Erfolg im Gemeinderat: Erstmals Öffnung der Ehe gefordert!

Ein Spiegel-Blogbeitrag aus roter Sicht gibt es bei meiner geschätzten Kollegin Tanja Wehsely.

 
Diese Woche fand im Wiener Gemeinderat die Rechnungsabschluss-Debatte statt. Für viele Kolleg_innen eine willkommene Gelegenheit Grundsätzlicheres in ihren Themenbereichen zu besprechen und zu beantragen. Ich plante einen Antrag auf Öffnung der Ehe für lesbische und schwule Partner_innenschaften. Die SPÖ signalisierte recht rasch Bereitschaft beim Antrag mitzugehen. Noch am Wochenende davor traf ich meine Kollegin Tanja Wehsely bei der Präsentation der Initiative Liebe verdient Respekt der Beratungsstelle Courage und dort forderte sie ebenfalls die Öffnung der Ehe, was mich zuversichtlich stimmte. 

 

Im Gemeinderat konnte ich dann mit Hilfe der SP-Kollegin Nurten Yilmaz und der SoHo (Sozialdemokratie und Homosexualität) einen gemeinsamen Antrag formulieren, und dieser wurde dann auch im Gemeinderat beschlossen.

Der Beschluss ist ein Meilenstein: Zum ersten Mal wurde in einer wichtigen gesetzgebenden Körperschaft Österreichs die Öffnung der Ehe beschlossen. Zusätzlich richtet der Antrag eine sehr deutliche Botschaft an Justizministerin Bandion-Ortner zum noch für dieses Jahr versprochenem Lebenspartnerschaftsgesetz. Der Wiener Gemeinderat ersucht die Bundesregierung genanntes Gesetz mit einer Generalklausel auszustatten. Eine Generalklausel heißt nichts anderes als die Erwähnung, dass in prinzipiell allen Gesetzen in denen der Begriff „Ehe“ vorkommt, dies auch für Lebenspartnerschaften gilt. Dann bräuchte man lediglich die Ausnahmen auflisten. Das was nun geplant ist, wird ein Monstrum: Das Lebenspartnerschaftsgesetz wird komplett geschrieben, jedes einzelne Gesetz – hunderte davon! – müssen geändert werden („gilt für Ehen und Lebenspartnerschaften“ oder so). Eine Generalklausel würde die Justiz auch vor Klagen schützen, die durch unklare Gesetze verursacht werden würde.

Die Öffnung der Ehe wird im Antrag „mittelfristig“ gefordert. Das war ein politischer Kompromiss mit der SPÖ. Natürlich wäre mir eine „sofortige“ Öffnung lieber, da es der schnellste und einfachste Weg der Gleichstellung wäre. Aber immerhin: So geht das Ersuchen an die Bundesregierung!

Der Antrag, der von SPÖ und Grüne befürwortet, von ÖVP und FPÖ abgelehnt wurde:

Beschluss- (Resolutions-) Antrag
der GemeinderätInnen Marco Schreuder, Mag. Maria Vassilakou (Grüne), Dr. Kurt Stürzenbecher und Nurten Yilmaz (SPÖ)
betreffend die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, eingebracht in der Sitzung des Wiener Gemeinderates am 23.6.2009 zu Post 1.
Gleichgeschlechtliche Paare sind nach wie vor in Österreich benachteiligt. Im Erbrecht, in der Zivilprozessordnung, im Sozialversicherungs- und Einkommensteuerrecht, bei der Adoption und auch im Fremdenrecht besteht eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare aufgrund der sexuellen Orientierung. Zahlreiche EU-Länder haben für gleichgeschlechtliche Paare dagegen eine rechtliche Absicherung ihrer Beziehung und auch die Ehe (etwa Belgien, Niederlande, Spanien, Norwegen und Schweden) ermöglicht. Auch das EU-Parlament verlangt – in seiner Entschließung zur Lage der Grundrechte in der EU 2002, dass jegliche Diskriminierung abzuschaffen sei. Durch das Eheverbot in Österreich werden im Übrigen auch TransGender benachteiligt.

Ein Lebenspartnerschaftsgesetz, das in Diskussion und bis Jahresende angekündigt ist, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ist in Österreich grundsätzlich zu beenden. Vor dem Gesetz müssen alle Menschen, egal welcher sexuellen Orientierung, gleich behandelt werden.
Die gefertigten GemeinderätInnen stellen daher gemäß § 27 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien folgenden
Beschluss- (Resolutions) Antrag
Der Wiener Gemeinderat ersucht die Bundesregierung, mittelfristig die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Sollte auf Bundesebene ein Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedet werden, ersucht der Wiener Gemeinderat die Bundesregierung, mittels einer Generalklausel für eine Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Ehe in allen Gesetzen zu sorgen. 

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.
Wien, 23.6.2009

 

6 Gedanken zu „Erfolg im Gemeinderat: Erstmals Öffnung der Ehe gefordert!“

  1. Hallo Marco,

    zunächst finde ich's klasse, dass du diesen Antrag mit der SPÖ ermöglicht hast. Erfreulich, dass die SPÖ Wien in diesem Antrag Druck auf die Bundespartei und die Justizministerin ausübt, doch unter Betrachtung der Haltung des SPÖ-Bundesministerinnen ist es kein Meilenstein. Leider…

    Ich erlaube auf meinen heutigen Blogeintrag dazu zu verweisen: 😉 http://is.gd/1d9vn

  2. Hallo Marco,

    zunächst finde ich's klasse, dass du diesen Antrag mit der SPÖ ermöglicht hast. Erfreulich, dass die SPÖ Wien in diesem Antrag Druck auf die Bundespartei und die Justizministerin ausübt, doch unter Betrachtung der Haltung des SPÖ-Bundesministerinnen ist es kein Meilenstein. Leider…

    Ich erlaube auf meinen heutigen Blogeintrag dazu zu verweisen: 😉 http://is.gd/1d9vn

  3. Was ich echt nicht ganz verstehe ist, weshalb die SPÖ so auf die Formulierung "mittelfristig" pocht.
    Für "mittelfristig" ist einfach keine Zeit mehr – zu lange schon üben wir uns in Geduld.

    Ich bin gespannt ob Bandion-Ortner Wort halten wird können und ob sich bis Jahresende tatsächlich etwas bewegen wird – mein Optimismus hält sich da in Grenzen – zu oft schon blieb es bei leeren Versprechungen denen keine Taten folgten.

    Und ich bin natürlich ganz bei Marco – eine Öffnung der Ehe mittels Generalklausel wäre überhaupt das vernünftigste. Allerdings werden da Schwarz und Blau niemals mitgehen… und das aus Gründen die aus meiner Sicht jeder Logik entbehren.

    Wenn ich mal davon ausgehe, dass tatsächlich ein Lebenspartnerschaftsgesetz bis Jahresende kommt wird eine Öffnung der Ehe aber ohnehin kein Thema mehr sein – außer mit "mittelfristig" ist die Mitte des Jahrhunderts gemeint.

    Sorry für meinen Pessimismus, nichtsdestotrotz danke ich euch und auch der SPÖ für den Beschluss dieses Antrags und – auf dass ich eines besseren belehrt werde!

  4. Was ich echt nicht ganz verstehe ist, weshalb die SPÖ so auf die Formulierung "mittelfristig" pocht.
    Für "mittelfristig" ist einfach keine Zeit mehr – zu lange schon üben wir uns in Geduld.

    Ich bin gespannt ob Bandion-Ortner Wort halten wird können und ob sich bis Jahresende tatsächlich etwas bewegen wird – mein Optimismus hält sich da in Grenzen – zu oft schon blieb es bei leeren Versprechungen denen keine Taten folgten.

    Und ich bin natürlich ganz bei Marco – eine Öffnung der Ehe mittels Generalklausel wäre überhaupt das vernünftigste. Allerdings werden da Schwarz und Blau niemals mitgehen… und das aus Gründen die aus meiner Sicht jeder Logik entbehren.

    Wenn ich mal davon ausgehe, dass tatsächlich ein Lebenspartnerschaftsgesetz bis Jahresende kommt wird eine Öffnung der Ehe aber ohnehin kein Thema mehr sein – außer mit "mittelfristig" ist die Mitte des Jahrhunderts gemeint.

    Sorry für meinen Pessimismus, nichtsdestotrotz danke ich euch und auch der SPÖ für den Beschluss dieses Antrags und – auf dass ich eines besseren belehrt werde!

  5. Mittelfristig könnte etwa folgendes bedeuten:
    Mein Schreiben an die Frau Bundesministerin hinsichtlich der Einführung eines Partnerschafts-gesetzes wurde unter anderem mit diesem Satz beantwortet: "Frau Bundesministerin Bandion-Ortner ist zuversichtlich, dass bereits im nächsten Jahr eine gesetzliche Regelung gechaffen wird."
    Nur soviel dazu zum Thema Fristen.

  6. Mittelfristig könnte etwa folgendes bedeuten:
    Mein Schreiben an die Frau Bundesministerin hinsichtlich der Einführung eines Partnerschafts-gesetzes wurde unter anderem mit diesem Satz beantwortet: "Frau Bundesministerin Bandion-Ortner ist zuversichtlich, dass bereits im nächsten Jahr eine gesetzliche Regelung gechaffen wird."
    Nur soviel dazu zum Thema Fristen.

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