Leistungsschutzrecht in Österreich?

In Deutschland wird heute intensiv das Leistungsschutzrecht diskutiert. Im Bundesrat in Berlin sitzt nämlich mittlerweile eine rotgrüne Mehrheit. Das führte heute etwa zu einer Mehrheit für die Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule. Beim Leistungsschutzrecht bekam die SPD allerdings Angst. und So gibt es in Deutschland demnächst das Leistungsschutzrecht. Vielleicht aus Angst dass gerade in einem Wahljahr Zeitungen gegen die SPD kampagnisieren könnten?

Was ist das Leistungsschutzrecht?

Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage bedeutet, dass im Internet veröffentlichte Ausschnitte – so genannte Snippets – unter Schutz stehen. Nur die Verlage selbst sollen das kommerzielle Recht an Veröffentlichungen im Internet haben.

In Deutschland wurde das Gesetz stetig angepasst und verändert, dass jetzt erst recht Unsicherheit darüber besteht, in welcher Länge andere Unternehmer_innen Snippets online stellen dürfen. Welche Unternehmen? Google wird freilich mit seinem Dienst Google News immer speziell erwähnt, ebenso Links auf Facebook. Es betrifft aber in Wahrheit tausende Startups und Unternehmen.

Das Ende einer Win-Win-Situation

Was die Snippets aber alle gemeinsam haben: Sie verlinken zur Originalquelle, also den Webseiten der Zeitungsverlage. Was also seit vielen Jahren eine Win-Win-Situation ist – nämlich Verweise im Internet, die zu Traffic auf den Zeitungswebseiten führt, wird plötzlich illegal, halblegal oder unterliegt der Rechtsunsicherheit.

VÖZ

Heute hat der Verband österreichischer Zeitungungen (VÖZ) gleich reagiert: Österreich braucht auch ein Leistungsschutzrecht. Und zwar as soon as possible. Heuer noch.

Da sage ich klipp und klar: Nein!

Wir können in Österreich nicht etwas einführen, dass in der Öffentlichkeit noch gar nicht debattiert wurde! Das Leistungsschutzrecht betrifft viel zu viele Menschen (User_innen, Journalist_innen, demokratiepolitische Fragen, urheberechtliche Fragen, netzpolitische Kultur, etc.), um es still und heimlich, womöglich noch hinter verschlossenen Türen ausverhandelt, einzuführen.

Dafür gibt es zu viel berechtigte Kritik an das Leistungsschutzrecht. Und diese kommt nicht nur von Google, sondern auch von Jurist_innen, Internet-NGOs und vielen mehr.

Nur einige Beispiele von vielen Kritikpunkten:

Verlage zahlen ihre Journalist_innen, nicht Google, lautet ein häufiges Argument. Das stimmt. Nur zwingt niemand Verlage Texte komplett im Internet zu veröffentlichen. Wenn ich einen Text nicht gratis zur Verfügung stellen will, darf ich sie auch nicht veröffentlichen. Das liegt in der Hand der Verleger_innen. Wenn ihr im Internet zur Kassa bitten wollt, dann erledigt das selbst auf Euren Seiten (Paywall zB.) und bemüht bitte nicht die Politik. Denn einfach zu findende Meinungen sind demokratiepolitisch wichtig und es kann nicht Aufgabe der Politik sein, genau das einzuschränken!
Auch Blogger_innen veröffentlichen Texte. Jede und jeder kann mittlerweile Texte veröffentlichen, egal ob bezahlt oder unbezahlt. Wo fängt also kommerzielles Interesse an? Wo hört es auf? Hier hat die Debatte noch nicht einmal begonnen!
Stellt euch vor Ärzt_innen, Dienstleistungsunternehmen, Friseur_innen, Restaurants oder Konzertveranstaltungen sind im Internet nicht mehr zu finden, weil die Suchmaschinen die Arbeit dahinter nicht bezahlen, und die Genannten somit geschützt sind. Absurd? Eben!
So genannte Feeds (RSS) werden bedroht. Und damit eine Kommunikationskultur des Internets.
Start-Ups, die gerade solche News-Dienste implementieren (und nebenbei – siehe oben – für Traffic auf die „Original“-News-Seiten sorgen), werden bedroht. Und das hemmt die Innovation.

Also Leistungsschutzrecht für Österreich? So nicht jedenfalls. Das als Botschaft an die VÖZ.

Erstklassige Rechte! Warum wir Freitag demonstrieren.

Es ist schon wieder passiert. Ein Gericht verurteilt Österreich, weil gleichgeschlechtliche Partnerschaften ungleich behandelt werden. Im letzten Fall ging es um die Stiefkindadoption. Darüber wurde in den Medien breit diskutiert.

Es ist allerdings nicht das erste Urteil. Auch der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrere Ungleichbehandlungen gerügt: Das Ja-Wort-Verbot, das Bindestrichverbot bei Doppelnamen, das Trauzeug_innen-Verbot: Alles unrecht! Das Standesamtsverbot wird demnächst ebenso geprüft wie das Verbot der künstlichen Befruchtung.

Langsam reicht es wirklich! Es kann doch nicht sein, dass man in Österreich Menschenrechte über Gerichte erzwingen muss, dass Lesben und Schwule viel Geld bei Gerichtsprozessen riskieren müssen, weil die ÖVP nicht in der Lage ist Menschenrechtsstandards umzusetzen und gleichgeschlechtliche Partnerschaften gleichzustellen. Das Rechtskomitee Lambda hat alle (gefundenen!) Unterschiede zwischen Eherecht und Partnerschaftsrecht gelistet. Derzeit sind es 55.

Lesben und Schwule fordern seit Jahren eine vollkommene Gleichstellung. Ein bisschen Gleichstellung gibt es nämlich nicht. Entweder man stellt gleich – oder man diskriminiert. Letzteres tut die ÖVP seit Jahrzehnten, trotz Appelle der SPÖ, so wie zuletzt eindrucksvoll seitens der Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und trotz der Tatsache, dass die Bevölkerung (inklusive eines Großteils der ÖVP-Wähler_innenschaft) schon viel weiter ist.

Daher haben sich das Rechtskomitee Lambda, der Verein FAmOs – Familien Andersrum Österreich, die Grünen Andersrum und die SoHo zusammengetan, um am 22.3. eine zweite Auflage der Demonstration „Erstklassige Rechte“ durchzuführen. Dieses Mal unter dem Motto „Erstklassige Rechte für erstklassige Eltern“. Aber auch: „Erstklassige Rechte statt homophober Politik“!

Ich lade Euch alle ein – egal ob hetero, schwul, lesbisch, bisexuell oder transsexuell – mitzumachen: Denn diese gesellschaftspolitische Frage ist nicht nur eine Frage der so genannten „Betroffenen“. Es geht um das grundsätzliche Menschenrechtsverständnis in dieser Republik!

Erstklassige Rechte II

16:30 Treffpunkt ÖVP-Zentrale, Lichtenfelsgasse 7, 1010 Wien (gegenüber Rathaus)
17:00 Demozug Lichtenfelsgasse – Landesgerichtsstrasse – Justizministerium – Parlament
18:00 Abschlusskundgebung Parlament

Reden von Barbara Schlachter (FAmOs), Helmut Graupner (RKL), Sandra Frauenberger (SPÖ) und Marco Schreuder (Grüne)
Musikbeiträge von Christine Hödl, Mario Mrazek und Milagros Piñera
Soli-Beiträge vieler NGOs
Moderation: Holger Thor

Alle Infos: www.erstklassigerechte.net

Bitte kommt zahlreich und spread the news!

Wenn ein Außenminister österreichische Aktivist_innen bedroht.

Ende Februar gab der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi der Wiener Zeitung ein Interview (hier nachzulesen).

Thomas Seifert und Arian Faal stellten unter anderem diese Frage (auf Seite 2 zu finden):
Manche Gruppen kritisieren die österreichische Regierung dafür, dass sie iranische Regierungsvertreter empfängt. Sie sollten, so die Forderung, Teheran boykottieren. Was halten Sie von solchen Gruppen?
Und so antwortete der iranische Außenminister:
Sehen Sie, jede Gruppe hat das Recht, ihre eigenen Vorstellungen und Positionen zu haben. Was ich hier aber betonen möchte, ist, dass man bei seinen Entscheidungen immer Vorsicht und Weisheit walten lassen sollte. Sonst gerät man in Problemsituationen. Diejenigen, die nach Konflikten trachten, die werden zu keinem positiven Ergebnis kommen.
Mein Rat an diese Gruppen ist: Ihr mögt Eure Differenzen mit uns haben, Ihr mögt Eure Anschauungen haben, aber gleichzeitig raten wir Euch, etwas rationaler und vorsichtiger zu sein.
Sonst gerät man in Problemsituationen? Leider fragten die beiden Journalist_innen nicht weiter nach. Was für Problemsituationen denn?

Man mag zu den Sanktionsbefürworter_innen stehen wie man will (Ich tue es), aber auch diejenigen, die Sanktionen gegen den Iran keine gute Lösung finden, müssten hier doch aufschreien! Fakt: Ein Außenminister eines Staates bedroht politische Aktivist_innen eines anderen Landes, das er besucht. Und der österreichische Außenminister? Der begrüßt den Kollegen aus dem Iran und verliert kein Wort zu obigen Äußerungen.

Überhaupt hat sich kein österreichischer Politiker bis jetzt dazu geäußert. Damit dies nicht so bleibt, blogge ich diese Geschichte hier, denn ich will zumindest ein Politiker sein, der laut und deutlich sagt: Das geht nicht!

Man kann keinen Außenminister empfangen ohne obige Bedrohungen anzusprechen oder ernst zu nehmen. Wir reden ja auch nicht von einem gewöhnlichen Staatsbesuch eines gewöhnlichen Außenministers, sondern von einem Staat mit einem Regime, das Oppositionelle brutal verfolgt, Anhänger_innen der Bahai-Religion systematisch verfolgt, Homosexuelle umbringt, Frauenrechte ignoriert, Demonstrationen brutal niederknüppeln lässt – und wir reden von einem atomar aufrüstenden Regime, gegen das die EU Sanktionen beschlossen hat. Außerdem bedroht  Salehi keine Oppositionellen zuhause (schlimm genug), sondern bedroht Aktivist_innen des Landes, das er besucht. Wie diese Aktivist_innen von Stop The Bomb das Interview wahrnehmen, kann man in Simone Dinahs Hartmanns Reaktion nachlesen.

Sowas geht einfach nicht. Das kann man nicht ignorieren, Herr Spindelegger. Tun Sie was!