprogramm. Aber vieles, was in den vergangenen fünf spannendsten Jahren meines Lebens passierte, ist freilich auch schon ein Verweis in die Zukunft. Eine Bilanz ist wohl immer auch Ausblick. Aber gehen wir einmal ein paar wesentliche Punkte durch.DemokratieDas größte Problem, das ich in der Stadt Wien sehe, ist die Demokratie. Dass eine absolute Mehrheit nicht gut tut, konnte ich nahezu tagtäglich erleben. Aber bevor ich lange herumerzähle: Profil hat in diesem Beitrag das größte Problem ohnehin geschrieben. Daher möchte ich hier eher meine persönliche Perspektive kundtun:Als ich frisch in den Gemeinderat einzog, war ich natürlich beeindruckt. Das historische Haus, der historische Saal, der unbeschreiblich schöne Luster, die alten unbequemen Bänke, die Rituale… Aber: Die Diskussionen waren größtenteils wiederkäuend und reines Ritual. Bereits bei meiner zweiten Rede (bei der Erstrede sind sie eh immer alle recht höflich) dachte ich mir: Zu wem rede ich eigentlich? Hört mir hier – außer meinen Freund_innen – irgendjemand überhaupt zu? Alle blickten in Zeitungen und Notebooks.Ich werfe das meinen Kolleginnen und Kollegen mittlerweile gar nicht mehr vor. Es liegt am Setting. Wir debattieren noch so, wie meine Vorgänger im 19. Jahrhundert.Die wirklich interessanten Debatten finden auch ganz woanders statt: In den Ausschüssen und Kommissionen! Meine waren: Kulturausschuss, Tourismuskommission, Ehrenpensionen, Europakommission sowie Ersatzmitglied im Integrationsausschuss. Dort sitzen weniger Abgeordnete, die sind aber in diesen Bereichen mehr Experten und Expertinnen, konzentrieren ihre Arbeit besonders in diesen Bereichen. Man sitzt rund um einen Tisch: Das begünstigt gute Gespräche, Debatten und Austausch.Nur: Diese Ausschüsse sind nicht öffentlich! Größtenteils keine Protokolle, selten Gäste von außen, usw.Das Setting gehört unbedingt neu gedacht! Als ich auf CNN einmal ein parlamentarisches Hearing in den USA sah- live im TV – dachte ich mir: Das wäre doch was! Öffentliche Ausschüsse samt Livestream, Jede und jeder, der in diesem Ausschuss um Subventionen ansucht, kann dort erklären, wofür er oder sie das Geld braucht, Frage können gestellt werden, etc. Das wäre doch wirklich was! Keine Hintertür-Demokratie ohne Öffentlichkeit…KulturpolitikErgebnis obiger Überlegungen war, dass meine Kollegin Marie Ringler und ich die Ausschüsse auf unseren Blogs zumindest öffentlich machten.Marie Ringler und ich beackerten viele Kulturthemen zusammen, manche habe ich voran getrieben. Nur einige Ausschnitte meiner Arbeit:Gewista Kultur:Plakat-Monopol versus Freiplakatierungen war ein großes Thema, das ich in die Öffentlichkeit rücken konnte. Zwar noch ohne Erfolg, aber immerhin wurde der öffentliche Raum und die Frage: Wem gehört der eigentlich? stärker ins Licht gerückt. Link.Der Jüdische Friedhof Währing: Ich habe schon so viel gebloggt zu diesem Thema, dass ich nur kurz zusammenfassen möchte: Erst durch meine Initiative mit Tina Walzer wurde der vergessene Biedermeier-Friedhof wieder bekannt. 10.000 Folder wurden verteilt und waren Anfang des Jahres vergriffen, sodass ich soeben neue produzieren musste. Wir haben in dieser Legislaturperiode über 3.500 Menschen eingeladen, die das fast vergessene Areal zu besuchen. Vier Freiwilligentage halfen der Forschung. Ende 2009 war das Thema (das ohne mich gar keins gewesen wäre) auf der Tagesordnung im Bundeskanzleramt – mit den Landeshauptleuten von Wien und Niederösterreich. Eine Lösung liegt zwar noch nicht am Tisch, aber scheint in greifbarer Nähe. Ich will da dran bleiben! Link: Wikipedia-Artikel zum FriedhofKino- und Filmförderung: Wir haben immer wieder Anträge gestellt. Die Oscar-Preise für österreichische Filme gaben uns Rückenwind: Das wahrscheinlich beliebteste Kulturmedium unserer Zeit bekam höhere Förderungen. Was noch fehlt sind Investment-Hilfe für Arthouse-Kinos.Erinnerungspolitik: Nur ein kleines Thema vielleicht, aber der berührendste Moment meiner Laufbahn war, Miep Gies einen Goldenen Rathausmann zu überreichen. Ich schlug diesen Rathausmann vor, der Bürgermeister sagte ja, und ich durfte (leider indirekt) überreichen. Nur wenige Wochen später starb die in Wien geborenen Retterin der Anne Frank-Tagebücher.Urheberrecht: In diesem Jahr traute ich mir auch heiße Eisen anzufassen: Wie gehen wir um mit einem Urheberrecht aus dem 19. Jahrhundert, das nicht mehr zu den technologischen Rahmenbedingungen unserer Zeit passt?Queer PolitikNoch 2005 meinten viele, ein offen schwuler Gemeinderat muss aufpassen, dass er nicht ausschließlich auf seine sexuelle Orientierung reduziert wird. Ich fand und finde es richtig, dass ich diesen Schritt gemacht habe und konnte sogar vieles erreichen (mehr dazu hier). Hier nur einige wenige Punkte:Schulen: Gleich zu Beginn der Periode konnte ich erreichen, dass in jeder Schulbibliothek Coming-out Ratgeber und lesbische sowie schwule Literaturanthologien stehen.Erstklassige Rechte war eine riesige Community-Bewegung, die die VP-SP-Regierung daran erinnerte, dass nur eine völlige Gleichstellung von Partnerschaften akzeptabel ist, alles andere diskriminierend ist. Alle (außer SPÖ Politik betreibende Organisationen wie HOSI Wien) machten mit, ich war wohl so etwas wie eine Speerspitze.homohetero.at: Mehrsprachige Info zur Aufklärung über SexualitätStonewall in Wien: Die lesbisch-schwule Emanzipationsgeschichte als Zeitschrift und Film aufgearbeitet.Das schwierige Verhältnis zwischen Community und Wiener Polizei konnte ich aufgreifen, die Polizei für Sensibilisierungsprojekte gewinnen, mit den Gay Cops Austria zusammenarbeiten und mittlerweile ist dieses Thema wichtig bei der Wiener Polizei.Zuletzt schaffte ich durch Verhandlungen mit der SPÖ, dass Eingetragene Partnerschaften im Wiener Landesrecht als Familienangehörige gelten und konnte „vergessene“ Gesetze hineinverhandeln (siehe Artikel hier).EuropaAbgesehen von einer höchst erfolgreichen und spannenden Brüssel-Reise mit Blogger_innen, konnten wir einen Erfolg verbuchen: Mittlerweile ist auch die SPÖ und Michael Häupl dafür, dass Europathemen im Landtag behandelt werden. Denn viele Entscheidungen in Brüssel haben direkte Auswirkungen auf die Wiener Ebene – nur debattiert niemand
darüber! Vermutlich werden wir es 2011 schaffen, und die zahnlose Europakommission wird in einen Ausschuss verwandelt!Und:einen Antrag gegen Vorratsdatenspeicherung konnten wir durchbringen, für Open Data kämpfen (leider noch ohne Erfolg, aber ich bleibe zuversichtlich), und und und… Ich kann gar nicht alles aufzählen.Was mir sicher auch immer in Erinnerung bleiben wird: Einmal distanzierte ich mich von einem einstimmigen Beschluss des Gemeinderats, der gegen Israel gerichtet war. Dazu stehe ich heute immer noch und würde das wieder so tun.

Ich distanziere mich vom Gemeinderatsbeschluss zu Israel.

Ich gönnte mir ein paar Tage Urlaub und flog am Montag, den 31.5. wieder nach Wien zurück. Genau auf diesen Montag wurde die Gemeinderatssitzung kurzfristig verlegt. Umbuchen ging nicht mehr. Ich konnte mich daher nur entschuldigen und war nicht anwesend. Daher konnte ich auch nicht gegen einen Antrag, der im Gemeinderat gestellt wurde, stimmen. Das hätte ich nämlich getan!In diesem Antrag – u.a. des SP-Abgeordneten Omar Al-Rawi, der gleichzeitig in der Islamischen Glaubensgemeinschaft aktiv ist – wird Israels Vorgehen gegen die so genannte Gaza-Hilfsflotte scharf verurteilt. Der Terror und der Wahnsinn der Hamas jedoch nicht.Vermutlich haben viele Abgeordnete nur wenige Stunden nach der Militäraktion Israels noch gar nicht genau gewusst, was da genau passiert ist. Nur so kann ich mir die Zustimmung aller anwesenden Abgeordneten erklären. Auch die meiner Grünen Kolleg_innen.Die so genannte „Friedensflotte“ war nämlich alles andere als friedlich. Wäre sie das gewesen, hätten sie das Angebot Israels, die Hilfsgüter in Ashdod zu löschen und dort über die Straße in den Gaza zu bringen, angenommen. Es ging aber weniger um Hilfsgüter für die Menschen im Gaza. Es ging um eine Aktion gegen den jüdischen Staat. Und nur darum.Dank türkischer Medien wissen wir, dass es keine friedlichen Menschen waren, die diese Flotte organisierten und die auf den Schiffen saßen. Wie diese türkische Website berichtet, finden sich da etwa Vertreter und Vertreterinnen der IHH, das sind die organisierenden Islamist_innen selbst (und nebenbei angeblich Hamas-Finanziers), BBP steht für Genel Başkan Başmüşaviri – der islamistische Flügel der „Grauen Wölfe“, Saadet ist Millî Görüş, Vakit ist antisemitisch, Anadolu Gençlik Derneği wiederum ultranationalistisch. Und diese Liste ließe sich fortsetzen. Was manche Künstler_innen und Friedensaktivist_innen auf Schiffen dieser Organisationen zu suchen haben, bleibt mir ein Rätsel. Sie sind entweder sehr dumm und naiv oder sie meinen wirklich, dass Islamismus friedlich ist. Beides mag ich nicht so recht glauben. Denn wer Mütter mit kleinen Babys sieht, die sagen, dass sie gerne als Märtyrerinnen gestorben wären, sollte wissen welche politische Absicht hinter der Flotte steckte.Das, was mich aber wirklich erschreckt: Der Wiener Gemeinderat macht selten außenpolitische Beschlüsse. Im Grunde sind sie auch herzlich unbedeutend. Ausgerechnet bei Israel wird aber eine Ausnahme gemacht. Warum eigentlich bei Israel? Warum nicht bei jedem islamistischen Terrorangriff? Bei jedem versenkten Schiff irgendwo auf dieser Welt?In dieser Stadt, in unserem Wien, leben Juden und Jüdinnen sowie Musliminnen und Muslime. Wir sollten nach den geschichtlichen Ereignissen im 20. Jahrhundert glücklich sein, dass sich jüdisches Leben in Wien entfalten kann. Das sollten wir ebenso fördern wie eine blühende islamische Kultur. Dies alles unter dem gemeinsamen Dach Demokratie, Trennung von Kirche und Staat sowie Menschenrechte. Die Israel-Kritik auf den hier stattfindenden Demonstrationen war allerdings aufgepeitscht und es fanden sich zahllose unerträgliche antisemitische Transparente und Sprechchöre.Omar Al-Rawi, der zwischen seinen zwei Funktionen als SPÖ-Politiker und Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft nie eine scharfe Trennlinie zog, spricht auf diesen Demonstrationen und genießt offenbar die „Israel Terrorist“ rufe im Publikum (Video hier), widerspricht diesen Parolen nicht und sucht keinen Ausgleich oder Worte der Vernunft. Und es fiel auch kein Wort über islamistischen Terror oder dem Terror der Hamas.Das ist inakzeptabel. Das schürt Antisemitismus und schadet dem friedlichen Zusammenleben in dieser Stadt, macht Antisemitismus straßenfähig. Wenn sich Jüdinnen und Juden wieder fürchten müssen, dann hat die Politik dagegen vorzugehen. Und nicht zu unterstützen.Übrigens kann man hier diesen Beitrag gerne kommentieren. Das ist auf Omar Al-Rawis Website nämlich nicht möglich.

Volksbefragung der SPÖ Wien: Demokratie à la DDR

Volksbefragungen sind ein wunderbares direkt-demokratisches Instrument, vor dem man Respekt und Hochachtung haben muss. Als leidenschaftlicher Demokrat war ich von der Idee einer Volksbefragung zu mehreren Themen und mit mehreren Fragestellungen anfangs begeistert – obwohl mir klar war, dass die Wiener Volksbefragung der SPÖ Wien, die vor kurzem angekündigt wurde, so knapp vor dem Wahltermin am 10.10.2010 ein Wahlkampfmittel ist, und wohl weniger ein ernsthafter demokratischer Prozess. Meine Befürchtungen haben sich heute in dramatischer Weise bewahrheitet. Die Unverschämtheit der SPÖ ist nicht zu fassen (und kostet so nebenbei fast 7 Millionen EURO). Im Grunde fehlt nur noch, dass die Wiener SPÖ bei ihrer großspurig angekündigten Volksbefragung ein riesengroßes Kästchen für das von ihr gewünschten Ergebnis gestaltet und ein dementsprechendes kleineres Kästchen daneben.
Aber da die Leser_innen meines Blogs sich am besten selbst ein Bild machen kann, hier die heute im Gemeinderat als Antrag eingebrachten Fragen, über die die Wiener Bevölkerung abstimmen soll:
1. Im Jahr 2000 wurde durch den Bundesgesetzgeber die Möglichkeit abgeschafft, Hausbesorger anzustellen. Eine bundesgesetzliche Neuregelung ist seither nicht zustande gekommen.
Sind Sie dafür, dass in Wien die Möglichkeit geschaffen wird, neue HausbesorgerInnen (mit modernem Berufsbild) einzustellen?
JA NEIN  

 

2. Internationale Studien zeigen, dass die Ganztagsschule der entscheidende Erfolgsfaktor für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie darstellt sowie das Bildungsniveau der Bevölkerung deutlich hebt.
Sind Sie für ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen in Wien ?
JA NEIN  

 

3. Einige Großstädte (z. B. London, Stockholm) haben zur Bewältigung des innerstädtischen Verkehrs eine Einfahrtsgebühr für das Stadtzentrum eingeführt (Citymaut). In Wien konnte durch die Verkehrspolitik (Ausbau öffentlicher Verkehr, Parkraumbewirtschaftung, Wohnsammelgaragen, Ausbau Radwegenetz) in den letzten Jahren der Autoverkehr in der Stadt deutlich reduziert werden.
Soll in Wien eine Citymaut eingeführt werden ?
JA NEIN  

 

4. In Wien fahren täglich Nachtbusse von 0.30 bis 5.00 Uhr. Ein 24-Stunden-U-Bahn-Betrieb am Wochenende (Freitag und Samstag) kostet pro Jahr 5 Millionen Euro und bewirkt veränderte Fahrtrouten der Nachtbusse an Wochenenden.
Sind sie dafür, dass die U-Bahn am Wochenende auch in der Nacht fährt ?
JA NEIN 

 

5. Seit 2006 wird in Wien ein freiwilliger Hundeführschein angeboten. Der Hundeführschein ist eine fundierte Ausbildung für Hundehalter/innen, bei welcher der richtige Umgang mit Hunden erlernt wird. Bei der Prüfung müssen die Hundehalter/innen zeigen, dass sie den Hund auch in schwierigen Situationen im Griff haben.
Sind Sie dafür, dass es in Wien für sogenannte „Kampfhunde“ einen verpflichtenden Hundeführschein geben soll ?
JA NEIN

Die Suggestiv-Formulierungen, die den Fragen voran gestellt werden, machen diese Volksbefragung zur demokratiepolitischen Farce. In einem Stil, den man eigentlich nur aus DDR-Zeiten kennt, werden Behauptungen aufgestellt, die mehr oder weniger die Abstimmung vorab klar machen – fast schon als Befehl. Dabei wird auch noch die Unwahrheit behauptet, etwa wenn gesagt wird, dass die Stadt ja so erfolgreich beim reduzieren des Auroverkehrs in der Innenstadt wäre. Stimmt einfach nicht! Oder wenn bei der Gesamtschule (ich bin dafür!) schon vorab gesagt wird: So ist’s gescheit, wie Studien sagen! Das ist Suggestion pur.
Es fehlen Pro und Kontras, Fragen und Behauptungen vorab werden nicht neutral formuliert.

So funktioniert Demokratie nicht, Wiener SPÖ! Mit diesen Formulierungen hat die SPÖ ihren Respekt vor der Direkt-Demokratie bewiesen: Sie hat nämlich keinen! SO funktioniert Demokratie im 21. Jahrhundert nicht mehr. Partizipation schaut anders aus.

Erfolg im Gemeinderat: Erstmals Öffnung der Ehe gefordert!

Ein Spiegel-Blogbeitrag aus roter Sicht gibt es bei meiner geschätzten Kollegin Tanja Wehsely.

 
Diese Woche fand im Wiener Gemeinderat die Rechnungsabschluss-Debatte statt. Für viele Kolleg_innen eine willkommene Gelegenheit Grundsätzlicheres in ihren Themenbereichen zu besprechen und zu beantragen. Ich plante einen Antrag auf Öffnung der Ehe für lesbische und schwule Partner_innenschaften. Die SPÖ signalisierte recht rasch Bereitschaft beim Antrag mitzugehen. Noch am Wochenende davor traf ich meine Kollegin Tanja Wehsely bei der Präsentation der Initiative Liebe verdient Respekt der Beratungsstelle Courage und dort forderte sie ebenfalls die Öffnung der Ehe, was mich zuversichtlich stimmte. 

 

Im Gemeinderat konnte ich dann mit Hilfe der SP-Kollegin Nurten Yilmaz und der SoHo (Sozialdemokratie und Homosexualität) einen gemeinsamen Antrag formulieren, und dieser wurde dann auch im Gemeinderat beschlossen.

Der Beschluss ist ein Meilenstein: Zum ersten Mal wurde in einer wichtigen gesetzgebenden Körperschaft Österreichs die Öffnung der Ehe beschlossen. Zusätzlich richtet der Antrag eine sehr deutliche Botschaft an Justizministerin Bandion-Ortner zum noch für dieses Jahr versprochenem Lebenspartnerschaftsgesetz. Der Wiener Gemeinderat ersucht die Bundesregierung genanntes Gesetz mit einer Generalklausel auszustatten. Eine Generalklausel heißt nichts anderes als die Erwähnung, dass in prinzipiell allen Gesetzen in denen der Begriff „Ehe“ vorkommt, dies auch für Lebenspartnerschaften gilt. Dann bräuchte man lediglich die Ausnahmen auflisten. Das was nun geplant ist, wird ein Monstrum: Das Lebenspartnerschaftsgesetz wird komplett geschrieben, jedes einzelne Gesetz – hunderte davon! – müssen geändert werden („gilt für Ehen und Lebenspartnerschaften“ oder so). Eine Generalklausel würde die Justiz auch vor Klagen schützen, die durch unklare Gesetze verursacht werden würde.

Die Öffnung der Ehe wird im Antrag „mittelfristig“ gefordert. Das war ein politischer Kompromiss mit der SPÖ. Natürlich wäre mir eine „sofortige“ Öffnung lieber, da es der schnellste und einfachste Weg der Gleichstellung wäre. Aber immerhin: So geht das Ersuchen an die Bundesregierung!

Der Antrag, der von SPÖ und Grüne befürwortet, von ÖVP und FPÖ abgelehnt wurde:

Beschluss- (Resolutions-) Antrag
der GemeinderätInnen Marco Schreuder, Mag. Maria Vassilakou (Grüne), Dr. Kurt Stürzenbecher und Nurten Yilmaz (SPÖ)
betreffend die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, eingebracht in der Sitzung des Wiener Gemeinderates am 23.6.2009 zu Post 1.
Gleichgeschlechtliche Paare sind nach wie vor in Österreich benachteiligt. Im Erbrecht, in der Zivilprozessordnung, im Sozialversicherungs- und Einkommensteuerrecht, bei der Adoption und auch im Fremdenrecht besteht eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare aufgrund der sexuellen Orientierung. Zahlreiche EU-Länder haben für gleichgeschlechtliche Paare dagegen eine rechtliche Absicherung ihrer Beziehung und auch die Ehe (etwa Belgien, Niederlande, Spanien, Norwegen und Schweden) ermöglicht. Auch das EU-Parlament verlangt – in seiner Entschließung zur Lage der Grundrechte in der EU 2002, dass jegliche Diskriminierung abzuschaffen sei. Durch das Eheverbot in Österreich werden im Übrigen auch TransGender benachteiligt.

Ein Lebenspartnerschaftsgesetz, das in Diskussion und bis Jahresende angekündigt ist, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ist in Österreich grundsätzlich zu beenden. Vor dem Gesetz müssen alle Menschen, egal welcher sexuellen Orientierung, gleich behandelt werden.
Die gefertigten GemeinderätInnen stellen daher gemäß § 27 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien folgenden
Beschluss- (Resolutions) Antrag
Der Wiener Gemeinderat ersucht die Bundesregierung, mittelfristig die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Sollte auf Bundesebene ein Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedet werden, ersucht der Wiener Gemeinderat die Bundesregierung, mittels einer Generalklausel für eine Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Ehe in allen Gesetzen zu sorgen. 

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.
Wien, 23.6.2009

 

Live Tweets vom Gemeinderat.

Normalerweise blogge ich hier aus dem Gemeinderat. Heute probiere ich es mal mit Twitter, auch wenn die Kürze der Meldungen (maximal 140 Zeichen) auch eine Herausforderung ist.

 
Also: Probieren wir es mal mit einem Live-Twitter vom Gemeinderat. Einfach hier klicken: twitter.com/marcoschreuder

Sebastian Moser hat auf seinem (übrigens sehr lesenswerten) Blog einen Live-Stream meiner Gemeinderats-Tweets eingerichtet damt Diskussionsspalte, wofür ich mich herzlich bedanke. Sehr fein! abrufbar hier. Wahrscheinlich noch spannender, als nur meine Kommentare zu lesen. 😉

Ich gehe mal davon aus, dass die Ergebnisse zur Wahl eines neuen Stadtrats und eines neuen Vizebürgermeisters in meinen Tweets schneller sind, als auf irgendeiner News-Site.
Bei den facbook-Freund_innen entschuldige ich mich für die vielen Statusmeldungen. Twitter Nachrichten werden dort nämlich direkt Statusmeldung. Ich freue mich aber auch dort auf Fragen und Kommentare.

Gemeinderat am 23.2. – LiveBlog

Ein Gemeinderat an einem Montag ist selten und ungewohnt, aber ein standesgemäßer Start in die Arbeitswoche. Die Sitzung beginnt mit einer Trauerminute. Gemeinderätin Rosemarie Polkorab (SP, siehe noch nicht aktualisierten Wikipedia Eintrag) ist überraschend am 12.2. gestorben. Wir nehmen Abschied von unserer Kollegin. Sie saß mit mir im Kulturausschuss und dementsprechend geschockt bin ich über diese Nachricht.

Die Fragestunde beginnt mit der grünen Anfrage von GRin Smolik an SRin Laska zur Nachmittagsbetreuung an Wiener Schulen. Aigner (VP) fragt Bgm Häupl über die Kosten der Fanzone Hanappi-Stadion, GR Hora (SP) fragt SR Mailath-Pokorny über Bezirksfestwochen neu, Gudenus (FP) fragt Bgm Häupl über Ausschreibungsverfahren der Wien marketing GmbH und lat but not least eine weitere Grüne Anfrage von GR Margulies an SRin Brauner über die Auflösung der Cross Border Leasing-Verträge.

Die Aktuelle Stunde darf heute von den Grünen thematisch vorgegeben werden, und das Ende der Untersuchungskommission zum Psychiatrie-Skandal ist das Thema, denn – wie üblich – gibt es zwei unterschiedliche Berichte: Ein Mehrheitsbericht der SPÖ (eh alles super, wir arbeiten an Verbesserungen) und einen Minderheitsbericht der Grünen mit der ÖVP (mit klarer Auflistung der Versäumnisse, sowie notwendigen Maßnahmen). Zum Abschlussbericht vergleiche diesen Artikel. Eines hat die U-Kommission deutlich gezeigt, wie Sigrid Pilz deutlich hervorstreicht: Die Psychiatrie Wiens hat eine Zweiklassenmedizin, auch wenn die SPÖ das nicht einsehen will.

Schwerpunkt war der Akt zur Förderung an den Fußballclub FK Austria Wien. Martin Margulies erneuerte seine Kritik (OTS hier nachzulesen).

 
Die Containerklassen sind auch wieder Thema. Susi Jerusalem wiederholt ihren doch einleuchtenden Standpunkt: Containerschulen bieten enorm eingeschränkten Raum, und somit auch keine Möglichkeit moderne, innovative Pädagogik anzubieten. Die SP bezeichnet die Containerklassen (oder Mobilklassen) plötzlich Pavillon-Klassen. Haben Sie So kann man eine Unart sprachlich auch überdecken. Schön aber eine Wortkreation von GRin Anger-Koch: Die Outsourcing (autsursing ausgesprochen!).

Der nächste Akt: In Aderklaa soll eine Garage gebaut werden. Im Umfeld stehen die Garagen leer! Martin Margulies erklärt warum dort trotzdem gebaut werden darf. Personengeflechte, die merkwürdigerweise zum gescheiterten Austria/Stronach/Rothneusiedl-Deal führen. Man hält wohl einen Investor bei Laune, auch wenn niemand diese Garage braucht.
Höhepunkt der Sitzung ist der Bericht zur Untersuchungskommission zum Otto-Wagner-Spital. Sigrid Pilz hat den Umgang der SPÖ in klaren Worten zusammengefasst: Wer nichts sehen will, kann nichts sehen. Wer nichts feststellen wird, kann nichts verändern. Und tatsächlich tut die Wiener SPÖ so, als sei gar nichts passiert und eh alles in Butter. Völlig zurecht fragte der FP-GR Lazar die SPÖ, ob sie in einer anderen Untersuchungskommission gewesen wären…
Sigrid Pilz wirft der SP auch vor, dass sie keine Angehörigen und Betroffenen zuließen. Das bedeutet, dass diese Perspektive völlig ausgeblendet wurde – eine Kritik, die seitens der Roten einfach nicht verstanden werden will. Auch dass Angestellte sich sehr wohl zu Wort gemeldet haben, obwohl sie dadurch den Konflikt mit der regierenden Mehrheitsfraktion zu erwarten haben, und berufliche Konsequenzen befürchten müssen.
Irgendwie sind die Skandale des Wagner-Spitals bezeichnend für das rote System in Wien. Schade, dass konstruktive Kritik, ein Miteinander nicht geht. Immer, wenn Missstände aufgedeckt werden, geht die „Walze SPÖ“ (so Sigrid Pilz) einfach drüber und ignoriert, wo es geht.