Die wundersame "Parteiunabhängigkeit" der HOSI Wien.

Über die merkwürdigen Überschneidungen der – historisch und in ihrer Arbeit zweifelsfrei verdienstvollen – Homosexuelleninitiative (HOSI) Wien und der SPÖ habe ich hier bereits vor einem Jahr gebloggt. Nachdem deren Obmann Christian Högl für die SPÖ kandidiert hat und für seine Wahlwerbung das Medium „seiner“ NGO benützen konnte (eben dessen Obmann er ist) mag man ja denken, was man will. Ich kritisiere auch Grüne Kolleg_innen, die NGO und Parteiarbeit zugleich machen. Allerdings hat von denen noch niemand ohne für ein Inserat zu bezahlen in den jeweiligen NGO-Zeitschriften für Vorzugsstimmen geworben.
Sei’s drum.
Dreist wird es aber, wenn die HOSI Wien den Flyer eines Veranstalters in einer Aussendung weiterschickt, und dabei den Sponsor retuschiert. Die Sponsor_innen in diesem Fall sind die Grünen Andersrum.

Es ist ja nur so eine Kleinigkeit. Und ehrlich gesagt: Als ich die Aussendung der HOSI Wien sah, musste ich erst mal richtig lachen und dachte mir „Wie kindisch kann sich Parteizugehörigkeit doch auswirken!“ Die Grafik jedoch gehört immerhin den Veranstaltern und nicht der HOSI Wien.
Anyway. Es sei hier aber versichert:
Liebe HOSI Wien, sollte ich oder die Grünen Andersrum Wien eine Veranstaltung der HOSI Wien (oder eine von ihr gesponsorte) bewerben: Wir lassen euer Logo gern drauf. Auch die von SPÖ oder SoHo. Kein Problem. Wir arbeiten gerne weiter an etwas, das viel wichtiger ist: Der Gleichstellung von Lesben und Schwulen und dem Kampf gegen Homophobie.

Liebe Grüße,
Marco

Und allen, die Samstag beim Queer:Beat sind wünsche ich viel Spaß. Ist ja auch eine Superparty.

Wer rettet die HOSI Wien?

Die Homosexuellen Initiative Wien – kurz HOSI Wien – hat in der Geschichte der Lesben- und Schwulenbewegung eine unglaublich wichtige Rolle gespielt. Sie wurde 1979 gegründet und hat seit dieser Zeit Meilensteine der queeren Emanzipation gesetzt: Sei es die ersten „Hochzeiten“ im öffentlichen Raum mit der erstmals 1988 gestellten Forderung nach Eingetragenen Partnerschaften, das Bewusstsein der Verfolgung homosexueller Opfer der NS-Zeit (etwa bei der Ausstellung Aus dem Leben oder der Proteste bei der Enthüllung des Hrdlicka-Denkmals am Albertinaplatz 1988), der Kampf gegen diskriminierende Paragrafen, usw.
Auch heute leistet die HOSI Wien Großartiges. Seit der Implosion des Vereins CSD hat sie die Organisation des Regenbogenballs und der Regenbogenparade übernommen (und macht das ausgezeichnet) oder organisiert etwa im Herbst die große Konferenz der International Lesbian and Gay Association (ILGA) in Wien.
Kurzum: Die HOSI Wien ist wichtig, unverzichtbar und trotzdem schlittert sie gerade in ein Spirale von Unglaubwürdigkeit und Unvereinbarkeit, von Parteinahme und verliert den Status einer unabhängigen NGO (Zu meiner Sichtweise zu NGOs siehe auch diese Post).
Warum verliert die all dies?
Was bisher geschah
Aus meiner persönlichen grünen Sicht war die uns schon länger bekannte SPÖ-Mitgliedschaft des HOSI Wien-Obmanns Christian Högl (er hat uns das fairerweise in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, was ich damals sehr fein fand!) zwar immer wieder Grund zur Verärgerung, aber die großen Ziele waren wichtiger und so konnten wir darüber hinwegsehen

dass bei gemeinsamen Aktionen der Grünen Andersrum und der HOSI Wien in den HOSI Wien eigenen Lambda Nachrichten nur noch die HOSI Wien vorkam (zum Beispiel letztens beim Kampf gegen Konzerte jamaikanischer Hass-Sänger),
dass bei Interviews mit Parteichefs immer SP-Chefs zu finden sind, während – zumindest mir – keine Interview-Anfrage an Alexander Van der Bellen bekannt ist,
dass bei den Patenschaften für Straßenbahnlinien die Linien mit Buchstaben (D, N, O) plötzlich am Ende der Liste standen, vermutlich weil sie Grüne übernommen hatten,
dass in Promi-Befragungen für die Lambda Nachrichten vor allem sozialdemokratische WählerInnen präsentiert wurden um Pro-SP-Stimmung zu verbreiten,
dass Grüne PolitikerInnen (wie letztens Eva Glawischnig) am Regenbogenball nicht über Presse-Empfänge vorab informiert wurden, wohl damit Presse-FotografInnen nur SP-PolitikerInnen ablichten konnten,
dass bei der diesjährigen Regenbogenparade die Grünen erst eine Stunde nach der SPÖ dran kamen (was angeblich ein Missverständnis war und nicht die HOSI Wein beabsichtigte),
dass wir immer etwas kurz vor Nennschluss gefragt werden ob wir Transparente oder andere Werbeformen irgendwo anbringen wollen, weil die SPÖ/SoHo das ja auch macht (also wesentlich früher informiert gewesen sein muss), usw. usf.

Das gemeinsame Ziel der rechtlichen Gleichstellung, der Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierungen, der Coming-Out-Hilfe – all das ist so ungleich viel wichtiger, dass über die Parteinähe Högls und den oben genannten „Kleinigkeiten“ dann doch immer hinweg geschaut wurde. Das geht aber seit dem Tag, an dem Justizministerin Maria Berger ein Lebenspartnerschaftsgesetz präsentierte und insbesondere seit dem Wahlkampf 2008 nicht mehr wirklich.
Maria Bergers Lebenspartnerschaftsgesetz
Das vor fast einem Jahr präsentierte (neulich übrigens auch von SP-Politikerin Angela Lueger so bezeichnete) Rumpfgesetz, das viele Pflichten, aber keine Rechte für gleichgeschlechtliche Paare beinhaltete, wurde von allen NGOs und den Grünen kritisiert. Nur eine einzige NGO schlug sich auf die Seite der SPÖ und einer deren lesbisch-schwulen Vorfeldorganisationen SoHo: das war die HOSI Wien. Alle anderen waren dagegen; auch die sonst ebenfalls SP-nahe Grazer NGO Rosa Lila PantherInnen, die wirkliche Unabhängigkeit demonstrierte und als vorbildhaftes Beispiel dienen kann, wie NGO-Arbeit funktioniert.
Obwohl der Generalsekretär der HOSI Wien Kurt Krickler (den ich bei aller Kritik ungemein schätze – das muss ich hier unbedingt erwähnen!), das Gesetz anfangs selbst als „Rumpfgesetz“ bezeichnete, war die HOSI Wien bald ganz auf SP-Linie. In den Lambda Nachrichten wurde Maria Berger als Heldin dargestellt und die SPÖ als einzige konstruktive Kraft gefeiert. Alle anderen Parteien und alle anderen NGOs wurden entweder mit Kritik überschüttet, da sie eine historische Chance verpassen würden, oder sie wurden einfach ignoriert.
Christian Högls Kandidatur für die SPÖ
Christian Högl hat einen aussichtslosen Platz auf der Liste der SPÖ bekommen und macht nun einen Vorzugsstimmenwahlkampf (für den er so gut wie unerreichbare 27.000 Vorzugsstimmen bräuchte). Das ist das gute Recht eines jeden Staatsbürgers und einer jeden Staatsbürgerin. Das ist Demokratie!
Aber was passiert mit der NGO, für den dieser Nationalrats-Kandidat Obmann ist? Ist eine NGO tatsächlich noch unabhängig, wenn dessen Obmann im Vereinsblatt Lambda Nachrichten seinen Leitartikel dazu benutzt um für sich – und damit der SPÖ – Wahlkampf  zu machen? Wenn dieser Obmann die Lambda Nachrichten ausschickt (vermutlich mit Adress-Datenbanken der HOSI Wien) und dazu eigene Vorzugsstimmen-Kärtchen mitschickt? Wenn er in der selben Ausgabe ein großes Interview mit Werner Faymann publiziert und andere Parteichefs vermutlich gar nicht fragte, ob sie auch Interviews geben möchten? Wenn die HOSI Wien eine Presse-Aussendung macht, dabei betont keine Wahlempfehlung abzugeben, um dann den eigenen Obmann zugleich als Kandidaten der SPÖ stolz zu präsentieren?
Ich halte das alles für völlig unvereinbar. Ich bin aber auch kein HOSI Wien-Mitglied, da ich in einer Partei tätig bin – also einer ganz anderen Säule der Demokratie – und eine Distanz für unbedingt notwendig halte. Die HOSI Wien soll Parteien als NGO nämlich kritisieren können, ohne Probleme in den eigenen Reihen zu bekommen. So hätte ich mir das zumindest gedacht. So ist zumindest mein Demokratieverständnis.
Die Rolle der SPÖ
Die SPÖ wird natürlich froh sein, über das fleißige Engagment Högls (denn fleißig war Christian Högl bewunderswert immer). Er macht Wahlwerbung, obwohl er so gut wie sicher kein Mandat erringen wird – wie im Übrigen auch kein anderer schwuler Kandidat oder keine andere lesbische bzw. transgender Kandidatin der SPÖ aussichtsreiche Chancen hätte. Die SPÖ hat in Wien und vermutlich auch im Nationalrat die meisten Mandate zu vergeben. Sie tut immer so, als ob ihr das Thema so unendlich wichtig sei. Das Thema selbst darf aber nicht in Form von offen gleichgeschlechtlich liebenden Menschen im Parlament oder im Wiener Gemeinderat vertreten sein. Dann schon lieber verstecken und weiter engagierte Menschen wahlkämpfen lassen, die sich dazu benützen lassen, obwohl sie keine Chance haben.
Wer rettet die HOSI Wien?
Wie gesagt: Ich bin kein Mitglied der HOSI Wien. Ich kann daher auch nicht mitreden, muss mir aber als Politiker sorgen um eine der wichtigsten NGOs machen, auf die niemand verzichten kann und will.
Ich hoffe daher einfach, dass dieser Beitrag eine Hilfe für viele ist, die HOSI Wien zu retten. Ich will im Übrigen sicher keine grün-nahe NOSI Wien. Ganz im Gegenteil. Die Demokratie braucht unabhängige NGOs und keine von Parteien zu Tode umarmten…

Witzige Begegnungen im Wahlkampf Teil 1

Ein Wahlkampf ist ein Wettbewerb von Ideen, von Konzepten, von Image und von vielem mehr. Ich gebe zu: Ich liebe das Wahlkämpfen. Man kommt im politischen Leben zwar immer mit vielen Menschen und Meinungen zusammen, aber nie so geballt und mit so einem hohen Grad an Interesse, als in Wahlkämpfen.
Wahlkampf hat aber immer auch lustige Momente. Ein paar davon werde ich versuchen, zu dokumentieren. Ein paar werden mir einfach so gemailt, wie dieses Foto von Timon von unserer gestrigen Präsentation von homohetero.at, das unser Aktivist Edmund mit Sprech- und Denkblasen versehen hat. Der Mann links ist Christian Högl (SPÖ-Kandidat auf einem wenig aussichtsreichen Platz auf der Liste) und ich. Ich habe sehr gelacht!