Alter Kulturkampf: Was zum ABBA-Comeback zu sagen ist.

„ABBA VOYAGE“ – Was zum ABBA-Comeback noch gesagt werden muss, weil sich ein Kulturkonflikt der Achtziger merkwürdig wiederholt:
Als ich in den späten Siebzigern und Achtzigern zur Schule ging, war’s besser man verschwieg dass man ABBA mag. Die Frage „Stones oder Beatles?“ war noch immer zu hören. Aber es war verpönt Musik aufgrund seiner Unterhaltung und positiver Emotionen zu mögen. Man musste es verschweigen. Pink Floyd, Neil Young und Supertramp durfte man lieben, und alle die dies taten trugen dies stolz vor sich her. (Was übrigens schwer in Ordnung war und ist.) Aber wenn man ABBA auch mochte, verschwieg man dies tunlichst. ABBA war peinlich. Song Contest war peinlich. Cancel Culture keine Erfindung der Jetztzeit.
Schon als ABBA 1974 den Eurovision Song Contest gewann, kam ein „kritischer“ Reporter zur Siegesfeier und fragte die Band wie sie sich denn nun anfühle, würden sie doch von eine Schlacht mit 40.000 Todesopfern singen (Waterloo). Und überhaupt: Die Beatles wären doch nie zu sowas wie dem Song Contest gefahren!
Nein, wären sie nicht, weil sie keine Schweden waren, die die Welt erobern wollten.
Doch es begann noch etwas anderes in den Achtzigern und vor allem in den Neunzigern, als ABBA sang- und klanglos verschwand und weiter verschwiegen wurde – denn so hatten wir das ja gelernt – wurde einfache und gute Pop-Unterhaltung nach und nach wieder okay. Lebensbejahung und Party wurde okay. Und das, was die Schwulen in ihren Clubs so hörten, schwappte plötzlich in die Radios und Charts und später auf öffentlich zelebrierten Regenbogenparaden. Und als Erasure dann die EP „ABBAesque“ rausbrachte, war ABBA plötzlich wieder populär. Man durfte es mögen. Man outete sich! Und mittlerweile wird anerkannt, dass sie eigentlich doch ziemlich genial waren. Und eingängig. Und einen ganz ganz eigenen Klang haben.
Aber jetzt, beim Comeback, scheinen manche – besonders viele Männer – noch einmal ihren Ekel ausdrücken zu müssen. Da wird dann über die „alternden Stimmen“ von Agnetha und Frida hergezogen. Es wird hämisch gefragt, wer diese doofen Schweden überhaupt vermisst hätte. Noch einmal wird die Überlegenheitsgeste ausgepackt, mit der man alle ABBA-Fans jegliche Ahnung von Musik abspricht und entwertet. Noch einmal wollen sie so sein wie früher, als sie das Pink Floyd T-Shirt trugen.
Währenddessen machen Agnetha und Frida das einzig richtige: Sie genossen es noch einmal ein Album aufgenommen zu haben, noch einmal diesen Klangzauber von Björn und Benny und den beiden so unterschiedlichen und perfekt harmonisierenden Stimmen erzeugt zu haben – und stellen sich keiner Presse und keiner Öffentlichkeit mehr. Wozu auch.
Ich antworte mittlerweile auf die Frage „Stones oder Beatles?“ (in meinem Fall übrigens eh Beatles) mittlerweile mit leichter Ironie laut und tuntig: ABBA!

Malmö, ich komme! Meine Top 10.

Nachdem ich 2012 auf derstandard.at aus Baku bloggen konnte, werde ich auch dieses Jahr wieder aus Malmö bloggen.

Und nachdem nunmehr alle Beiträge des diesjährigen Eurovision Song Contests fest stehen, mein erstes Fazit und meine Top 10. Man kann aber ruhig behaupten, dass dieser Jahrgang nicht der Beste dieses Jahrzehntz werden wird. Eher das Gegenteil davon.

Aber hier mal meine Top 10 Beiträge für die Ausgabe 2013:

Meine 12 Punkte gehen an Ungarn für dieses wunderbare Stück Musik über die Liebe. Kedvesem heißt nichts anderes als „Mein Schatz“ oder „Sweetheart“.

10 Punkte an niederländische Vögel, die nicht fliegen.

8 Punkte an Norwegens Liebesfütterung.

7 Punkte an der lässig-unwahren Ska-Behauptung Alkohol sei frei aus Griechenland.

6 Punkte an Italiens Versuch das Essenziale zu besingen.

5 Punkte an Islands Behauptung, dass man ein Leben hat.

4 Punkte an Österreichs scheinenden Beitrag.

3 Punkte an Schweden-Pop, mehr für die Komposition, weniger für die Stimme.

2 Punkte an Dänemarks Tränen.

1 Punkt an San Marinos Doppelpack – zwei Lieder in einem. Und das ein Ralph Siegel-Lied in meinen Top 10 landet, überrascht mich sogar selbst.

Politik beim Eurovision Song Contest einst und heute.

Dieses Jahr findet der Eurovision Song Contest 2012 in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, statt. Über die dortigen politischen Verhältnisse wird bereits intensiv diskutiert (siehe etwa diesen Beitrag des deutschen Fernsehens).

Ob und wie Politik – abseits von Punkte an „Freunde“ – eine Rolle spielen soll oder darf, ist schon lange Gegenstand vieler emotional geführter Debatten seit es den ESC gibt. In erster Linie soll es um das Völkerverbindende gehen, sagen immer alle einhellig. Das stimmt ja auch. Was aber, wenn ein Beitrag die Politik selbst zum Thema macht? Es war immer schon Tradition auch Politik zu besingen. Oder was, wenn ein Land ein Lied zur Verherrlichung seines Diktators schickt, so wie Belarus 2012 in Düsseldorf?

Blicken wir einmal in die Geschichte des ESC, und erzählen wir einige von vielen Geschichten!

1956 – Kalter Krieg

Als 1956 der erste Eurovision Song Contest in Lugano über die Bühne ging, war Europa fest im Griff des Kalten Krieges, der den Zweiten Weltkrieg ablöste. Das blieb auch in Osteuropa nicht unbemerkt. Der ESC war dort recht erfolgreich – wenn auch illegal. Eine Gegenveranstaltung musste her! Das geschah dann auch: 1961 ging das Sopot Song Festival erstmals on air. Allerdings nie mit dem selben Erfolg.

Der erste Sieg beim ESC 1956 ging an Lys Assia aus der Schweiz mit Refrain. 2012 wollte es die rüstige Dame noch einmal wissen und trat bei der eidgenössischen Vorausscheidung an, konnte aber nicht siegen.

1968 – Spanien, Franco und 2 Jahre Krise

1968 – so besagen es immer mehr Indizien – erkaufte sich das Spanien Francos den Sieg. Die Vorausscheidung war schon politisch genug! Manuel da la Calva schrieb den Song La la la. Allerdings wurde der Song von Joan Manuel Serrat katalanisch vorgetragen und das gefiel dem Franco-Regime gar nicht, aber Serrat wollte es nicht Spanisch singen, obwohl er eine spanische Aufnahme publizierte. Also musste Massiel das Lied singen. Und zwar Spanisch. Juroren und Jurorinnen wurden gekauft, wie das spanische Fernsehen einmal dokumentierte. Und so gewann dieses Liedchen. Cliff Richard – der Topfavorit 1968 – hatte das Nachsehen und konnte mit Congratulations und einem Punkt Abstand nur den 2. Platz belegen. Somit fand der ESC 1969 in Spanien statt. Österreich und andere Länder boykottierten die Diktatur. Dann gewannen dort auch noch 4 Songs gleichzeitig, was dazu führte, dass 1970 kaum noch ein Land am ESC teilnehmen wollte. Der Bewerb stand 2 Jahre lang an der Kippe.

So hätte 1968 der spanische Beitrag eigentlich vorgetragen werden sollen. Das missfiel allerdings dem Franco-Regime. Also musste Massiel ran. Sie gewann nicht ganz ehrlich, wie man heute weiß.

1974 – Revolution in Portugal beim ESC

Eines der bewegendsten Geschichten handelt über den portugiesischen Beitrag 1974. E depois de adeus wurde zur Hymne der Nelkenrevolution 1974. Portugal litt damals unter dem Diktator Marcello Caetano. Paulo de Carvalhos Beitrag landete zwar nur auf dem 14. Platz, aber sein Song war das Startzeichen der Nelkenrevolution, der friedlichen Bewegung der Streitkräfte (MFA) am 24. April 1974. Es war ausgemacht, dass der Marsch auf Lissabon starten soll, wenn das Lied im Radio gespielt wird. Das geschah an diesem Tag um 23 Uhr. Der Rest ist Geschichte, samt Demokratie, EU-Beitritt etc.

Bewegender Zusammenschnitt von Bildern der Nelkenrevolution 1974 eines YouTube-Users mit dem portugiesischen Eurovisionsbeitrag aus dem selben Jahr, der Eurovisionsgeschichte schrieb. Und das trotz Erfolglosigkeit beim Bewerb selbst.

1974 – Italien hat ein Problem

Im selben Jahr hatte Italien ein Problem. Gigliola Cinquetti, Superstar von Deutschland bis Japan und Siegerin 1964, trat mit dem wunderbaren Song Sì an und landete hinter Schwedens Gruppe Abba und ihrem Waterloo auf dem 2. Platz. Blöderweise fand aber in Italien am nächsten Tag ein Referendum statt, in der ein neues Scheidungsrecht zur Abstimmung stand. Die RAI fand Sì (Ja) daher zu manipulativ, zeigte den ESC erst Wochen später in einer Aufzeichnung. Das Referendum endete trotzdem mit einem „Ja“ zum modernen Scheidungsrecht und mir persönlich brachte diese Geschichte einmal einen 300-Euro-Büchergutschein bei der ORF-Sendung Was gibt es Neues?

Ein Songtitel bereitet der RAI Probleme: Gigliola Cinquetti belegte mit Sì hinter Abba den 2. Platz.

1982 – Friedensbewegung, Anti-Atomwaffen-Bewegung und trotzdem Null Punkte

In den 1980-er Jahren war die Friedensbewegung in einer Hochblüte. Das Aufrüsten im Kalten Krieg trieb europaweit Menschen auf die Straße. Sie demonstrierten gegen Pershings und anderen Raketen. Besonders Finnland litt durch die lange Grenze zu Russland darunter. Also sang 1982 ein gewisser Kojo Nuku pomiin (Atombombe) und klagte das atomare Wettrüsten an. Allerdings belohnten die Juries das keineswegs. Nicoles Friedensappelle kamen besser an als eine rockige Anklage: Null Punkte für Finnland.

Das finnische Anti-Atombomben-Engagement blieb von der Jury unbelohnt: Zero points.

1997 – Schwules Lebensgefühl aus Island

Dass der ESC immer schon besonders bei schwulen Männern beliebt war, galt lange als Fakt des ESCs. Nur offen gezeigt oder ausgesprochen wurde das nicht. Zwar galt bereits das luxemburgische Siegerlied 1961 Nous les amoureux als Schwulensong, nur musste man zwischen den Zeilen hören und fühlen. Mit Paul Oscar aka Páll Óskar Hjálmtýsson aus Island änderte sich das. Sein Beitrag Minn hinsti dans wurde sehr schwul vorgetragen. Und bis heute gilt er in Europa als Schwulenikone. Ein Jahr danach gewann die Transsexuelle Dana International für Israel.

1996 fand die erste Regenbogenparade auf der Wiener Ringstraße statt. Ein jahr später quasi auf der Bühne des Eurovision Song Contest. Da alle Live-Auftritte 1997 auf YouTube fürs Einbetten deaktiviert wurden hier das Video zum Song Minn hinsti dans.

2005 – Die Orange Revolution

Die Dramaturgie war perfekt. 2004 gewann die Ukraine den Eurovision Song Contest in Istanbul. Der Bewerb fand 2005 in Kiew statt und stand ganz unter dem Eindruck der Orangen Revolution. Zum ersten Mal betrat ein Präsident die Bühne und der ukrainische Beitrag war die Revolutionshymne schlechthin.

Die ukrainische Revolutionshymne Razom nas bahato von Greenjolly beim Eurovision Song Contest 2005 in Kiew.

2009 – Georgien, Russland, der Krieg und der ESC

2008 fand der Kaukasuskrieg zwischen Georgien und Russland statt. 2009 wollte Georgien trotzdem beim Eurovision Song Contest auftreten, der pikanterweise in Moskau stattfand. Georgien wählte den Song We Don’t Wanna Put In – ein Affront für Russland. Die EBU beugte sich dem Druck des Putin-Regimes und bat Georgien um einen anderen Song. Die zogen sich darauf für ein Jahr aus dem Wettbewerb zurück.

We don’t wanna put in wurde weder von Russland noch von der EBU falsch verstanden. Das Lied durfte 2009 in Moskau nicht gesungen werden. Georgien pausierte ein Jahr.

2009 – Israel und eine arabische Hälfte.

Israel sorgte mehrmals für politische Fragestellungen rund um den Eurovision Song Contest. 1980 nahm Marokko nur deshalb Teil, weil Israel im Johnny Logan-Jahr pausierte. 1998 sorgte der Sieg der transsexuellen Dana International für heftige Diskussionen in Israel und beeinflusste die lesbisch-schwule Emanzipation in Israel ganz wesentlich. 2005 wollte der Libanon am ESC teilnehmen, wollte aber die Sendung während des israelischen Beitrags ausblenden. Das erlaubte ihnen die EBU jedoch nicht und Libanon musste sein bereits gewähltes Lied wieder zurückziehen. 2009 sang die arabische Sängerin Mira Awad mit Noah There Must Be Another Way. Da Awad den Staat Israel repräsentierte, bekam sie ziemliche Probleme mit radikalen Islamisten rund um die Hamas. Boykottaufrufe wurden laut.

Hebräisch, Arabisch und Englisch in einem Song. Das war der radikalen Hamas zu viel.

Und 2012 in Aserbaidschan?

Wir werden sehen. Vielleicht wird ja Conchita Wurst für politisches Aufsehen sorgen, wenn sie singt, man soll zu sich stehen und dabei nie leise sein. Aber das werden wir heute Abend erst wissen. Oder in den nächsten Wochen.

Wie um Himmels Willen kann man nur Eurovision Song Contest Fan sein?

Vor einigen Jahren saß ich mit Christoph Chorherr im Zug. Irgendwo zwischen Hartberg und Wien fragte er mich plötzlich: „Wie kann man nur Fan des Song Contests sein? Ich verstehe das nicht!“ Ich versprach ihn daraufhin einen Blogbeitrag, aus dem irgendwie nie was wurde. Jetzt, nachdem Österreich sein Comeback feiert, kann ich das endlich nachholen. Denn diese Frage höre ich oft!
Die Frühzeit
 

Der persönliche Bezug begann 1976. Es ist das Jahr, in dem ich – fast schon siebenjährig – Fan wurde. Seitdem habe ich keine Ausgabe verpasst. Meine Eltern übersiedelten mit mir und meiner Schwester Ende 1975 nach Österreich. Und als wir am 3. April 1976 Samstag lange aufbleiben durften wurde der Eurovision Song Contest zum Familienevent. Aufbleiben bis Mitternacht war wie Silvester. Das prägendste war aber: Die Ausgabe 1976 kam aus Den Haag, der Stadt meiner Großeltern und wo ich viel Zeit verbrachte. Und ich konnte die Stadt, die ich so gut kannte, im österreichischen Fernsehen sehen! Und mein neues Land wurde gleich Fünfter. Vielleicht hatte ich mein erstes Europa-Erlebnis. Ich fand das jedenfalls wunderbar. Und als mit der Startnummer 1 gleich die späteren Sieger aus Großbritannien- Brotherhood Of Man mit „Save Your Kisses For Me“ – auftraten, war ich verliebt. In den Song, in den Event, darüber mehr aus den Gastgeber-Länder und -Städte zu erfahren.
Das ist heute noch so. Nur dass ich mittlerweile lieber selbst hinfahre. Aber was lässt mich an diesem Event heute noch so faszinieren?
1. Europas Vielfalt
Kein anderer Event ermöglicht es, sich mit Musik, Sprache und popkulturellem (Trash-) Geschmack europäischer Länder auseinanderzusetzen. Das gibt es einfach bei keinem anderen Bewerb und bei keiner anderen TV-Show. Die Vielfalt Europas wird mit all ihre Höhepunkten und Abgründen hörbar und sichtbar. Welche Sänger_innen und Gruppen wollen für Estland antreten, und was singen die denn dort? Welche Ethnosounds sind gerade in Zypern angesagt? Ohne den ESC hätte ich keinen Grund mich damit zu beschäftigen. Und es macht Spaß!
2. Eine Party für Island und Aserbaidschan
Europa hat so viel und gleichzeitig so wenig gemeinsam. Fußballfeste, Politik, und was noch? Eben. Einmal im Jahr sitzt Europa vor den TV-Schirmen, von Island bis Zypern, von Portugal bis Aserbaidschan und feiert dieselbe Party. Das ist doch nicht nichts. (Übrigens: Australien und Neuseeland feiern immer mit. Der ESC ist dort ungemein populär!
3. Musikstrategien
Die verschiedenen Absichten und Strategien der teilnehmenden Länder ist auch immer spannend zu beobachten. Als Beispiel sei die serbische Siegerin 2007 erwähnt: Marija Šerifović hatte mit ihrem Beitrag „Molitva“ gar nicht die Absicht eine internationale Karriere zu machen. Sie wollte sich einen Namen am Balkan schaffen und dort Star-Status ersingen. Westeuropäische Länder haben im vorigen Jahrzehnt gerne negativ und höhnend über Osteuropa und „politisches Block-Voting“ berichtet. Dabei machten die etwas sehr Interessantes: Sie förderten heimische Künstler und Künstlerinnen, um ihnen eine Karriere in einer Region (z.B. dem Balkan) zu ermöglichen. Schlecht? Immerhin hat Deutschland erst mit Lena diese Idee übernommen. Und es hat funktioniert.
3. Musikstile
Der Variantenreichtum von Stilen ist unfassbar groß. Wer sich bereits mit den ersten Ausgaben des ESC aus den 50-er und 60-er Jahren beschäftigt, wird Unfassbares entdecken, wiederentdecken, lieben und hassen. Sanremo – die Mutter des ESC – war immer auch italienische Vorentscheidung und man hört plötzlich Evergreens wie „Quando quando quando“ oder „Io che non vivo senza te“ (bekannter als „You Don’t Have To Say You Love Me“). Man hört sich schwedische Schlagersänger an, genau so wie Cornelia Froboess, Matt Monro oder eben Udo Jürgens. Manchmal auch in der japanisch gesungenen Version. Herrlich! Und auch heute noch: Metal, Indie-Rock, Balladen und Ethno-Trash wechseln sich ab und eröffnen ein Kaleidoskop. Das gibt’s sonst einfach nirgends.
4. Sprachen
Die Sprachregelung ist beim ESC ein immer noch heiß diskutierte Sache. Und ehrlich: Ich vermisse die Regel, die bis 1998 galt und dass nur offizielle Sprachen eines Landes gesungen werden dürfen. Denn mit Sprachen beschäftigen ist auch beim ESC wunderbar möglich. Vor allem wenn diese Sprachen in einer Sprache verpackt werden, die überall verstanden wird: Musik.
5. Der Homo-Faktor
Der ESC ist ein Event der Lesben und Schwulen. Das ist er aber eben nicht ausschließlich. Die homosexuellen Fans dominieren zwar, haben aber selbst gar keine Lust, den Event als solchen einzuordnen oder den ESC darauf reduzieren zu lassen. Auch die Lesben und Schwulen wollen, dass der ESC eine Party für alle ist! Politische Okkupation (oft mehr als berechtigt!) lesbisch-schwuler Gruppen hat nie so richtig funktioniert. Als 2009 in Moskau eine verbotene Gay Pride den ESC nutzen wollte, um auf sich aufmerksam zu machen, ging das eigentlich in die Hose. Kaum ein ESC Fan ging hin. Das war aber nicht politisches Desinteresse, sondern liegt im Selbstverständnis des ESC: Wenn albanische Familien, türkische Ehemänner mit Frauen, norwegische Teenies, schwule Bären aus Barcelona, eine Lesbengruppe aus Holland und kreischende Tunten aus Deutschland gemeinsam eine Party feiern, trägt der ESC vielleicht mehr zu einem Miteinander bei, als es ein Gay Pride je tun kann. Das sind so die magischen Momente, die man vor Ort erlebt.

6. Migration
Migrant_innen, deren Sprachen und Musikstile, die etwa bei uns auf Wiens Straßen und Nachtclubs Einzug gehalten haben, werden auf der Bühne dargebracht und in den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten gezeigt. Das passiert ja eigentlich so gut wie nie – außer vielleicht auf Okto. Dieser Aspekt wurde bisher nur beim „Diaspora-Voting“ sichtbar – etwa, dass Länder wie Deutschland oder Österreich beim Voting traditionell der Türkei und Serbien viele Punkte geben (was seit Wiedereinführung der Juries und ihrer 50{6f8c26ad3fabc3ab9e5403d0d68a89bc5a2f8a366172fd8ffa8095b282dbc8a7}-igen Einflussnahme auf das Endergebnis ohnehin wieder weniger bedeutend wurde). Positive Aspekte diesbezüglich werden noch viel zu wenig wahrgenommen und gesehen. Bzw. gehört.
Ich könnte jetzt noch viel mehr ausführen – etwa, dass man sich einmal im Jahr mit unzähligen Freunden und Freundinnen aus allen möglichen Ländern trifft, dass man in einer ESC Host-City die Schwulenbars nicht mehr wiedererkennt und was da lost ist, wie wunderbar es ist Städte kennenzulernen, in die man wohl sonst nicht fahren würde (Ehrlich: Düsseldorf stand nie auf meiner Liste!) – und und und….

Ja, der Eurovision Song Contest. Wenn es ihn nicht gäbe, man müsste ihn erfinden. Es gibt ihn aber mittlerweile seit 1956! Diese TV-Tradition ist ja auch nicht nichts….
Aber jetzt halte ich Nadine Beiler die Daumen. Jawohl!

Foto: Türkische Fans, israelische Fans und ich mit isländischer Fahne machen Party in Oslo, Mai 2010

Eurovision 2009: Norwegen, Schweiz, Griechenland, Mazedonien, Bulgarien, Georgien

Jede Menge neuer ESC Beiträge gibt es seit dieser Woche.Mein Lieblingsbeirag ist jetzt schon Norwegen. Top-Favorit Alexander Rybak gewann wie erwartet die Norwegische Vorausscheidung mit Fairytale. Und das Lied kann jetzt schon als heißer Tipp für einen Sieg in Moskau gehandelt werden. Ich glaube, das könnte gelingen und bin auch voll dafür. Ich werde Norwegen sicher mal die Daumen drücken!Vor wenigen Minuten wurde auch der Schweizer Beitrag bekannt. The Highest Heights heißt die Rock-Pop Nummer der Gruppe Lovebugs. Einmal was anderes aus der Schweiz! Mir gefällt der an New Order erinnernder Sound irgendwie.Griechenland probiert es wieder mal mit Sakis Rouvas, der nicht nur mit seinem Aussehen beeindruckt. Die Klasse seines 2004-Beitrags Shake It hat die 2009 Edition aber nicht. Ich glaube nicht, dass This Is Our Night ein Siegerlied ist. Landet wohl so um den 5. Platz oder so…Bulgarien hatte schon seit Oktober 2008 eine unglaublich aufwändige Vorausscheidung mit zahlreichen Vorrunden, Viertelfinali und Semifinali. Als Sieger ging Krassimir Avramov mit Illusion hervor. Mir gefällt sein Vorname besser als das Lied.Mazedonien, oder wie es beim ESC immer so schön heißt: The Former Yugoslav Republic of Macedonia, schickt Rock nach Moskau. Ich glaube aber nicht, dass dieses Lied ins Finale kommt. Next Time heißt die Band und das Lied Nesto sto ke ostane.Der irische Beitrag wird immer mit großer Spannung erwartet, geht es doch um das erfolgreichste ESC Land überhaupt. Ich glaube aber nicht, dass Sinéad Mulvey & Black Daisy an Erfolge der 90-er anknüpfen werden können. Aber netter Rock ist Et cetera schon.Zuletzt der umstrittenste Beitrag 2009. Man darf gespannt sein, ob Georgien den Songtext noch ändern wird müssen, oder ob die EBU sich traut, das Lied in dieser Form freizugeben. We Don’t Wanna Put In wird eben auch als We Don’t Wanna Putin gehört, und deshalb ist Moskau schon in heller Aufregung. Der Pressesprecher Putins hat schon Protest angemeldet. Zur Erinnerung: Vor kurzem gab es einen Krieg zwischen Georgien und Russland, weswegen Georgien gar nicht zum ESC nach Moskau fahren wollte. Tut das Land aber jetzt doch. Und wie auch noch!

Eurovision 2009: Moldova, Island, Litauen, Armenien, Polen

Gleich mehrere Länder hatten diese Woche ihre Vorausscheidungen, und das erste ist gleich ein persönlicher Favorit von mir.Moldova/Moldawien wählte Hora din Moldova von Nelly Ciobanu aus. Eine gute Wahl, wie ich finde. Ein bisschen Goran Bregović, etwas Balkan-Pep & -Pop und schon ist die Nummer beisammen. Ich mag es sehr gerne:Island hatte mehrere spannende Beiträge in ihrer Vorausscheidung. Dieses Lied war nicht mein Favorit, aber wird das schwer gebeutelte Land in Moskau vertreten. Jóhanna Guðrún Jónsdóttir singt Is It True. Eine schöne Ballade, aber nicht sehr aufregend. Dabei würde ich Island einen Sieg sowas von gönnen…Polen hatte auch eine Vorausscheidung und schickt wieder eine Powerballade. Solche Lieder sind immer für eine Überraschung gut. Ich finds gar nicht so schlecht. Lidia Kopania singt I Don’t Wanna Leave:In Litauen hat es sasha Son endlich geschafft. Er hatte mehrere Anläufe gestartet, aber es hatte immer jemand anderes die Nase vorne. Dieses Wochenende konnte er endlich gewinnen. Litauen wird in Moskau mit dem Lied Pasiklydes zmogus vertreten sein. Wird wohl kein Sieger werden…Armenien schließt den Reigen. Nach dem Megahit Qele qele 2008, wird es dieses Jahr schwerer für das Land. Qele qele wurde in ganz Ost- und Südosteuropa in den Radios rauf und runter gespielt. Ich glaube nicht, dass dieses Kunststück Jan jan (andere Quellen sagen, der Song heißt Nor par/New Dance) auch wiederfährt; gesungen von Inga & Anush Arshakyan.ht=“344″>

Eurovision 2009: Malta und Zypern

Malta bringt uns wieder Chiara! Sie wurde 1998 dritte und 2005 erreichte sie einen 2. Platz. Ob es diesmal für eine Premiere sorgen wird? Viele ESC Fans gönnen dem bisher sieglosen Malta mal einen Sieg. 2009 singt Chiara What If We:Zypern hatte dieses Wochenende auch eine Vorausscheidung. Firefly von Christina Metaxas gewann in einem ErdrutschSieg. Warum weiß ich auch nicht. Ich find es schrecklich. Oje…:

Eurovision 2009: Andorra

Das kleine Land in den Pyrenäen macht auch immer beim ESC mit, und schickt dieses mal wieder ein katalanisches Lied ins Rennen, das gestern abend ausgewählt wurde: Susane Georgi mit La teva decisió. Andorra ist schon sehr tapfer. Es ist der sechste Versuch ins Finale zu kommen. Das gelang nämlich seid 2004 nicht. Trotzdem bleibt das Land dabei. Österreich könnte ja tatsächlich was von Andorra lernen…